Peter Grimm / 29.02.2020 / 17:47 / Foto: R4BIA.com / 81 / Seite ausdrucken

Erdogans Angriff auf Europa

Recep Tayyip Erdogan setzt die Flüchtlinge und Migranten – insbesondere jene, die sein Land ohnehin nur auf dem Weg in die EU, vor allem nach Deutschland, durchqueren wollen – gezielt als Waffe ein. Mit seiner Ankündigung, die Grenztore zu den EU-Nachbarn zu öffnen, die gegen Bezahlung geschlossen zu halten er vertraglich zugesichert hatte, will er die EU-Staaten klar erkennbar erpressen. Sie sollen ihn gefälligst in seinem Krieg in Syrien unterstützen, den er – an der Seite örtlicher islamistischer Kämpfer – gegen den syrischen Machthaber Assad und damit auch gegen dessen Unterstützer Russland führt. Und um seine Macht zu unterstreichen setzt er Tausende in Marsch, die nun – teils mit Gewalt – versuchen, illegal in die EU zu kommen. Die Bilder erinnern fatal an 2015: Größtenteils junge Männer und keinesfalls nur syrische Kriegsflüchtlinge. Wahrscheinlich auch mit einem ebenso hohen Anteil an Menschen, die keine Papiere dabei haben und deren Identität unklar ist.

Griechenland kämpft im Moment verzweifelt darum, diesem Ansturm standzuhalten. Auch Bulgarien hat Sicherheitskräfte an die Grenze verlegt. Es kommt zu solch unschönen Bildern, die die deutsche Bundesregierung 2015 glaubte, nicht aushalten zu können und ihrerseits alle Tore öffnete.

Wie lange aber können selbst bei energischem Willen die Bulgaren und Griechen dem Ansturm standhalten? Zumal dann, wenn sie aus den Wunsch-Zielländern der Migranten mehr moralische Bedenken als Solidarität und verbindliche Zusagen praktischer Hilfe zu hören bekommen sollten? Wie lange werden die Zäune in Ungarn und Kroatien halten? Die meisten deutschen Regierungspolitiker und Meinungsbildner werden diese Fragen wahrscheinlich für unanständig halten. Gelten ihnen Grenzschließer und Grenzwächter wie Orban eher als politisch anrüchig.

Dabei haben sie in den letzten vier Jahren die Beruhigungssätze „2015 darf sich nicht wiederholen“ und „2015 wird sich nicht wiederholen“ gern verbreitet, um zu suggerieren, Migrationsprobleme seien gelöst, wenn statt einer Million Menschen innerhalb weniger Monate „nur“ eine Großstadtbevölkerung von 150.000 Personen kommt und hier ihren Platz nebst Versorgung beansprucht. Doch wenn die geschmähten Zäune nicht halten, wenn die bewaffneten Einheiten dort die unschönen Bilder irgendwann ebenso scheuen, wie deutsche Politiker in Regierungsverantwortung, dann wiederholen sich die Szenen des Jahres 2015 in wenigen Wochen.

Wer sich als erpressbar erweist...

Es herrscht erstaunliches Schweigen in Berlin zu Erdogans Angriff, obwohl der vor allem auf Deutschland zielt. Hierher streben nicht nur die meisten der jungen Männer, die sich derzeit an Griechenlands Grenzen ihren Eintritt erzwingen wollen, aus deutschen Steuergeldkassen kommt auch ein Großteil des Geldes, mit dem sich Erdogan seine Grenzwacht hat bezahlen lassen.

Vielleicht hört man aus Berlin so wenig, weil die deutschen Politiker überrascht sind. Vielleicht hatten sie tatsächlich an eine unverbrüchliche Vertragstreue des Machthabers in Ankara geglaubt. Zudem – das kann man verstehen – gefällt den politischen Verantwortungsträgern keine der nun möglichen Handlungsoptionen.

Was können sie tun? Sie könnten die Grenzwächter im Südosten Europas zur Seite springen und sie politisch, finanziell und vielleicht auch praktisch mit Ausrüstung und Personal unterstützen. Das wäre ein eklatanter Bruch mit der Politik der Vergangenheit. Eine Zäsur, die diese Bundesregierung in Sachen Zuwanderungspolitik immer vermeiden wollte.

Die Herrscherinnen und Herrscher über die Steuermilliarden könnten flugs einen neuen Preis für die Beendigung der Grenzöffnung aushandeln und diesen der Türkei umgehend in die Kriegskasse zahlen. Vielleicht gibt’s noch das eine oder andere Zugeständnis obendrauf. Viel Zeit wäre damit aber nicht erkauft, denn – wie im richtigen Leben – wer sich als erpressbar erweist, bekommt es mit immer neuen Forderungen zu tun. Die dritte Option scheint im Moment leider die Wahrscheinlichste: Die Südosteuropäer bekommen keine Unterstützung, können die Grenzen nicht geschlossen halten und winken die Zuwanderer irgendwann dahin durch, wo sie hinwollen. 2015 wäre wieder da, doch all die hochmoralischen Debatten würden dann in schrilleren Tönen geführt als damals. Man mag sich die weitere politische Klimaverschärfung eigentlich gar nicht vorstellen.

Verantwortung, vor der sich die deutschen Politiker drücken

Vielleicht hilft ja noch eine europäische Politik um Deutschland herum. Immerhin hatte 2016 der damalige österreichische Außenminister Sebastian Kurz eine Grenzschließungs-Koalition der Willigen in Europas Südosten zusammenbekommen – wie es heißt, unter Missbilligung der deutschen Kanzlerin. Vielleicht übernehmen ja wieder andere die politische Verantwortung, vor der sich die deutschen Politiker drücken.

Aber es geht ja nicht nur um die Zuwanderung. Es geht ja auch um das deutsche Verhältnis zum türkischen Machthaber Erdogan. Bislang hielt sich die deutsche Politik damit zurück, den Herrscher in Ankara allzu deutlich zu kritisieren. Als türkische Soldaten bei Gefechten mit syrischen Regierungstruppen auf syrischem Staatsgebiet getötet wurden, twitterte Außenminister Heiko Maas (SPD):

Wir verurteilen die fortgesetzten Angriffe des syrischen Regimes und seiner russischen Verbündeten im Norden Syriens. Unser Mitgefühl gilt unseren türkischen Partnern.“

Es gibt gute Gründe, syrisch-russische Luftangriffe auf zivile Ziele in Idlib zu verurteilen. Aber warum sind Erdogans Truppen in diesem Krieg unsere Partner? Die türkische Armee ist ohne völkerrechtliche Legitimation in Syrien einmarschiert. Hätte das nicht auch eine Verurteilung des deutschen Außenministers verdient?

Mit dem erpresserischen Angriff auf Europa unter Missbrauch der Hoffnungen hunderttausender Migranten hat Erdogan nun ja wohl deutlich gezeigt, dass er und seine Regierung nicht zu „unseren türkischen Partnern“ gehören sollte. Mag die Türkei formell auch immer noch NATO-Partner sein – Erdogans vertragsbrüchige Entscheidung, die er am Samstagmorgen verkündet hat, war ein feindseliger Akt. Wenigstens zu dem offenen Wort, dass sich das Erdogan-Regime bei aller Liebe zur Türkei als Partner grundsätzlich disqualifiziert hat, könnte doch sogar diese Bundesregierung in der Lage sein, oder? Ansonsten können die Deutschen derzeit offenbar nur hoffen, dass andere Regierungen die Leerstellen deutscher Außenpolitik gut zu füllen vermögen.

Foto: R4BIA.com via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Heiko Engel / 29.02.2020

Wenn Berlin sich äußert, egal in welcher Form, ist es bereits eine Lüge. Gehen wir davon aus, dass man 1 - 2 Millionen weitere „Fachkräfte“ mit Gewalt nach Deutschland holt. Koudenhove - Kalergi und sein Top - Agent Fränzchen Timermans kündigte es an: der entfernteste Winkel in Europa bekommt seine Flüchtlinge; mit Putzlappen auf der Birne!“ Läuft. Und Michel liegt mal wieder besoffen auf dem Sofa. Naja, Samstag eben. Sonniges Wochenende. ( netiquette ist bereits im Wochenende ).

W.Schneider / 29.02.2020

Es war am Anfang des ” Ich habe einen Plan ” klar, dass dieser nach seiner Bekanntgabe ein Flop werden würde. Allein diese verschwurbelte 1 zu 1-Lösung des Austausches war doch nur Verschleierung. In ihrer Bedrängnis nach der kopflosen Grenzöffnung musste Frau Dr. Merkel irgendetwas an Lösung der deutschen Bevölkerung anbieten. Da sie bei den MSM aber sakrosankt war, ging alles durch, kritische Fragen verboten. Nun haben wir das gewaltige Problem!

Thomas Kneiss / 29.02.2020

Was ist denn nun mit dem Klima? Migration war doch abgehakt und jetzt haben alle Corona. Was denn nun eigentlich? Bin nicht multitaskingfähig und muß mich auf ein Thema konzentrieren. Teddybären horten, Hände waschen oder am Freitag hüpfen? Bin etwas ratlos!

Alexander Damaskinos / 29.02.2020

Wieso Angriff? Nahezu 90% unserer Bürger wählen Parteien, die die unbegrenzte Einwanderung wollen, und diffamieren die einzige Partei, die sich diesem Wahnsinn entgegenstellt deshalb als Nazis. Die Leute wollen es so, leider.

Horst Jungsbluth / 29.02.2020

Kein Wunder, dass hysterische Jugendliche wie Greta so viel Erfolg haben, wenn man den katastrophalen Zustand der deutschen Politik fassungslos mit erdulden muss. Da werden Diktatoren Milliarden Euros der europäischen Steuerzahler in Rachen geschmissen,  dicke Verträge geschlossen und freudig begossen und diese Diktatoren nehmen eiskalt die Kohle und kümmern sich einen Dreck um die Einhaltung. Stattdessen schicken sie uns neben Flüchtlingen, die aus Ländern kommen, die oft Entwicklungshilfe erhalten und schicken uns zusätzlich noch zusätzlich Leute, die die angeblich aus humanitären Gründen Aufgenommenen kräftig gegen das Gastland aufhetzen. Unsere feinen oder eher feigen Politiker wollen das natürlich alles nicht wahrhaben und so fallen sie ganz im Sinne der Medien, die wohl die Richtlinien der Politik bestimmen, wie die Furien über die Kritiker her. Übrigens Humanität: Wenn einmal einer in den “Sabbelshows”  ausreichend Gelegenheit erhält,  über das zu berichten, was der SPD/AL-Senat von Berlin ab 1989 der Bevölkerung angetan hat und über das, was geplant, aber durch den “Fall der Mauer zur falschen Seite” nicht durchgeführt konnte, dann steht Deutschland am nächsten Tag Kopf.  Wer sich damit ernsthaft beschäftigt, der empfindet die heutigen Verhältnisse als vollkommen logische Folge. Die Saat, die damals gesät wurde, ist eben aufgegangen.

Heinrich Wägner / 29.02.2020

Erdogan, Putin und Trup reiben sich schon lange die Hände. Wenn Deutschland “Ganz” fertig hat können sie beginnen sich Die Welt neu zu bauen. Das Französlein bekommt ein Scheibchen ab um Überleben zu können. Deutschland wird als Welt-Sozialarbeiter zu Einsatz kommen. Die so genannten Eliten von Politik und Wirtschaft sitzen schon längst auf gepackten Koffern. Der türkische Sultan wie auch Andere wissen, die ganze Welt will nach Deutschland . Sie müssen sich keine Sorgen machen wenn sie alle ,die kommen friedlich ziehen lassen, ins Gelobte Land. Auch der Sultan weiß das er das Spiel nicht ewig spielen kann. Was nützt die schönste Erpressung wenn dem Gepressten das Geld aus geht und dessen Bevölkerung nicht mehr mit spielen möchte beim Geld beschaffen.Der klein Konfiguration’s Anzug den man in andere Ländern Außenminister nennt hüpft von einer Ecke in die andere und winselte um Anerkennung seiner diplomatischen Fähigkeiten. Selbst beim Politbüro hätte es nur zu einer Karteileiche gelangt. Der Sultan versucht Nägel mit Köpfen zu machen , es ist die beste Zeit dazu. Die NATO zerschnitten. Tramp möchte kein Geld mehr rauswerfen und auch keine Soldaten und Material opfern. Merkel und diese Regierung haben gar nichts mehr in der Hand. Ein Land mit einer gespaltenen Bevölkerung einer Armee nicht mehr vorhanden ist , ist erpressbar in jeder Hinsicht ist . Ein Land dessen Präsident nur nicht’s sagendes schwafelt dessen Kanzlerin alles vom Zettel ab lesen muss,  nicht in der Lage ein freie Rede zu halten . Was voraussetzt das man nicht vom Ende hehr denkt ,sondern die Intelligenz und das Allgemeinwissen diesen Worten Sinn und Inhalt zu geben. Das habe ich schon vermisst als sie zu Wende Zeit beim DA vor sich hin schwurfelte. Wir schaffen das und dann aussitzen und warten was die anderen schaffen. Erdogan,Putin und Trump selbst Macron lassen sich nicht mehr moppen. Wer hier am Ende das Gesicht verliert dürfte für diese Herren schon feststehen.      

Andreas Rühl / 29.02.2020

Man müsste nur sagen, dass die Flüchtlinge “Corona” mitbringen und schon wäre Grenzschutz wieder politisch hoffähig.

Heinrich Hein / 29.02.2020

Was will man bitte von einem Land mit einem solchen Außenminister erwarten.  Als würde diese Person auch nur irgendjemand auf der Welt ernst nehmen!

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