Etwas naiv, Herr Bonhorst. Das Gendern ist keine Allergie eines besonders empfindsamen Teils der Damenwelt. Auch die Behauptung etwas mit Gerechtigkeit zu tun zu haben ist völlig unbegründet und nichtig. Welche Frau hätte durch die “gendergerechte” Sprache mehr Rechte erhalten? Es handelt sich um die Durchsetzung eines Machtanspruchs einer kleinen Minderheit, die mit verbissenem religiösen Eifer eine nutzlose und schädliche Doktrin der Mehrheit aufzwingen wollen. Unsere Familienministerin Spiegel findet gendergerechte Sprache wichtig. Begründet werden muss das in diesen postmodernen Zeiten des absoluten Subjektivismus nicht mehr. Es geht nur noch ums Gewinnen, Sinn und Verstand sind nebensächlich. Generisches Maskulinum, alles Andere ist Mist.
Ein längst fälliger Beitrag, der nicht nur in den Zeitungsredaktionen, und von den Lektoren der Verlage gelesen werden sollte; dieser Artikel gehört zur Pflichtlektüre in allen Amtsstuben, allen Behördenvorständen und deren Pressesprecher.
Ich bin mir garnicht sicher, ob “wir” an den Rand gedrängt werden. Die Abstimmung erfolgt doch täglich per Fernbedienung, per Knopfdruck und per Leseverweigerung. Mein zentrales Erweckungserlebnis bestand darin, daß ich als in den 70iger Jahren sozialisierter Westdeutscher eines schönen Sonntag Abends feststellte, daß ich auch ohne “Tatort” leben kann. Und siehe da: keinerlei Entzugserscheinungen! Ich genieße es regelmäßig, egal wo gegendert wird, ob im Radio oder im Fernsehen oder in einer Zeitung sofort den Kanal zu wechseln bzw. das Lesen abzubrechen. Auch wer mich ungefragt duzt wird sofort weggedrückt und Produkte, die per Duzen beworben werden, sind für mich tabu. Seither ist das Leben so viel einfacher und entspannter! Im Grunde sind es nur die Krümel, die meinen. dem Kuchen vorschreiben zu können wie er sprechen, wie er denken soll. Und auch wenn die geistigen Krümel jetzt an der Regierung sind und in den Medienanstalten sitzen, mit dem Versuch, das Ende des Kuchens zu besiegeln, verlieren auch sie ihre Zukunft.
Nun dagegen mag und kann man einwenden, dass Luther für seine Bibelübersetzung das sächsische Kanzleideutsch verwendete, also sehr wohl eine Beamtensprache. Luther gehört insoweit - aus Sicht der Dialektschreiber - zu einem der größten Vernichter deutscher Sprach- und Sprechvielfalt - und zugleich hat er die Voraussetzung geschaffen, dass wir heute ein “Schrift-Hoch-Deutsch” haben. Man beachte aber die Unterschiede: Luther ging es darum, verständlich zu sein. Er wandte sich bewusst an das Volk und suchte eine Mitte in der Sprache, die - gelesen - für alle verständlich ist. Hätte es ihn nicht auf die Wartburg getrieben sondern, beispielsweise, nach Bremen, sähe unser Schrift-Deutsch anders aus (niederdeutscher halt). Das Argument, dass etwas “schon immer so wahr” und sich “bewährt” hat, ist in der Sprache ohne jeden Belang. Sprache ist lebendig. Was ganz anders ist es, wenn man der Sprache Gewalt antut. Wenn es nicht mehr darum geht, sich verständlich zu machen, wie Luther (scheint ja gelungen zu sein, Ende des 16. Jh. war ein Großteils des deutschen Sprachraums reformiert). Sondern, wenn man Gehirne weichklopfen will, weil man der (irrsinnigen) Meinung ist, dass, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse (Machtstrukturen) sich in der Sprache widerspiegeln, man nur die Sprache ändern muss, um die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ändern. Das ist nun einfach und schlicht totaler Unsinn, ein fataler Fehlschluss. Ob man “Beipackzettel” braucht, um sich diesen Übergriffen zu wehren, weiß ich nicht. Mir geht das am Arsch vorbei. Und ehrlich gesagt, wer sich an meiner Sprache stört, den brauche und will ich nicht als Leser.
Solange dem Gerät kein entsprechender Warnhinweis beiliegt, bleibe ich geneigt, den beim Gassigehen nassgeregneten Chihuahua in der Mikrowelle zu trocknen. Wir Deutschen werden im Dämlichen immer amerikanischer.
Muss man sich jetzt schon dafür entschuldigen , gut und leichverständlich zu schreiben ?
Schlage diesen Disclaimer vor: “Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Text auf Genderverhunzung verzichtet, denn weder bedeutet “Lehrer”, dass sich nur Männer in Schulen rumtreiben, noch “Dieb”, dass Frauen nicht auch klauen.” By the way: wieso lese ich “Querdenkerinnen” und “Schwurblerinnen” so gut wie nie? Sind das alles Männerdemos?
Den Hinweis, Herr Bonhorst, habe ich Gottseidank schon öfter im Netz gelesen. Das ist so ein kleiner Aufschrei, dass man die deutsche Sprache nicht verhunzen sollte. Lustig finde ich z.B. das Gestammel bei z.B. die Mitarbeiter. Das ewige betonen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist so sinnentleert. Wenn man es nach heutiger Sicht lesen wollte, dann werden bei “die Mitarbeiter” die männlichen Mitarbeiter diskriminiert. Lehnen wir uns also zurück. Der Rückwärtsgang zur richtigen Sprache wird kommen.
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