Rainer Bonhorst / 01.09.2021 / 12:00 / Foto: Pixabay / 34 / Seite ausdrucken

Ein paar unangenehme Fragen zur Wahl

Sowohl Olaf Scholz als auch Armin Laschet stellt sich das Fragen-Paar: Wie viel Olaf Scholz steckt in der SPD und wie viel Armin Laschet steckt noch in der CDU?

Was verbindet Olaf Scholz und Armin Laschet? Nicht viel, aber mit ein paar straßenphilosophischen Verrenkungen lässt sich eine Parallele herstellen. Etwa so: Beiden Kanzlerkandidaten stellt sich eine zentrale Frage, die ihnen spürbar unangenehm ist. Das Fragen-Paar lautet: Wie viel Olaf Scholz steckt in der SPD, und wie viel Armin Laschet steckt noch in der CDU?

Da der eine gerade nach oben klettert und der andere runterrutscht, stellt sich das Fragen-Paar natürlich unterschiedlich.

Der Fall Olaf Scholz ist Anlass zu fröhlicher Verwirrung. Auf dem SPD-Parteitag ist er mit fast hundert Prozent (also gut: 96,2 Prozent) auf den Schild gehoben worden. Aber ein Blick auf Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans (NoWaBo) genügt, um zu sehen, dass die Schnittmenge gegen Null tendiert. Sie gleicht einer ganz vorsichtigen Berührung, wie man sie den Igeln bei der Paarung nachsagt. Stimmt da was nicht?

Wie viel Scholz steckt also wirklich in der SPD?

Bei Armin Laschet würde der Kunsthistoriker von Fluxus sprechen. Nicht nur, was die Umfragen angeht, sondern eben auch, was die Begeisterung seiner Partei angeht. Verwirrung hier, Fluxus dort: keine Themen für ein harmonisches Tischgespräch.

Nur: Wenn es dumm läuft, gibt es Leute, die so lange herumstochern, bis die unerwünschten Themen ans Tageslicht gezerrt sind. So einer ist Markus Söder. Der CSU-Mann schlägt dem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz die roten Socken der SPD, die bis zur Wahl unter Verschluss gehalten werden sollen, genüsslich um die Ohren. Er tut dies in der Hoffnung, dass die dunkelblauen Bürgersocken und die dazu passenden Budapester Schuhe des Kanzlerkandidaten als Tarn-Textilien sichtbar werden, für die die führenden Parteimitglieder keinerlei Verwendung haben.

Wie viel Scholz steckt also wirklich in der SPD? Zehn Prozent? Zwanzig? Mehr als zwanzig? Genau weiß man es nicht, auch wenn Söder die roten Sockenzipfel hervorzupft. Die Schublade bleibt halb verschlossen.

Wie viel Laschet in der CDU steckt, lässt sich kaum sagen

Im Fall Armin Laschet hat Söder anfangs heftig gezupft und gestochert. Nicht, weil ihn die Furcht umtrieb, er könnte rote Socken entdecken. Ihn beschäftigte die Frage: Was hat der Armin eigentlich für Socken? Hat er überhaupt welche? Aber jetzt hält Söder Ruhe, weil er den in Schwierigkeiten geratenen Kollegen nicht noch weiter runterziehen will. Wir erleben die CDU und die CSU als Notgemeinschaft. Eine Vorschau auf die Welt von morgen?

Wie viel Laschet in der CDU steckt, lässt sich immer weniger sagen. Im Vorstand ist er damals mit 31 von 46 Stimmen zum Kanzlerkandidaten gemacht worden. Immerhin eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Aber lang ist's her. Vier böse Monate. Ob die zwei Drittel noch stehen? Eher nicht. Und wie sieht es bei den Mitgliedern aus? Wie viel Laschet steckt noch in der Mitgliederschaft? Hundert Prozent waren es ja nie. Ein paar kräftige Prozente haben damals schon mit Friedrich Merz und mit dem fränkischen Bayern geflirtet, obwohl der nur halb zur Familie gehört.

Und jetzt? Wenn alles fließt, gerät so manches ins Schwimmen. Da meldet sich die nächste Frage: Kann man kurz vor Toresschluss noch den Kandidaten wechseln? Der Volksmund und die Erfahrung sagen „nein“. Die Erfahrung sagt noch etwas: Selbst kurze dreieinhalb Wochen können in der Politik eine lange Zeit sein. Vielleicht zeigen die von Söder ans Tageslicht gezerrten roten Socken doch noch Wirkung, und Laschet schafft es tatsächlich ins Kanzleramt. Er wäre, als hätte es keinen Durchhänger gegeben, der Held der CDU und sogar der CSU.

Angela Merkel, aber etwas weniger Grün

Würden die beiden Kandidaten direkt gewählt, wäre die Sache längst ausgemacht. Olaf Scholz könnte schon seine Akten-Koffer im Kanzleramt abstellen. Und Armin Laschet könnte sich ans Rheinufer setzen und zuschauen, wie alles dahinfließt. Die Parteien wären dann zwar auch noch da, spielten aber nur noch eine Nebenrolle, wie man in Washington und Paris sehen kann. Donald Trump hat die Republikaner kurzerhand nach seinem Bild umgeformt und Emmanuel Macron hat sich – En Marche – einfach selber eine Partei gebastelt.

Wie sähe die Partei aus, die sich Olaf Scholz zusammenbasteln würde? Ungefähr so wie Angela Merkels schwarz-rot-grüne Arbeitskoalition. Nur anders getaktet, also rot-grün-schwarz. Und Armin Laschet? Ebenfalls Angela Merkel, aber etwas weniger Grün, statt dessen mehr Gelb. Man hätte also die Wahl zwischen Merkel ohne Merkel und Merkel ohne Merkel. Da soll noch einer sagen, die 16-Jahres-Kanzlerin habe nicht die deutsche Politik geprägt.

Aber was soll's. Man lässt beide nicht. Olaf Scholz kann sich keine neue Partei basteln und Armin Laschet keine neue Wählerschaft. Wie es aussieht, müssen wir tatsächlich die Wahl abwarten, um dann sagen zu können, warum es zwangsläufig so kommen musste.

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Leserpost

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Willi Meier / 01.09.2021

Haben alle vergessen oder noch nie gewusst: die deutschen (und auch die EU-)Wahlberechtigten wählen nicht den Kanzler, sondern Parteien und “Direktabgeordnete”. Das Parlament wählt dann den Chef, Wie bedeutungslos der “Spitzenkandidat” ist hat man bei Weber, von der Layen und in Thüringen gesehen. Vielleicht schlägt der neue Bundestag jemand ganz anderen vor und Merkel lässt die Wahl wieder einmal rückgängig machen….

Petra Wilhelmi / 01.09.2021

Herr Bonhorst, es ist völlig egal, wieviel SPD in Scholz und wieviel CDU in Laschet steckt. Beide sind Teil der großen linksgrünen Blockpartei. Die rechte Seite der Linksgrünen wird von der CDU eingenommen, die Mitte von der SPD und die linke Seite von der Linken und die extreme Linke von den Grünen oder auch in anderer Reihenfolge - ist egal. Alle 4 sind sich einig, dass das CO2 bitterböse ist. Sie sind sich einig, dass wir in diesem Jahr eigentlich schon in der Hitze fast verschmort wären, wenn ihnen das böse Wetter nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Macht aber nichts, trotzdem ist der Sommer zu warm ausgefallen, leider nicht in der Realität. Alle 4 sind sich einig, dass die sogenannten Erneuerbaren zu 100%  unseren Strombedarf abdecken sollen (CDU), für geringere Strompreise und höheren Energiebedarf (auch die CDU). Genau das will die SPD, die Grünen, die Linke auch. Alle 4 wollen die Ungeimpften am liebsten wegsperren in unterschiedlichster Wortwahl bis hin zur Goebbels- oder Gossensprache. Alle 4 freuen sich auf noch mehr Muslime. Alle 4 denken, Gender wäre eine Wissenschaft. Alle 4 sind für über 60 Geschlechter und wollen uns weismachen, dass Frauen in Deutschland unterdrückt werden. Alle 4 wollen die Nation zerstören und unsere reichhaltige Geschichte auf die 12 Jahre verkürzen. Alle 4 überbieten sich in Cancel Culture, zerstören die Familie und unsere Kultur. Alle 4 haben die Meinungsfreiheit in Deutschland zerstört. Alle 4 verhunzen unsere deutsche Sprache und noch vieles mehr. Also: Es ist egal, wer letztendlich Kanzler wird. Die nächste Regierung ist Linksgrün mit irgendeinem Kanzler. Es ist alles eine Sauce und alles gegen den deutschen Bürger gerichtet. Da wähle ich doch lieber die einzige Opposition. Nur deren Wahlprogramm spricht mich an. Und wenn mich noch mehr Nazi nennen, Dunkeldeutsche, Pack u.ä., dann erhebe ich meinen Kopf bin stolz und zeige denen den Mittelfinger.

F. Hoffmann / 01.09.2021

Also Söder hat nicht an Laschet gezupft, er hat ihm in die Zwölf getreten. Söder ist machtgeil und sonst nix. Laschet hat es nicht verstanden sich von Merkel abzusetzen und ein bissel Eigenständigkeit oder eigenes Profil zu zeigen. Das versucht Scholz gerade. Merkels schwarz-rot-grüne Arbeitskoalition? Ich denke rot-grüne trifft es besser.

Volker Kleinophorst / 01.09.2021

Ich möchte mal rein der Fairness halber, weil die entweder noicht dürfen oder zu blöde, den Wahlkampfberatern von Laschet einen Tipp geben: Säg die böse Alte ab. Danach Masken im Freien weg, weil Unsinn und allein zur Unterdrückung von Demonstrationen nützlich. In der Migrationsfrage: Schau nach Dänemark. Dann gehtste durch die Decke und wirst du sowas von stärkste Partei. Wenn du das nicht kannst, dann distanziere dich von Merkels Cäsarenwahn, trag ihn nicht mehr mit und trete zurück und zwar sofort. Dann kriegst du vielleicht noch deine Chance. So wie jetzt, wirst du Kurt von Schleicher.

Andreas Brecht / 01.09.2021

Eigentlich hätte Herr B. auch mit deutlich weniger Worten sagen können, dass wir am Wahltag nur die Wahl zwischen dem planlosen Wahnsinn , der uns von Merkel und ihren Spießgesellen in den letzten 16 Jahren angetan wurde, und der AfD als Hoffnungsträger all derer, die die Tassen wieder im Schrank und die Irren in der Opposition oder im Knast (man darf ja noch hoffen) sehen wollen.

Richard Schwarz / 01.09.2021

Wenn ich die Kommentare von Frau Schönfelder gelesen habe, traue ich mich nicht mehr was zu schreiben . Kompliment und bleiben Sie gesund und uns hier erhalten !

Albrecht Frenzel / 01.09.2021

Nach 16 Jahren Merkel wird jemand gebraucht, der das von ihr angerichtete Chaos wieder etwas ordnet. Das geht nicht ohne Grausamkeiten, wie sie die Republik noch nicht erlebt hat. Wie die Geschichte der BRD zeigt, waren es immer die Sozialdemokraten, die in solchen Situationen per Medien an die Macht gequatscht werden. Brandt kam überhaupt erst an die Regierung, als sich die SPD durch Zustimmung zu den Notstandsgesetzen als “regierungsfähig” erwiesen hatte. Ihr Job war es dann, den ersten großen Verfassungsbruch, den “Radikalenerlass” durchzusetzen und der feine Herr Brandt stellte sich vor den Juso-Kongress und verkündete: “Ich habe mich geirrt”. Geändert hat das nichts, so verarschen sich die Sozis gegenseitig. Schröders Aufgabe war es, Hartz-IV durchzusetzen und die Bundeswehr in ihren ersten verfassungs- und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu schicken. Als das vollbracht war, durfte er gehen.  Die SPD ist die Partei des Verfassungsbruchs und wir müssen uns mit einer Regierung Scholz sehr warm anziehen…

Walter Weimar / 01.09.2021

Wenn man die drei Kandiaten per Würfel wählen wollte, besser per Glücksrad, das ist Fernsehwirksamer, kommt wohl dasselbe raus, als wenn Wahlzettel ausgezählt werden. Das ein echter Kandidat bzw. es an einer echten alternativen Partei fehlt wird hier nur sehr oberflächlich betrachtet.

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