Gastautor / 12.04.2021 / 16:00 / Foto: RIA Novosti / 23 / Seite ausdrucken

Ein Lauf durch die neue Normalität

Von Lydia Krollpfeifer.

Ich laufe weiter. Eigentlich jogge ich nicht gerne. 

Gerade habe ich mein achtjähriges Kind mit einer Mund-Nasen-Bedeckung in die Schule geschickt. Diese wird es 180 Minuten tragen, während es lernt. Die Kinder der Oberschule sollen sich und andere zwischen acht bis neun Stunden täglich an fünf Tagen der Woche mittels einer Mund-Nasen-Bedeckung schützen. Zum Essen dürfen sie diese abnehmen. Ich frage mich, wie lange jeder einzelne Erwachsene die Mund-Nasen-Bedeckung im Schnitt am Tag trägt? Ich frage mich, von welcher Gewichtung die Worte unserer Volksvertreter sind, dass sie nicht durch eine Mund-Nasen-Bedeckung gefiltert werden dürfen, wenn diese in Gesprächsrunden unsere Zukunft verhandeln. Manche Tiere sind gleicher.     

Mit den zwei anderen Kindern bin ich zur Kita gejoggt. Die Abgabe soll schnell erfolgen. Ich habe das eine mitsamt Laufrad auf den Hof geschoben, dem anderen kurz erklärt, warum es die steile Rampe zum Fahrradständer nicht hinunterfahren darf. Weil es gefährlich ist. Weil ich draußen bleiben muss. Ich stehe vor dem Tor, hoffe, dass beide heil unten ankommen. Neben mir ein Elternteil mit Maske. Wir stehen auf dem Bürgersteig. Es gibt eine neue Verordnung. Ich spanne unmerklich die Nackenmuskulatur an, presse die Kiefer aufeinander. Ich habe keine Maske. Ich gelte als gefährlich. Ich weiß nicht, was der Andere neben mir denkt: Corona-Leugner? Verschwörungstheoretiker? Asoziale? Oder gar nichts? Ich sehe ja nur die Augen.

Ich renne los. Ich frage mich, welche Verordnung der Maskenpflicht auf dem Bürgersteig vor der Kita folgen wird. Maskenpflicht der ErzieherInnen? Wird eine medizinische Expertise feststellen, dass Kinder bereits ab drei Jahren oder jünger befähigt sind, eine solche zu tragen, wenn man sie nur einfühlsam daran gewöhnt? Ist beides pädagogisch sinnvoll? Ist beides mit der Gewissensfrage zu vereinbaren? Entwickeln sich Kinder in solch einem sozialen Umfeld genauso gesund, wie es uns möglich war, uns zu entwickeln? Ein Experte wird sich finden, der das bejaht. Ich glaube es nicht. Den Fehler wird man voller Überraschung erst in einigen Monaten oder Jahren feststellen. Denn, dass das keine Kurzstrecke wird, die mit der kollektiven Impfung endet, dürfte den meisten mittlerweile klar sein. Oder nicht? 

Wie lange werden unsere Kinder kein oder ein eingeschränktes soziales Leben führen? Ein paar Monate? Ein paar Jahre? Wie lange werden sie über Stunden eine Maske tragen? Noch ein paar Monate? Noch ein paar Jahre? Wie lange wird sich diese neue Normalität halten? Wenn wir sie zu unserer neuen Kultur gemacht haben. Wenn wir AHA +L-Regeln einhalten, deren Zweck langsam in Vergessenheit geraten ist. Der Hut muss gegrüßt werden. 

„Getestet = infiziert = krank = ansteckend“

Die WHO hat sich Anfang 2020 gegen den Nutzen von Masken ausgesprochen. Die Regierung hat sie verpflichtend eingeführt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat sich im September gegen einen weiteren Lockdown ausgesprochen. Lockdowns wurden von staatlicher Seite beschlossen. Eine Gemeinschaft von Verbänden der Kinder- und Jugendmedizin spricht sich gegen flächendeckende Schnelltests von Kindern aus. Sie seien zu unzuverlässig, brächten mehr Schaden als Nutzen. Die Tests werden diese Woche an die Schulen geliefert. Das Ministerium setzt auf Testung und Impfung gesunder Kinder. Für Ostern prognostizierte das RKI eine Inzidenz von 200 bis 500 Neuinfektionen. 200 von 100.000. 0,2 Prozent. Sie sagen: Positiv getestet = infiziert = Neuinfektion = krank = ansteckend. Asymptomatische Verläufe. Bei 80 Prozent der Infizierten. Immunität? Exponentieller Anstieg droht. Wie Bälle in einer Kiste stoßen wir uns gegenseitig an. Infizieren uns, sagen sie. Alle Bälle sind gleich. Alle Körper sind gleich. Alle Menschen sind gleich. Erliegen dem Virus im Gleichtakt, sagen sie. Die Auspizien sind abgehalten. Mögen die Rettungsmaßnahmen beginnen! Wir wollen eine Herdenimmunität von 80 Prozent!   

Die Tests sind freiwillig. Bisher. Wie zuerst die Masken. Wie jetzt die Impfung. Sie ist freiwillig, bisher. Wenn man nicht am sozialen Leben teilhaben möchte. Auch für bestimmte Berufsgruppen. Bisher. Dieses "Bisher" lässt mich schneller laufen. 

Auf einem Werbeplakat erinnert mich eine maskierte Seniorin gestisch, keinen Volksverrat zu begehen. Eine neue Normalität. Nicht meine Normalität. Maskierte Kinder. Schweigende Eltern. Schweigende Masken. Die Gegenwart als Hygienekonzept. Zwei und zwei ergibt fünf. In mir schreien die Fragen. Ich äußere sie nicht in Anwesenheit anderer. Wer fragt, ist Nazi. Ich laufe. Laufe weg vor den staatlich angeordneten Säuberungsmaßgaben. Vor der Moralhygiene. Vor den moralisierenden Hygienikern.

Ich atme. Ein kathartisches Atmen. Ich renne. Meine hygienische Maßnahme gegen Hygienemaßnahmen. Ich lausche auf ein Rotationsgeräusch. Erwarte den schrillen Ruf im Rücken, der zur Schutzmaßnahme ruft. Quo usque …

 

Lydia Krollpfeifer ist gebürtige Berlinerin und promovierte Philologin. 

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Petra Wilhelmi / 12.04.2021

Ich verstehe nicht, warum so viele Bürger nicht nur mitmachen, sondern noch mehr tun als notwendig. Da sehe ich die Bürger, egal ob jung oder alt, vielfach schon mit Maske aus dem Auto steigen, bei schönstem Sonnenschein und guter Luft mit Maske eine ganze Strecke über den Parkplatz gehen zum Supermarkt. Viele kommen aus dem Supermarkt heraus und setzen ihre Maske nicht ab. Warum nur? Gesunde Menschen! Man hört niemand schniefen oder husten. Außerhalb des Supermarktes kommt keine Maske auf mein Gesicht. Erst IM Supermarkt setze ich notgedrungener Maßen eine auf, aber so, dass die Nase frei ist und der Mund auch ein bisschen noch. Nach dem Bezahlvorgang ist auch die Maske nicht mehr im Gesicht. Und ja, manche schauen mich schon komisch an. Das ist mir aber so etwas von egal. Solange die Bürger dermaßen verblödet sind und den Mist, der uns tagtäglich erzählt wird auch noch glauben UND das sogar im Osten, dann sind sie selbst dran schuld, dass sie nun wieder in einer Diktatur landen, falls sie das in ihrer Verblödung überhaupt noch begreifen. Dazu kommt noch der Desinfektionsselbstzwang, der bei Influenza niemanden in den Sinn gekommen wäre. Ich verstehe unsere Bürger nicht mehr. Wenn sich alle dagegen wehren würden, da könnte keine Polizeischlägertruppe mehr etwas dagegen tun. Ich schätze, dass dann der Punkt gekommen wäre, wo die Polizei sich zurückzieht. Aber es scheint, als ob die Bürger sich drängeln, wieder eine Diktatur erleben zu dürfen oder im Westen endlich mal eine sozialistischen Diktatur zu erleben, so als Nervenkitzel. Hat man ja den Ostlern angekreidet, dass sie sich erlaubt haben, das 40 Jahre hinzunehmen.  Nur leider können sie dann nicht mehr aussteigen. Pech gehabt. Wenn man die Wahlen sieht, scheinen sich z.B. in BaWü und RLP die Bürger wie Bolle darauf zu freuen, den Sozialismus erleben zu dürfen. Viel Spaß, aber dann bitte nicht herumjammern.

sybille eden / 12.04.2021

Schön das sie dann doch noch von der “Mund-Nase-Bedeckung” zur MASKE gefunden haben !

Dr Stefan Lehnhoff / 12.04.2021

Liebe Frau Krollpfeifer, Bitte geben Sie Ihrem Kind keine Maske. Es ist Misshandlung. Moralisch, juristisch und vor allem Wirklich. Da gibt es kein Aber. Ob der Feind Sie für einen Nazi hält, ist sowas von egal. Es sind Ihre Feinde, die Feunde Ihres Kindes, ja, die Mehrheut der Mitbürger sind Ihr Feind. Wahrheit tut oft weh. Schlagen Sie nicht den Überbringer der schlechten Nachricht, ich pointiere nicht, ich beobachte ganz sachlich. Lieber würde ich 40 Millionen meiner Mitbürger, die sich ohne Not zu meinem bösartigen Feind erklärt haben, opfern, als mein unschuldiges Kind. Die Wahl haben wir nicht, aber immer noch eine andere.

M. Frey / 12.04.2021

Ein verstörender Text, welcher die verstörende Gegenwart einfängt. Ich erkenne mich in vielen Punkten wieder. Bin zwar kinderlos und werde es bleiben, habe aber meine Empathie nicht verloren! War ja schließlich selbst mal ein Kind, in beschriebenem Alter. Vor fast 40 Jahren. Ich war frei und unbefangen, durfte Kind sein! Durfte im Drecks spielen. Durfte Indianer sein und mit der “Käpselespistole” schießen an Fasching. Konnte mein Gegenüber sehen. Durfte Freunde treffen. Durfte zu Kindergeburtstagen gehen. Ich bin dankbar in dieser Zeit aufgewachsen zu sein. In welch dunkle Zeiten driften wir wieder ab? Wir haben nichts gelernt. Mir tun die Kinder leid. Mir tun die Eltern leid. Ich bekomme Angst… Ein wichtiger Text! Danke, dass es die Achse gibt.

Hans Reinhardt / 12.04.2021

Ehrlich, Frau Krollpfeiffer?, Ich kann es kaum erwarten am “sozialen Leben” mit maskierten Geimpften nicht mehr teilhaben zu dürfen. Ich halte es, ausnahmsweise, in dem Fall mit Sartre: die Hölle, das sind die anderen, das Maskenvieh, die Impfjunkies. Das Wort “Herdenimmunität” sagt doch alles; Menschen treten in Gruppen auf, in Scharen oder, meinetwegen, in Horden. Das dumme Vieh treibt man dagegen in Herden vor sich her, gerne auch über die Klippe. Ich kann den Tag kaum erwarten, an dem endlich die Fronten geklärt sind und ich keinen Umgang mehr mit geistigem Abschaum haben muss (oder darf).

Richard Loewe / 12.04.2021

brillanter Text! Wer nicht an 1984 denkt, hat es nicht gelesen. “Alle Menschen sind gleich” heißt übersetzt: es gibt kein Individuum mehr, nur noch eine gesichtslose Masse. So geht Sozialismus!

Dirk Jungnickel / 12.04.2021

Der § 176 (sexueller) Kindesmißbrauch muß umgehend erweitert werden: Er müßte etwa in § 176 Abs. 4 heißen: Wer Eltern von staatlicher bzw. behördlicher Stelle aus zwingt,  Kindern unter 14 Jahren per Verordnung sogenannte Schutzmasken im Freien oder in geschlossenen Räumen anzulegen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft. (s.a. Beschluß des Familiengerichts Weimar in einem Eilverfahren (Az.: 9 F 148/21)

Joerg Machan / 12.04.2021

Hannah Arendt: “Spezifisch deutsch ist die verrückte Idealisierung des Gehorsams”. Da hat sie wohl immer noch Recht.

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