Rainer Bonhorst / 15.03.2021 / 06:10 / Foto: Olaf Kosinsky / 83 / Seite ausdrucken

Die Rolle des Fisches bei den Wahlen

Der Fisch stinkt nicht nur vom Kopf her, er wächst und gedeiht auch vom Kopf her. Das gilt für Unternehmen, große Organisationen wie die EU-Kommission und natürlich für die deutsche Politik. Man mag noch so sehr nach Grundsätzlichem, nach Zeitgeistern und nach objektiven Gesamtlagen oder subjektiven Interessen Ausschau halten: Wenn der Chef oder die Chefin nichts taugt, nützt auch der Genosse Trend nichts. Wenn der Chef oder die Chefin überzeugt, dann wird der Trend zur Sekundärsache. Soviel erst einmal zu den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, genauer: zu Winfried Kretschmann und Malu Dreyer.

Kretschmann hat im Südwesten mal wieder gezeigt, was alles aus einem Trend herauszuholen ist, wenn zum Glück des Zeitgeistes auch noch die Vernunft dazu kommt. Die Grünen sind ja seit einiger Zeit die Glückskinder der deutschen Politik, gestreichelt von Umfragen und getragen von Naturfreundinnen mit und ohne Champagnerglas in der Hand. 

Aber so gut sich die Grünen im Bund fühlen dürfen: Der Landesvater von Baden-Württemberg läuft ihnen um Längen davon. Noch deutlicher über dreißig Prozent als vor fünf Jahren, also fast ein Drittel der Wähler. Damit wirft er die Frage auf: Wie weit in Richtung Volkspartei könnten die Grünen im ganzen Land kommen, wenn sie nicht von zwei netten, aber allzu akademisch geprägten Theoretikern geführt würden, sondern von jemandem, dessen grünes Herz von einem konservativ erfahrenen Verstand im Zaum gehalten wird. Von einem Grünen zum Beispiel, der die Autowirtschaft, von der sein Land lebt, nicht ideologisch erstickt sondern stützt.

Die Bundesgrünen wollen keinen Kretschmann haben

Was hätte der gute Armin Laschet einem Politiker entgegenzusetzen, der einerseits vom Zeitgeist der Naturromantik getragen wird, andererseits aber über politisches Augenmaß und eine gute Prise Charisma verfügt. Über Laschets Charisma soll hier nicht nachgedacht werden, aber der Zeitgeist ist nicht mehr das tragende Element der CDU. Ihr Glück in der gefährlichen Nachfolge Angela Merkels besteht darin, dass die Bundesgrünen keinen Kretschmann haben (wollen). Täten sie es, die Schwarzen der kommenden Generation müssten zittern. 

Im kleinen Südwestland hat Malu Dreyer dem Genossen Negativ-Trend tapfer widerstanden. Ein kaum spürbares Mini-Minus ist für die bundesweit geplagte und geschrumpfte SPD-Seele ein gefühlter Zugewinn. Dreyer kann mit ihren gut 35 Prozent weiter regieren und damit ein Gefühl erneuern, das die Sozialdemokraten des Bundes nur noch als Junioren der Christdemokratin Merkel verdanken. Die Hoffnung auf mehr ist längst gestorben. Warum? Weil der Fisch, der für die SPD im Bundesteich schwimmt, vom Kopf her schon lange nichts Verlockendes mehr zu bieten hat.

Und was ist mit Corona? Der Frust um das Virus trifft alle. Für die Masken-Raffkes und die Impf-Bummelanten musste die CDU sicher einen Extra-Preis bezahlen. Aber auch ohne diese Probleme hätte sie kaum auf einen Triumph hoffen können. Und dies in zwei Bundesländern, die einmal der CDU gehört haben, einschließlich Bundeskanzler. 

Im Herbst geht in Berlin die müde gewordene Lotsin von Bord des träge gewordenen deutschen Tankers. Es ist Zeit für eine Ablösung. Die beiden Wahlen im Südwesten haben gezeigt, worauf es dabei heute ankommt: nicht auf die Parteinamen sondern auf die Führungsfiguren. Wer wissen will, wie schnell Parteinamen verblassen können, muss nur die SPD fragen. Und wer wissen will, wie nachhaltig man eine einstige Führungsposition verlieren kann, muss nur nach Südwest schauen. 

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Christoph Köhler / 15.03.2021

“...dessen grünes Herz von einem konservativ erfahrenen Verstand im Zaum gehalten wird…”. Gut, in der Tendenz, vor allem im Vergleich zur sonstigen grünen Politik nicht ganz falsch, aber… Kretschmann meinte nach der Wahl, die Schwerpunktsetzung der Politik sei klar: Bekämpfung der Klimakrise, der nachhaltige Umbau der Wirtschaft und die Verteidigung unserer liberalen Demokratie… Zu Corona kein Wort… Die ersten beiden Punkte kann man zu einem Themenkomplex zusammenfassen und sich die konkrete Umsetzung im Ländle anschauen. Da fallen einem zuerst die Dieselfahrverbote und das Vorantreiben der “Klimaziele”, vor allem im Verkehrssektor ein, was, trotz aller Lippenbekenntnisse Kretschmanns, auf einen massiven Umbau der Automobilindustrie mit massivem Arbeitsplatzverlust, vor allem bei Daimler (bis zu 40% der Stellen) und den Zulieferern zur Folge haben wird. Im Energiesektor ist es die endgültige Stilllegung des AKW Philippsburg mit demonstrativer Sprengung der Kühltürme. Alleine dieses AKW hat in seiner Glanzzeit einmal fast 30 % des in Ba.-Wü. produzierten Stromes geliefert, dessen Wegfall nun durch Importe, vor allem aus Frankreich, kompensiert wird… Und die Verteidigung “unserer liberalen Demokratie”? Ich fürchte, Kretschmann versteht darunter eben nicht, dafür Sorge zu tragen, dass in Zukunft keine Landtagswahlkandidaten und Wahlstände der AfD mehr von der “Antifa” zusammengeknüppelt werden (Schorndorf und Reutlingen) und diesen Terroristen sowohl die finanzielle Unterstützung aus dem Förderprogramm “Demokratie leben” als auch die moralische Unterstützung durch etablierte Parteien und “Zivilgesellschaft” gestrichen wird. Wohl eher darf damit gerechnet werden, dass etwa der Landesverfassungsschutz seine Beobachtungstätigkeit von Querdenkern, Idenditärer Bewegung, AfD etc. noch weiter ausbaut und insgesamt die Propagandamaschinerie gegen Räächts und für noch mehr Vielfalt, Diversität und Nachhaltigkeit mit noch höherer Drehzahl laufen gelassen wird.

E. Albert / 15.03.2021

Ausgerechnet Kretschmann, dieser ergrünte Rotgardist - wenn ich den schön höre! Dieses bewusst betuliche, breit schwäbelnde Idiom - tatsächlich ganz “Landesvater”, der seine dummen Kinder betüddelt. Tja, wie es aussieht, gefällt das den Leuten, macht das wohl den Erfolg aus. Ich mache mir nichts mehr vor: eine Mehrheit in diesem Land WILL nicht mehr erwachsen werden und selbst Verantwortung tragen. Die wollen gedacht werden. Aus purer Bequemlichkeit wird übersehen, wem da die Tür geöffnet wird. Die totalitären Forderungen der GRÜNEN müsste ja nun wirklich JEDER mitbekommen haben! Offenbar blenden das deren Wähler komplett aus oder bilden sich ein, es werde schon nicht so schlimm kommen, von wegen Abschaffung des Verbrenners, Verbot des Eigenheims (- und DASS im Ländle!-) und Klima, Klima über alles. Na denn man tau…

Werner Arning / 15.03.2021

Den größten Erfolg verspricht heutzutage immer die geschickte Kombination aus Rechts und Links. Beides vereinen, beides vertreten. Dann kann nichts schief gehen. Etwa so wie Merkel es macht : CDU sein, aber linke und grüne Politik machen. Oder Kretschmann : bürgerlich konservative Ausstrahlung, aber Grüner sein. Malu : SPD, aber bodenständige Landesmutter mimen. Die Kombination macht‘s. Nur konservativ oder nur links-progressiv, das greift heute nicht mehr. Der Wähler möchte sich nicht entscheiden müssen, er möchte beides. Insofern entspricht diese Entwicklung dem Zeitgeist. Dieser ist in höchstem Maße beliebig. Am besten, man plant diesen deshalb ein : Merkel plus Habeck. Das ginge beispielsweise. Der Wähler wäre hin und weg. Grüne Politik kann am besten an der Seite der CDU und mit Merkel durchgesetzt werden. Die CDU in der Opposition und ohne Merkel könnte hingegen nervig für die Grünen werden.

Roland Müller / 15.03.2021

Wenn diese grünen intellektuellen Nullnummern als Akademiker durchgehen, kann man Deutschland nur noch eine gute Nacht wünschen. Daraus kann man nur noch schließen, wie tief das Bildungsniveau gesunken ist.

Claudius Pappe / 15.03.2021

Deutschland Wähler sind Weltspitze…................... Im Biathlon haben wir den 11. Platz belegt…................................. Belgien kam auf Platz 9….......nein kein Scherz

Marion Sönnichsen / 15.03.2021

@ bernd weber Natürlich ist eine gute Opposition nicht überflüssig. Problem für die AfD ist: 1. Sie hat es schwerer als andere; nicht die gleichen Chancen und muss damit leben 2. Sie ist jung und macht Fehler (Hierzu die Analysen von Prof. Werner Patzelt auf seinem Politikblog zur AfD) und hört nicht immer auf Ratschläge 3. Sieg und Niederlage liegen in Politik und Sport immer eng beieinander und wer am Ende auf der Siegertreppe steht, ist immer auch durch viele Niederlagen gegangen; das darf man nicht vergessen. Der Weg zum Erfolg kennt keine Abkürzung und eine andere Karate Regel beachten: Versuche nicht zu siegen, sondern denke darüber nach, wie du nicht verlierst. 4. Nicht-Wähler, ein großes Potential für die AfD, zu mobilisieren ist schwer und vor allem aus einer Corona-Isolation heraus und schließlich 5. Wenn es den Deutschen wirtschaftlich richtig schlecht geht, dann werden diese anders wählen. Der wirtschaftliche Abgang Deutschlands ist erst am Beginn und für viele noch nicht so richtig spürbar. Mein Tipp an die AfD: Nehmt die guten Ratschläge von Prof. Patzelt an!

Bernd Schreller / 15.03.2021

Ich glaub, die Deutschen wählen am liebsten Leute, die die Ausstrahlung verbreiten “Ich tu euch nix, alles wird gut!” Davon hat Merkel ein Jahrzehnt gezehrt und die gestern Gewählten Häuptling/innen wie auch der Laschet ebenso: alle 3 irgendwie scheinbar nette Nichtse - und genau deshalb werden sie gewählt. Sowas lieben die meisten Deutschen: “Hauptsache, ich kann weiter Carmen Nebel, Kai Pflaume oder Florian Sibereisen gucken und: ach, ich muss ja noch meine Blumen giessen” Hier in diesem unserem Lande irgendjemanden aufklären zu wollen, ist komplett zwecklos. Die Dummdeutschen müssen erst voll gegen die Wand fahren, sprich ihr Geld, Sicherheit verlieren und selbst dann wird noch verleugnet, wie wir aus den 50-er Jahren wissen. Nur: dieses Mal werden keine 50er Jahre folgen, denn Merkel ist schädlicher für dieses Land als der Unsägliche.

lutzgerke / 15.03.2021

Die AfD will sich nicht erneuern. Sie müßte ihre Ulkotte-Strategie hinterfragen. Dahinter steckt dasselbe Wechselspiel wie bei den anderen Parteien, oder den Kirchen, die Wähler, die weglaufen, läßt man ziehen und zurück bleibt der verkrustete Funktionär. Kann ja sein, daß man Recht hat, aber wie man sieht, gewinnt man damit keine Wahlen.

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