Rainer Bonhorst / 29.12.2019 / 10:00 / 138 / Seite ausdrucken

Die Revolution frisst ihre Omas

In der strafrechtlichen Bewertung von Polizisten-Beleidigungen gibt es eine ausgereifte Hierarchie. So kann ein „blödes Schwein“  nach meiner Internet-Recherche 475 Euro kosten. Eine „alte Sau“ schlägt deutlich stärker zu Buche. Man muss mit 2.500 Euro rechnen. Wer es günstiger haben möchte, sollte es mit einfachem Zunge-Rausstrecken versuchen. Das geht schon für 150 Euro. Einen männlichen Polizisten „du Mädchen“ zu nennen, ist etwas teurer, nämlich 200 Euro wert. Die „Du-Mädchen“-Beleidigung erscheint mir im Zeitalter der Gender-Inklusion nicht mehr ganz zeitgemäß. Aber das soll hier nicht das Thema sein. Hier soll es aus aktuellem Anlass um die „alte Sau“ gehen, oder besser: um die „alte Umweltsau“, die jetzt im Westdeutschen Rundfunk von sich reden gemacht hat.

Eigentlich hat sie von sich singen gemacht. Aber ich will die gesangliche Qualität, des inzwischen in der Versenkung verschwundenen Liedes nicht beurteilen. Vielmehr möchte ich mich der „Oma“, um die es hier geht, textkritisch nähern.

Als erstes ist die Frage zu stellen: Warum ist die Umwelt-Sau alt, also eine „Oma“? Warum wird keine junge Umwelt-Sau, sagen wir Rudi, der Rocker, besungen? Ist es Zufall, oder will der Dichter uns damit etwas Spezifisches sagen?

Da Dichter immer etwas Spezifisches zu sagen haben, kann man getrost davon ausgehen, dass die „Oma“ bewusst ins Zentrum des Werkes gestellt worden ist. Man darf sie als pars pro toto, als Stellvertreterin der gesamten Senioren-Generation nehmen, wobei die „Oma“ vermutlich den „Opa“ einschließt. (Was wiederum im Sinne der aktuellen Gender-Inklusion wäre.)

Eine neue Denkschule, eine "nouvelle philosophie"?

Dass ein Kinderchor das Umweltsau-Lied zum Besten gibt, dürfte auch einer dichterischen Zielvorstellung geschuldet sein. Die dürfte etwa folgendermaßen aussehen: Wir haben es einerseits mit einer Jugend zu tun, deren Sinnen und Trachten der Rettung der Umwelt gilt, während andererseits Oma und Opa, ihrem Altersstarrsinn folgend, wie gewohnt die Umwelt versauen. Man kann also von einem tiefen philosophischen Konflikt zwischen Jung und Alt sprechen, der diesmal in gesanglicher, also künstlerischer Form beschrieben wird. 

Weniger künstlerisch, sondern eher prosaisch hatten erst vor kurzem die Anführer von „Fridays for Future“ den Alten ein Mitsprache-Recht in Sachen Umweltschutz versagt, mit der biologisch korrekten, aber unhöflichen Bemerkung: „Die sind doch eh bald nicht mehr da.“

Hier „alte Umweltsau“, dort „die sind doch eh bald nicht mehr da“. Weisen diese Indizien vielleicht auf eine neue Denkschule hin, auf eine nouvelle philosophie? Sehen die jungen, in die versaute Umwelt geworfenen Wilden, womöglich ein sozialverträgliches Ableben ihrer Großeltern als Königsweg aus der Krise? Die unausweichliche Erkenntnis wäre dann: Die Revolution frisst ihre Omas. 

Die Frage ist, wie der Staat mit dieser Revolution umgeht. Die konventionelle und darum wahrscheinliche Methode wäre, dass die Polizei mit Strafzetteln einschreitet. Wie eingangs gesagt: Eine „alte Sau“ kann 2.500 Euro kosten. Das könnte den revolutionären Elan etwas bremsen. Andererseits: Den Strafzettel müsste am Ende wahrscheinlich doch die liebe Oma bezahlen.   

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Peter Oberem / 29.12.2019

Wenn man berücksichtigt, dass der Text ja wohl nicht von Kindern zusammengestoppelt wurde, sondern von WDR-Redakteuren (Ein Autor wird nirgends angegeben), geht die Pöbelei also weniger an die Omas und Opas, sondern mehr an die Redakteur-Eltern. Die Kinder sind nur vorgeschickt, damit man deren Niedlichkeitseffekt ausnutzen kann. -//- Nehmen wir die in dem Text porträtierte Oma. Sie fährt Motorrad und verbraucht Super. Ist das verboten? 1000 Liter im Monat darf sie natürlich auch verbrauchen. Nehmen wir an, sie fährt eine dicke Harley Davidson, die 6 Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Dann kommt sie immerhin auf 16.680 Kilometer im Monat und kommt kaum noch zu anderen ungewünschten Tätigkeiten. Nebenbei bezahlt die Oma alleine für das Super fast 1000 Euro an Steuern. -//- Wenn die Oma nicht am Lenker sitzt, fährt sie SUV. SUVs mag man, oder man mag sie nicht. Verboten ist SUV-Fahren aktuell nicht. Opas mit Rollator kann die Oma auch im Tesla erwischen. -//- Die Oma kauft ihr Fleisch beim Discounter. Macht sie das unter der Ladentheke, weil es schwarze Ware ist? Natürlich nicht. Das Fleisch liegt in der Kühltheke, und seine Produktion wurde lückenlos überwacht. -//- Die Oma macht Kreuzfahrten. Schwer vorstellbar, dass sie nebenher noch ihre Kilometerleistung auf dem Motorrad schaffen wird. Kreuzfahrten boomen. Es wird offen dafür geworben, Kreuzfahrten zu machen. Nichts Verbotenes also, auch nicht. -//- Die Oma lebt also nicht öko und bio und ist deshalb eine alte Umweltsau - und nicht weniger. Ich kann mir tatsächlich Umweltsäue vorstellen, die ihr Altöl in den Gully kippen oder ihren alten Kühlschrank in den Wald bringen. -//- Wahrscheinlich stört es die textenden Redakteure eher, dass ihre Eltern ihr erarbeitetes Geld zu Lebzeiten ausgeben und später nicht mehr genug zum Erben übrig bleibt.

Gabriele H. Schulze / 29.12.2019

Die eierlose - erste -  Reaktion des WDR! Fehlt nur noch der Finger am Mund und aufgerissene Äuglein: “Och! Das wollten wir aber nicht! Wie ist denn das passiert? Wir können da nix für! Das war schon so! Das ist von allein kaputt gegangen! War doch nur Spaß!” und dergleichen Infantiles. Statt mannfrauschaft zu sagen: “Stimmt. War voll daneben, Leute.”

Max Hendlmeier / 29.12.2019

Wieder mal ein Grund grundsätzlich über das Problem der ÖR-Medien nachzudenken.  Diese von unseren Zwangsgebühren am fetten Tropf gehaltenen, arroganten, sog. “Kulturschaffende”  sind anscheinend niemandem Rechenschaft schuldig.  Wer diese Auswüchse nicht mehr so einfach finanzieren will sollte bitte mal googeln unter “Rundfunkbeitragswiderstand” - Gespannt bin ich auch, ob sich unser aller moralisches Oberhaupt , der Herr Steinmeier, über diese Verunglimpfung einer Generation empören wird?!

Arno Besendonk / 29.12.2019

Überbevölkerung ist eine der Ursachen einer nicht mehr ganz so intakten Umwelt. Warum sich dann aber die gleiche Generation dafür einsetzt, die Bevölkerung in Beutschland noch dichter zu packen und auch die letzte Frischluftschneise noch zu betonieren - so recht verstehe ich das jetzt wieder nicht.

Paul Braun / 29.12.2019

Ah, jetzt verstehe ich warum Frau Merkel kinderlos blieb. Damit ist sie raus aus der Oma Kiste. Aber halt auch populationsgenetisch tot ... Ein Verlust?

Frances Johnson / 29.12.2019

Lieber Herr Bonhorst! Wenn Sie, aus Tölz kommend, am Sylvenstein vorbei den Oberlauf der Isar entlang fahren, finden Sie am zweiten Parkplatz links ein Schild, das erklärt, dass dieser Teil des Flusses bis 1990 300 Tage im Jahr leer war, weil man in Krün zu viel Wasser umgeleitet hatte in das Walchenseekraftwerk. Die lokale Fauna und Flora hatten darunter gelitten. Ab 1990 sorgte man dafür, dass der Oberlauf immer Wasser führt. Hierdurch kehrten die fast ausgestorbenen Arten Flussregenpfeifer und Flußuferläufer zurück, und auch das Wild hatte wieder genug zu trinken. Das haben die alten Oma und der alte Opa unter Stichwortgabe der damals noch halbwegs gesunden Umweltschützer gemacht, diese Säue. Fridays, diese ungebildeten oder einseitig verformten Wunschindianer, würden die Geweihe an den Wänden der Gasthäuser bemängeln, aber ohne diese Geweihe gäbe es dort keinen Wald mehr, und der Hirsch mundet auf dem Teller. Kurz: Das sind Blinde. Da wir schon einmal blinde Schafe hatten, die den Metzger, vor allem der Juden, selbst gewählt hatten, macht das besorgt. Sie selbst sind bekanntlich humorvoll, an denen ist nichts komisch, gar nichts. Und da wir die Geschichte von Mao kennen, wissen wir, was aus sowas erwachsen kann. Ich kann diesen unreifen Youngstern nur wünschen, dass Profiler sie später gut screenen und dann aussortieren. In einer Autofirma in der Nähe arbeitet einer, der besser Deutsch gelernt hat als manche von ihnen, mental gesund ist und seine Oma in Afghanistan mit durchfüttert. Der ist mir lieber.

Detlef Dechant / 29.12.2019

Es wäre sicher besser gewesen, wenn diese Omas, statt mit Tasche und Netz in nachhaltig produzierten Wollsachen einkaufen zu gehen, den Opas mehr die Nutzung von “Kunststofftütchen” ans Herz gelegt hätten. Dann wären uns diese “Klimahüpfer” erspart geblieben. Und wenn ich deren Klamotten, Reisetätigkeiten und Medienkonsum betrachte, hätte es auch der Umwelt und dem Klima gut getan.

Ralf Witthauer / 29.12.2019

Man sollte den Kindern lieber mal erzählen, welches Kinderleben die Omas, beispielsweise Geburtsjahre 1940-1950, gehabt haben, davon, dass Babykleidung, Hygieneartikel, Schuhe, eigentlich alles, Mangelware waren, dass gerade nach Kriegsende gehungert und gefroren wurde, 3 Generationen zu sechst in einer Wohnung mit 60 qm leben mussten(mit einem beheizten Raum) und von Montag bis Samstag gearbeitet wurde, um den Kindern und Enkeln wieder ein normales Leben zu ermöglichen. Man sollte den Jugendlichen mal erklären, dass sie, so lange sie nicht selbst bereit und in der Lage sind, einen derartigen Verzicht auf sich zu nehmen, keinerlei Recht, sich moralisch über die Vorgängergeneration zu erheben. Statt Erklärung erfolgt Aufwiegelung durch grün-linke Ideologen, die davon träumen, den Sozialismus über die ökologische Hintertür wieder zu etablieren und dadurch an die Macht zu kommen. Assistiert wird dies profitorientierte Öko- Globalisten, die ein riesiges Geschäftsmodel entdeckt haben. Man gewinnt insgesamt den Eindruck, dass immer mal wieder ein Testballon hochgelassen wird, um festzustellen, wie weit man gehen kann. Offensichtlich sehr weit, wie die insgesamt empörungsfreie Öffentlichkeit gezeigt hat.

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