Manfred Haferburg / 25.07.2018 / 17:00 / 17 / Seite ausdrucken

Die Nowitschok-Räuberpistole

Der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Yulia sind im englischen Salisbury höchstwahrscheinlich Opfer von Nervengift geworden. Skripal, der in Russland in Haft war und 2010 im Rahmen eines Gefangenenaustauschs nach Großbritannien kam, wurde bewusstlos auf einer Bank vor einem Einkaufszentrum im englischen Salisbury gefunden – neben seiner ebenfalls bewusstlosen Tochter Yulia.

Putin war’s, dass stand von Anfang an fest. Zumindest für die britische Regierung und TAZFAZHAZ und die anderen einschlägigen Hyperventilatoren. Sie überboten sich gegenseitig darin, sich möglichst schmerzhafte Sanktionen gegen die Russen auszudenken. Strafe muss schließlich sein, Beweise kommen später.

Bei ihren Bestrafungsfantasien haben sie vollkommen vergessen, dass ihre hiesige Lieblingsregierung gerade eine neue Gasleitung Nordstream 2 gegen den erklärten Willen des Oberbösewichts Trump in der Ostsee zum Putin baut, welche dann nach Fertigstellung mit russischem Erdgas die Heizung ihrer Presse-Büros im Winter gewährleisten soll. Halt, jetzt bin ich irgendwie durcheinandergekommen – russisches Erdgas ist irgendwie gut, wegen Gasprom Gerti? Der Handel mit Energietechnologie und Erdölfördertechnologie ist schlecht, weil Gasprom Gerti keine Knete dafür bekommt? Und was wollen deutschen Sanktionäre machen, wenn der böse Putin sie vielleicht mal ernst nimmt und seine Armee losschickt – die funktioniert nämlich.

Novitschok, „Der Neuling“, ist ein heimtückisches Nervengift, das zum Wirksamwerden aus zwei Komponenten zusammengemischt wird und dann absolut tödlich ist. Zum Glück haben die beiden Anschlagsopfer das tödliche Nervengift überlebt. Der Fall Skripal wimmelt daher für mich von Ungereimtheiten, die TAZ, FAZ, HAZ und den anderen Hyperventilierern aber leider irgendwie völlig entgangen sind. 

  • Der FSB, der russische Inland-Geheimdienst muss glücklicherweise von Dilettanten völlig unterwandert sein. Hätte ein echter Geheimdienst jemanden ermorden wollen, der Leser kann sich das Ergebnis wohl vorstellen. 
  • Salisbury ist der Ort in England, neben dem das älteste Chemiewaffenlabor des Vereinigten Königreichs Porton Down in sieben Meilen Entfernung liegt. Man muss ein bisschen buddeln, dann findet man im Internet einen alten Guardian-Artikel, der über dortige umfangreiche Menschenversuche mit chemischen Kampfstoffen in den 1950iger Jahren berichtet. „From 1945 to 1989, Porton exposed more than 3,400 human "guinea pigs" to nerve gas”. Tausende Militärflieger und Soldaten wurden dort geringen Dosen von Nervengas ausgesetzt und ihre Funktionsfähigkeit ermittelt. Heute dient das Labor natürlich nur noch dem Schutz vor Nervengas.
  • Das Timing der Russen für den Mordanschlag ist so schlecht, dass sie nur verlieren können – kurz vor der Wahl und der Fußballweltmeisterschaft in Russland. Putin muss von allen guten Geistern verlassen gewesen sein.
  • Vielfältige Berichte, wonach die britische Polizei russische Verdächtige identifiziert hat, wurden bislang nicht bestätigt.

Und nun gab es kürzlich einen zweiten Anschlag mit Novitschok in Salisbury. Ein britisches Paar wurde vergiftet, das keinerlei Beziehungen zu Russland pflegte. Die Frau kam ums Leben, der Mann überlebte. Und nun wird aus der Geschichte eine komplette Räuberpistole: Der Tod einer 44-jährigen Frau in Südengland durch den Kampfstoff Nowitschok ist offenbar durch einen fatalen Irrtum verursacht worden. Der Mann habe „eine kleine Kosmetikflasche“ gefunden, "die er aufhob und seiner Lebensgefährtin schenkte".

MI 6 und die Medien tun nicht nur so, die sind so. Und sie halten die Leser für genauso geistig minderbemittelt, dass sie ihnen solche haarsträubenden Geschichten abkaufen. „Das Novitschok muss ja ganz zauberhaft riechen, dass ein Mann ein gefundenes Fläschchen seiner Holden zum Geschenk macht“, schreibt ein Leser dem Focus. Oder würden Sie, lieber Leser, ein Fläschchen, das sie irgendwo finden und von dem sie nicht wissen, was drin ist, Ihrer Holden als Geschenk überreichen? Es könnte ja leckerer Urin drin sein.

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Leserpost

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Martin Wessner / 25.07.2018

Die Stasi pflegte missliebige Personen, die sich in westlichen Staaten aufhielten, mittels eines als Autounfall getarnten Mordanschlags ins Jehnseits zu befördern. Detlev Carsten Rohwedder wurde von einem von der Stasi geschulten RAF-Terroristen mit einem Snipergewehr mit Zielfernrohr und Schalldämpfer umgebracht und niemand hat den Täter bis heute gefunden. Mehrere ehemalige RAF-Terroristen, die ebenfalls von der Stasi geschult wurden, sind seit Jahrzehnten untergetaucht und finanzieren ihren Lebenunterhalt mit Überfällen auf Geldtransporter und auch sie können von den Ermittlungsbehörden nicht gefasst werden. Und da soll sich ausgerechnet der russische Geheimdienst, der die Mutter aller ehemaligen Ostblock-Geheimdienste war, um so vieles dümmer anstellen? Doch wohl kaum. Insofern, ja, Herr Haferburg, ich teile Ihre Skepsis.

Arnd Siewert / 25.07.2018

Ist das nicht das selbe Politikum wie in Sebnitz, Giftgas in Syrien, NSU auch alles klar und natürlich das böse Russland - von der Nato umzingelt. Ach ja - die syrischen Kleingarten Vereine die das Allewiten/Assad-Regime zu liquidieren suchten ernteten Hightech Bomben vom Strauch - warum glauben so viele noch an den Weihnachtsmann? Was in der Zeitung steht ist Wahrheit? Tartort schaun und dranbleiben.

Dirk Jungnickel / 25.07.2018

Köstlich, die Trolle !  Diesmal mit kriminalistischer “Sachkenntnis”———und krimineller Energie.

Christian Hess / 25.07.2018

Interessante Verschwöringstheorie. Ich nehme an, Sie sind auch der Meinung, daß MH 17 nicht von den Russen abgeschossen würde. Die westlichen Geheimdienste stecken wahrscheinlich dahinter. Evt. hat es gar keinen Flugzeugabsturz und keinen Nowitschok-Anschlag gegeben. Alles erfunden. Man schreckt vor nichts zurück, dem lupenreinen Demokraten und Menschenfreund Putin zu schaden.

peter luetgendorf / 25.07.2018

Sehr geehrter Herr Haferburg, wenn es nicht die netten Russen waren? Wer dann? “Putin muss von allen guten Geistern verlassen gewesen sein.” Welche guten Geister haben Sie bei Putin lokalisiert? Gruß peter luetgendorf

Robert Korn / 25.07.2018

Sehr richtig, Herr Haferburg. Aber wer war’s dann? Wem hätte es genutzt? Mein Favorit ist da: die Ukraine. Sie haben sicher noch das Know-how aus guten alten CCCP Zeiten, irgendwas von dem Zeug wird auch noch übrig geblieben sein. Und zutrauen tu ich es ihnen allemal. Beste Grüße Robert Korn

Sybille Schrey / 25.07.2018

Und DAS auf der Achse! Herr Haferburg, Herr Haferburg, Sie zweifeln doch nicht etwa an der SCHULD Russlands? Schon niedlich, wie man nun - nach dem Trump-Putin Treffen - versucht, den Bogen zu kriegen.

E. Albert / 25.07.2018

Mich beschlichen die gleichen Gedanken, als ich davon hörte. Ob würde dem FSB, wenn er denn jemanden würde ermorden wollen, ein solcher Fehler unterlaufen! Das hätte keiner der beiden überlebt. Ich hatte da auch eher sofort westliche Geheimkrämer im Verdacht, die bereit waren, andere dafür zu opfern, dass Russland mal wieder als “pöse, pöse” dasteht - und das kurz vor der Fußball-WM. Vielleicht wollte man damit einen kurzfristigen Boykott erreichen, wie bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau. Naja, diesmal wurde ja nichts draus. Dafür haben sich sämtliche Favoriten in den Vorrunden selbst rausgeschossen, vielleicht auch eine Art Boykott, wer weiß denn schon, was da hinter den Kulissen gelaufen ist. Dass “unsere” über Nacht das Kicken verlernt hatten, fand ich zumindest auch sehr merkwürdig…ebenso, wie das beredte Schweigen danach…Es soll offenbar erneut alles dafür getan werden, Rußland unmöglich zu machen. Vielleicht wirft von den hyperventilierenden Berliner Laiendarstellern mal jemand einen Blick auf die Landkarte und fragt sich dann, ob das wirklich eine gute Idee ist. Nebenbei sind für mich die Russen kulturell gesehen näher an Europa, als beispielsweise die Türken…(- ups, darf man das sagen oder ist das schon N-i?!) Es ist eine buchstäblich große Nation, die in ihrer Geschichte viel durchgemacht hat, aber auch mit Stolz auf große Kultur- und Kunstschätze und Traditionen blicken kann. Wir sollten sie endlich mit dem gleichen Respekt behandeln, mit dem auch wir behandelt werden wollen. Konstruktive Kritik darf sein. Aber kein hysterisches Bashing. Und schon gar keine gewaltsame Diskreditierung in der Art, wie sie in Salisbury möglicherweise - wie ich befürchte - stattgefunden hat. (Saddam wurde seinerzeit der Besitz von “weapons of mass destruction” unterstellt. Wir wissen, wie das ausgegangen ist…offenbar gibt es Kreise, denen jedes Mittel recht ist, um ihre kruden Ziele zu erreichen…)

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