Bertha Stein, Gastautorin / 27.03.2019 / 06:20 / Foto: Bundesarchiv / 37 / Seite ausdrucken

Die idiotenfreie Stadt

Die niederländische Stadt Groningen (281.000 Einwohner) möchte erster rauchfreier Ort werden. „Neue Presse“ berichtete hierüber am 15. März in „Rauchfrei in Groningen“. Der Groninger Stadtrat segnete das Vorhaben bereits mehrheitlich ab, und entsprechende Kampagnen laufen schon, wie die Initiative „raucherfreie Generation“. Verboten werden soll der Glimmstängel jedoch nicht, die Menschen sollen von alleine mit dem Qualmen aufhören.

Doch warum nicht höhere Ambitionen verfolgen? Wie etwa „idiotenfrei in Berlin“? Wäre das nicht ein erstrebenswertes Ziel? In einer von Idioten befreiten Stadt lebte es sich wesentlich genehmer. Es gäbe keine muskelorientierten Schlagabtausche zwischen Elternteil und Gesetzeshüter im Elterntaxi. Es gäbe keine erratischen Messerstechereien. Und es gäbe keinen Pankower Bürgermeister, der die Schülerbewegung „Fridays for Future“ mit den Montagsdemonstrationen der ehemaligen DDR 1989 vergleichen würde.

Folgt man nämlich der Logik eines 21-jährigen Studenten aus Groningen, „Ich finde es gut, dass die ganze Stadt Groningen rauchfrei werden soll. Wenn man nicht rauchen darf, dann tut man das auch nicht“, würde es, auf die Idiotie übertragen, bedeuten: „Wenn man nicht idiotisch sein darf, dann tut man das auch nicht.“ Wohlgemerkt, „Groningen will die Avantgarde-City der Anti-Raucher werden“ und nicht der Anti-Idioten – das zur Erklärung der schlagkräftigen Leistung obiger Argumentation.

Immerhin: Den Idiotentest für Autos gibt es schon

Doch diese idiotenfreie Zone bleibt in diesen Dimensionen ein Fantasiegebilde. Vielmehr lohnt es sich, kleiner anzufangen. So wie mit der Durchsetzung eines Rauchverbots. Statt dieses einheitlich städteübergreifend umzusetzen, plädieren die NRW-CDU/FDP-Regierungsfrakionen und die oppositionelle SPD und Grüne für ein bundesweites Rauchverbot in Autos, sofern Schwangere und Kinder anwesend sind. Kommt also bald ein nationales Schengen-Abkommen mit Kontrollen an der Stadtgrenze? Oder wird Klein-Franz Mama-Chauffeurin bei der Polizei anschwärzen?

Immerhin: Den Idiotentest für Autos gibt es schon, die „Medizinisch-Psychologische Untersuchung“ (MPU) zur Begutachtung der Fahreignung des Kraftfahrers. Wie wäre es also mit idiotenfreien Universitäten, Theaterveranstaltungen und Gesellschaftsbewegungen als „no-go-areas“ der Idiotie? Dann blieben uns Plakate wie „Der Planet ist hotter als mein boyfriend“ erspart, die Provinz würde ihr identitätsstiftendes Symbol, den Dorfdeppen, in mehrfacher Ausführung zurückerhalten und Deutschland würde statt des Superstars das Superhirn suchen (DSDS).

Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Erstmals heißt es in Groningen, angelehnt an „Deep Purple“, „smokefree on the water, no fire in the sky“. Für Berlin könnte das umso mehr Ansporn sein, die erste „idiotfree city on the planet“ zu werden. „No stupidity in the sky“.

Foto: Bundesarchiv CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia

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Leserpost

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A.Heinz / 27.03.2019

Offenbar vernebelt das viele Rauchen dem einen oder anderen den Verstand !? Was soll dieser dämliche Vergleich? Waren Sie mit Schreiben dran und Ihnen ist nichts Besseres eingefallen?  Groningen - so schreiben Sie selbst - will das Rauchen nicht generell verbieten, sondern setzt auf Einsicht. Ich habe nichts gegen Raucherinnen - nur dann wenn ich mitrauchen muss und mich dem nicht entziehen kann. Mich nervt es kolossal, dass man kein Gebäude mehr betreten kann, ohne durch einen Kordon Raucherinnen gehen zu müssen. Egal, wo man auf einem Bahnhof auf die Bahn wartet - überall setzen sich Raucherinnen über das dortige Verbot hinweg. Idiotie ist per se nicht gefährlich - Rauchen schon und das auch noch für alle die unfreiwillig mitrauchen müssen.

Wilhelm Lohmar / 27.03.2019

Die idiotiefreie Universität scheint mir das dringlichste Ziel zu sein. Als Sofortmaßnahme schlage ich darum vor, die Gesellschaftswissenschaften aus dem Universitätsbetrieb auszulagern.

George van Diemen / 27.03.2019

Berlin? Politik? Ändern? Da friert doch eher die Hölle ein.

Bernhard Krug-Fischer / 27.03.2019

Sehr geehrte Frau Stein, ich habe mich köstlich amüsiert. Also „idiotenfrei in Berlin“ wäre sehr wünschenswert, aber hier sehe ich überhaupt keine Chance der Realisierung. Ich bin eher für ein „denkfreies Deutschland“. Da gibt es sehr gute Fortschritte, wie jeder sehen und feststellen kann, der mit offenen Augen und gesunden Menschenverstand durch die Welt geht. Vielleicht sollte man, um ein „denkfreies Deutschland“ auch zeitnah umsetzen zu können, mit einer Prämie einen zusätzlichen Anreiz schaffen.  Natürlich haben diejenigen, die ihr Hirn schon stillgelegt haben, keinen Anspruch mehr auf die Prämie.

Dr. Christian Rapp / 27.03.2019

Bei der Masse an Betroffenen dürfte es schwerfallen selbst eine Kleinstadt Idiotenfrei zu bekommen. Für Berlin sehe ich da keine Chance, 1. Prämisse wäre der Umzug der Regierung zurück nach Bonn.

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