Dirk Maxeiner / 15.07.2018 / 06:25 / Foto: aeroprints / 31 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: A6, Ausfahrt Ramstein

Das Kinderbuch Struwwelpeter aus dem Jahre 1844 hat einen sogenannten pädagogischen Ansatz. Die verzogene Brut in ZappelphilippSuppenkasper oder Hans Guck-in-die-Luft nimmt stets ein böses Ende, weshalb man dem Buch mitunter einen autoritären Erziehungsstil vorwirft. Der Gedanke, dass man aus Schaden klug werden könnte, ist ja auch total unsensibel. Lieber werden wir aus Schaden nicht mehr klug. Die Antwort heißt 24 Stunden Fahrradhelm.

Meine Lieblings-Geschichte ist der Hans Guck-in-die-Luft: Ein Junge auf dem Weg zur Schule, der mit seinen Gedanken woanders ist und den Blick stets in den Himmel gerichtet hat. Seitdem hat sich nicht viel verändert, heutige Knaben blicken allerdings nicht in den Himmel, sondern auf ihr Smartphone, bevor sie mit Fahrradhelm unter die Räder kommen.  

Hans Guck-in-die Luft rennt einen Hund über den Haufen, anschließend fällt er zur Erheiterung der Fische samt Schulmappe ins Wasser. Wenn ich meiner Mutter glauben darf, so blickte auch ich schon als Kleinkind beständig in den Himmel über der Eifel. Dies allerdings nicht, weil ich mit den Gedanken woanders war, sondern weil dort beständig amerikanisches Fluggerät übte. Die Luftwaffenbasis Spangdahlem war gleich ums Eck und sorgte stets für eine echte Qualitäts-Show da oben. Sowas prägt. 

Mein liebster Autobahnabschnitt ist deshalb noch heute die A6 bei Kaiserslautern. Daneben liegt das Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte in Europa, die Ramstein-Airbase. Das ist die europäische Drehscheibe für amerikanische Fracht- und Truppentransporte. Die Anflugroute führt schräg über die Autobahn. Mit etwas Glück schwebt gerade eine Lockheed C-5 Galaxy ein. Das merkst du schon, bevor du den Riesenvogel siehst. Je nach Sonnenstand wird es nämlich dunkel, weil der fliegende Dinosaurier einen gewaltigen Schatten wirft. Dann fallen die Räder aus den Fahrwerksschächten und recken sich wie Krallen nach unten. Schließlich verschwindet das Ding donnernd hinter einem Wald. 

Bundeswehr mit Putin-Airways 

Die russische Konkurrenz konnte man bis vor einiger Zeit noch regelmäßig über der A9 bei Leipzig beobachten. Dort waren sowjetische Antonow AN-124 Riesenfrachter heimisch. Den Hintergrund habe ich erst in diesem Jahr aus der Zeitung erfahren. Die Bundeswehr chartert von den Russen Flugfrachter, um im Krisenfall schweres Gerät zu transportieren. Jetzt hat das russische Charterunternehmen den Vertrag gekündigt. Wodurch die staunende Öffentlichkeit von einer strategischen Meisterleistung erfährt: Sollten die Russen irgendwo militärischen Ärger anzetteln, worin sie ja durchaus Übung haben, dann ruft die deutsche Generalität erstmal in Moskau an. Dann erbittet sie dort ein Flugzeug. Und erwartet allen Ernstes, dass die Russen westliche Truppen einfliegen, damit diese rechtzeitig auf eben jene Russen schießen können. Gut, dass das keiner Donald Trump erzählt hat. Der macht aus sowas immer so hässliche Tweets.

Donald Trump hat ja auch gerade gesagt, dass die Deutschen ihm zu abhängig von russischem Gas sind und dass sie Putin reich machen. Ferner ist er der Meinung, dass die Energieversorgung für ein Land eine wichtige strategische Bedeutung hat. Das wirkte, als sei der Fuchs in den Hühnerstall eingebrochen. Sogenannte Faktenchecks wurden Trump entgegengeschleudert wie dem Vampir die Knoblauchzehe. Die Mühe hätte man sich eigentlich sparen können. Denn alles, was Trump sagte, hat man selbst vorher geschrieben. Das Handelblatt schrieb vor vier Jahren „Die Krim-Krise zeigt, wie abhängig Deutschland von Russland ist – denn das Land ist unser wichtigster Gaslieferant“. Und der Spiegel blies ins gleiche Horn: „Deutschland ist in hohem Maße abhängig von Energie aus Russland, insbesondere von russischem Gas.“ 

Seitdem hat sich höchstens eines geändert: Die Abhängigkeit von russischem Gas ist noch größer geworden. Der deutsche Atomstrom versorgte das Land bislang zu einem großen Anteil mit zuverlässig bereitstehendem Strom für die Grundlast. Da Erneuerbare Energien die Lücke nicht verlässlich ausfüllen können, steigen auch die deutschen Energieimporte. Die Versorgungssicherheit nimmt seit der Energiewende ab. Um diesen Zustand weiter zu befördern, wollen unsere Nachtwächter jetzt auch noch möglichst schnell aus der Kohle aussteigen und haben das unkonventionelle „Fracking“ faktisch verboten. Die Technologie also, die es den USA ermöglichte, sich von Importen aus Nahost unabhängig zu machen.

Wladimir Wladimirowitschs tiefes Gefühl der Dankbarkeit

Bildlich gesprochen: Putin freut sich über jedes deutsche Windkraftwerk, da vor allem Gaskraftwerke für die Zeit bereitstehen müssen, in der der Wind nicht weht. Nach Gerhard Schröder führt Angela Merkel Deutschland weiter konsequent in Energiegeiselhaft. Donald Trump hat Deutschland vor dem Nato-Gipfel als "Gefangene" Russlands bezeichnet. Merkel sagte dazu, dass sie selbst erlebt habe, "dass ein Teil Deutschlands von der Sowjetunion kontrolliert wurde". Ja erlebt hat sie es, gelernt hat sie daraus aber offensichtlich nichts. Die Tatsache jedenfalls, dass Gerhard Schröder, der mit Jürgen Trittin den Atomausstieg einleitete, heute auf der Payroll von Putin steht, zeigt Wladimir Wladimirowitschs tiefes Gefühl der Dankbarkeit.  

Der amerikanische Präsident, kein besonders taktvoller Zeitgenosse, macht die Energiewende – ohne sie zu nennen –, so platt wie ein Sherman Panzer den Westwall. Da spricht einer auf dem Nato-Gipfel plötzlich etwas vor aller Welt aus, was unsere politischen und medialen Sparleuchten eigentlich unter der Decke halten wollten. Die Energiewende ist ja nicht nur eine sicherheitspolitische Katastrophe, sondern ein Angriff auf die Industrienation als solche. Sie trägt nicht zur Erreichung irgendwelcher Klimaziele bei, statt dessen kostet sie die Menschen Wohlstand und zerstört Landschaft und Natur. Noch nie hat sich ein Industrieland für so viel Geld so gründlich blamiert. Bedauerlicherweise gilt das auch für die Bundeswehr, die eigentlich keine Armee mehr sein soll, sondern so eine Art Sozialdienst, der das Essen auf Rädern mit Kettenfahrzeugen ausliefert. 

Konflikte werden in diesem Land nicht ausgetragen, sondern von der Politik outgesourced, egal ob es sich um die Gewinnung fossiler Energie, Atomkraft oder Landesverteidigung handelt. Sollen es doch die Russen für uns machen oder die Amerikaner oder wer auch immer. Oder, wie im Falle der Migrationspolitik, soll es die Bevölkerung richten, ohne dass man sie jemals gefragt hat, ob sie Bock auf sowas hat.

Womit wir wieder beim Anfang gelandet sind. Deutschland ist der Hans Guck-in-die-Luft des Westens, der über den Hund stolpert und wohl erst einmal baden gehen muss. Und bitte nicht Donald Trump weitersagen: Wenn er sich durchsetzt, dann werden wir künftig statt 1,5 Prozent eben vier Prozent des Brutto-Inlandproduktes für eine Bundeswehr ausgeben, die sich nicht wehren soll. Das kriegen wir hin.

Foto: aeroprints CC BY-SA 3.0 Link">via Wikimedia Commons

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Thomas Raffelsieper / 15.07.2018

Schon vor Jahren gab es über 1 Millionen Haushalte, die ihren Strom dauerhaft nicht mehr bezahlen konnten. So 150.000 pro Jahr kommen hinzu, nicht nur Hartzer sonder ebenso voll arbeitende Kleinfamilien. Heutige Zahlen gehen von 500.000 bis 2 Millionen Haushalte in Deutschland aus. Allen Beteiligten pro oder contra EEG ist das völlig egal und wird auch in den MSM nicht thematisch behandelt. Tenor: Wenn sie ihren Strom nicht bezahlen können, sollen sie sollen sie doch Kuchen essen.  Eine Industrie-Gesellschaft, die ihren Schwächsten zumutet, solches für die “heilige Obrigkeit” zu ertragen, bezeichne ich als zivilisatorisch, technisch und kulturell gescheitert. GRÜNE Energie ist für die grüne Erbengeneration, grünes “Bildungsbürgertum” und grünes Beamtentum eben nur für Ihresgleichen progessiver Fortschritt. Sie nennen das Demokratie.

Andreas Ludwig / 15.07.2018

@Peter Klein Der Autor ist keine Kunstfigur und hat es wohl nicht nötig, 100 Zeilen zu verfassen, die nicht der Wahrheit entsprechen. Schon mal im Kraftwerk gearbeitet Peter Klein? Dann wird es Zeit. Wenn das nicht gelingt, einfach einen kennen aus dieser Abteilung. Der öffnet Ihnen die Augen. Aber dem würden Sie ja nicht glauben. Zu tief ist Ihre Überzeugung. Ich frage mich schon lange, wie es geschafft wurde, Menschen so zu Indoktrinieren, daß sie gegensätzliche Meinungen als Blödsinn abkanzeln. Meine Großmutter hat immer gesagt, die, die Wahrheiten verschleiern und verwässern, haben grosses Interesse daran, daß diese Lüge bestehen bleibt. Meistens geht es nur um Geld und Macht. Haben sie in Wind und Solarkraft investiert? Upps

Uwe Wienke / 15.07.2018

Die Abhaengigkeit Deutschlands von russischem Erdghas ist den USA schon lange ein Dorn im Auge, denn sie saehen es lieber wenn Deutschland ihnen ihr verfluessigtes Erdgas abkaufen wuerde. Das war schon unterr Obama so.

Leo Hohensee / 15.07.2018

ich weite Ihr Thema ein wenig aus: für Windkraftanlgen, die zur Deckung der Grundlast ja nicht zuverlässig zu veranschlagen sind, braucht man Fundamente. Für ein solches Fundament braucht man bis zu 180 to Stahl und bis zu 1.300 cbm Beton. Rechnet man nur mit 1.000 cbm Beton so ergibt sich für die erstellten Windkraftanlagen die Betonmenge mit der man eine 6.860 km lange vierspurige Autobahn bauen könnte. (Rede von Marc Bernhard vor dem Bundestag). Weiterhin sind die Windkraftanlagen die größten Vogelschreddermaschinen für Zug-,Greif- und Wasservögel.

Matthias Thiermann / 15.07.2018

@ Rainer Nicolaisen: zu 3. Das muss ja nicht so bleiben und nur Dumme diversifizieren nicht. Zu 2. nicht nur optisch wird Landschaft zerstört, auch Gefahren für Fauna bestehen und die gute Flora wird auch oft zerstört oder“ver“nutzt. Zu 1. Bei der Steinkohle ist der Zug schon lange abgefahren. Das war einmal.

Axel Ziegler / 15.07.2018

@Hans-Peter Klein. Nein, Sie verdrehen hier die Fakten, nicht Herr Maxeiner , der im Gegenteil völlig korrekt argumentiert. Es ist völlig klar, dass die Versorgungssicherheit abnimmt. Die Anzahl der Eingriffe durch die Netzbetreiber hat sich verhundertfacht. Mehrere pro Tag statt einiger pro Jahr, wie vor etwa zehn Jahren. Diese Eingriffe sind nötig, um die Frequenz von 50 Hz zu halten, da das mit EE unmöglich ist. Dafür braucht man eben Kohle, Gas oder Kernenergie. Auch die Zahl von 41% der Stromerzeugung ist irreführend, da das nur die Jahresmenge ist. EE Strom fällt aber zum grossenTeil dann an, wenn man ihn nicht braucht und muss dann verschenkt bzw. teuer verklappt werden, und umgekehrt fehlt er, wenn man ihn braucht. Wenn man also einfach nur über das Jahr verteilt Export und Import aufrechnet, kommt vielleicht sogar ein Exportüberschuss zustande. Wenn es aber darauf ankommt, ist D ein Importland. Die Kohlekraftwerke abzuschalten ist an Wahnsinn nicht zu überbieten. Wohlgemerkt sind es genau die Netzbetreiber, die die Kohlekraftwerke zwangsweise am Netz halten, selbst wenn die Betreiber sie schliessen wollen, da sie Dank EE nicht mehr rentabel betrieben werden können. Und was das Fracking anbelangt so har der Autor auch völlig recht. Nennen Sie bitte einen schweren Unfall oder eine Umweltverschmutzung, die durch Fracking ausgelöst wurde. Fracking ist sauber, zuverlässig und nachhaltig. Genau wie die Kernenergie und genau deshalb ja in D auch verpönt.

Andreas Müller / 15.07.2018

>>Oder, wie im Falle der Migrationspolitik, soll es die Bevölkerung richten, ohne dass man sie jemals gefragt hat, ob sie Bock auf sowas hat.<< Falsch, Herr Maxeiner, ganz falsch. Die Bevölkerung wurde im September 2017 sehr wohl gefragt. 87 % haben sich FÜR eine Fortsetzung der unbegrenzten Zuwanderung bildungsferner Männer in die Sozialsysteme ausgesprochen.

Andreas Rochow / 15.07.2018

Wieder ein brillantes Stück, das mit Leichtigkeit und Humor eine Reihe von Wahrheiten kommentiert und in Erinnerung ruft, die eigentlich zu den linksgrünen Tabus gehören. Dem Genuss dieses Sonntagsfahrer-Textes folgt die bittere Frage: Wie ist es möglich, dass eine gefühlte öffentliche Mehrheit in D und EU die Realität derartig ausblendet?

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