Wolfram Weimer / 06.08.2012 / 08:23 / 0 / Seite ausdrucken

Der Schuldenstaubsauger vom Main

Die Europäische Zentralbank will Staatsanleihen kaufen und so Eurobonds durch die Frankfurter Hintertür einführen. Deutschland wehrt sich nur noch halb. Dahinter steckt ein linkes Kalkül.

Mario Draghi hat den großen Befreiungsschlag angekündigt und ein Patschehändchen geliefert. Der EZB-Präsident wollte die Notenbank nach amerikanischem Vordbild in einen gigantischen Schuldenstaubsauger verwandeln. Doch Deutschland zieht ihm den Stecker und verhindert den massenhaften Aufkauf von Staatsanleihen – vorerst. Denn der Widerstand bröckelt. Die Bereitschaft wächst, aus der Zentralbank eine Gelddruckmaschine für Schuldenstaaten zu machen. In Südeuropa sowieso, da sieht man im Schuldenstaubsauger vom Main die bequemste Lösung für die Krise.  Anstatt zu sparen, seriös zu wirtschaften, sich endlich zur Wettbewerbsfähigkeit zu quälen, könnte man einfach auf die anrollenden Geldlaster aus Frankfurt warten.

Aber auch bei uns finden Linke, Sozialdemokraten und Grüne zusehends Gefallen an der Idee – die Eurobonds kämen dann nämlich durch die Hintertür in deutsche Haus. Es gehört zu den Unbegreiflichkeiten dieser Krise, dass Rot-rot-grün sich gegen nationale Interessen und gegen die Geldwertstabilität positioniert. Die jüngsten Umfragen zeigen bereits, dass diese Strategie SPD und Grünen eher schlecht bekommt. Und trotzdem fallen sie der Kanzlerin und der Bundesbank in deren Widerstand gegen den EZB-Putsch in den Rücken. Dafür gibt es vier Motive:

Erstens - das naive Motiv: Es gibt es unter Linken ein sympatisches Solidaritätsgefühl, das man die armen Südereuropäer nicht fallen lassen dürfe. Daher läßt man sich immer wieder voreilig auf Hilfspakete ein, auch wenn die in Wahrheit Raubzüge an deutschen Sparern darstellen.

Zweitens - das Verschleierungsmotiv: Rot-grün will vergessen machen, dass es just ihre Entscheidung war, ein völlig unreifes Griechenland in die Euro-Zone zu lotsen, obwohl man wußte, dass die Bedingungen dazu hinten und vorne nicht stimmten. Es war ein Akt der Gutmenschenpolitik, die sich heute so bitter rächt.

Drittens – das wahltaktische Motiv: Im linken Lager will man Angela Merkel ein Jahr vor der Bundestagswahl irgendwie an den Euro-Karren fahren. Man ahnt, dass die Schuldenkrise das allesentscheidende Thema bei der Wahl werden wird und ärgert sich, dass Merkel bislang vieles richtig gemacht hat. Darum wähnt man bei jedem neuen Griff aus Südeuropa an die deutsche Kreditkarte eine Gelegenheit, die Kanzlerin in die Enge zu treiben.
Und viertens – das ideologische Motiv: Einige im linken Lager treten den Marsch in den Schuldensozialismus gezielt an. Sie wollen keine schlankeren Staaten, keine Sparpolitik, keine Privatisierungen, keine ausgeglichenen Haushalte. Sie streben – nach alter sozialistischer Manier - nicht weniger, sondern mehr Staat an. Die Schulden sind dazu ihr Hebel. Also sprechen sie nur von Steuererhöhungen und Eurobonds und Bankenverstaatlichungen und Schuldenvergemeinschaftungen. Für sie wäre die Hand am Schuldenstaubsauger aus Frankfurt wie ein Sturm auf die Bastille. Ein revolutionärer Akt der Sozialisierung. Hoffentlich bleibt es bei Mario Draghis Patschehändchen-Politik. Befreiungsschläge gibt es nämlich nicht.

 

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