Wolfram Weimer / 06.03.2020 / 16:00 / Foto: DonkeyHotey / 16 / Seite ausdrucken

Joe Biden ist der Olaf Scholz Amerikas

Den Linken ist er mit seinen moderaten Positionen zu mittig. Den Jungen ist er mit seinen 76 Jahren zu alt. Den Reformern ist er zu sehr Establishment. Den Coolen ist er zu hölzern. Joe Biden zieht jede Menge Kritik auf sich. Bei den TV-Debatten wird er besonders scharf attackiert. Vielen gilt er als spröde und langweilig, manches an ihm erinnert an den deutschen Vizekanzler Olaf Scholz. Ein „Dinosaurier“ der Politik sei er, liest man in abschätzigen Leitartikeln. Tatsächlich gehörte er von 1973 bis 2009 als Vertreter von Delaware dem US-Senat an. Von 2009 bis 2017 war er unter Präsident Barack Obama der 47. US-Vizepräsident. Kann so einer für einen Neubeginn Amerikas nach Donald Trump stehen?

Für die Wähler der Demokraten kann er das sehr wohl. Biden ist trotz aller Kritik der Favorit im Kandidatenrennen. Er wurde schon abgeschrieben, doch seitdem sich die politische Mitte um ihn schart, schlägt er auch denn Linkspopulisten Bernie Sanders. Ihm fließen nun immer mehr Spendengelder für den weiteren Wahlkampf zu. Auch der Multimilliardär George Soros hat bereits Millionen Dollar für den demokratischen Wahlkampf unter Biden gespendet.

Der Hauptgrund für seinen überraschend klaren Erfolg liegt darin, dass Biden Erfahrung und Regierungsaura verströmt und sich gezielt in der politischen Mitte positioniert. Sein Wahlkampfteam verbreitet die Story vom „Mittelschichts-Joe“. Bescheidenheit, Bodenständigkeit, Gelassenheit, das seien Joe Bidens Markenzeichen. Biden, der Ehrliche, der Kumpel von nebenan. Tatsächlich ist er der wichtigste „gemäßigte“ Bewerber, während Politiker wie seine Konkurrenten Bernie Sanders und Elizabeth Warren die Partei politisch deutlich weiter nach links rücken wollen. Er selbst sagt, die große Mehrheit der Demokraten stehe in vielen Themen da, wo er stehe. „Das ist mitte-links“, sagte er. „Das ist da wo ich bin. – Was es nicht ist, ist ganz links.“

Landesweiter Mindestlohn von 15 Dollar

Drei Gründe nennt Biden für seine Kandidatur: Er wolle die verletzte Seele der Nation heilen. Er wolle die Mittelschicht wieder zum Rückgrat des Landes machen und die Vereinigten Staaten von Amerika wieder vereinen. Trump habe nicht nur das politische System des Landes ruiniert, sondern auch die Arbeiter verraten, ruft Biden.

Dass sich die Oberschicht unter Trump weiter schamlos bereichern könne, sei eine politische und ökonomische Einbahnstraße. In seiner Rede forderte Biden einen landesweiten Mindestlohn von 15 Dollar, außerdem Bildung für alle und eine Krankenversicherung für jedermann. Obamacare sei ein riesiger Fortschritt für das Land gewesen.

Joe Biden stehe für das nostalgische Versprechen, zur politischen Normalität zurückzukehren, schrieb die “Washington Post” dieser Tage. Die weitaus jüngeren demokratischen Mitbewerber versuchen, Biden auf der langen Wegstrecke bis zur Nominierung des demokratischen Spitzenkandidaten als “Yesterday Man” abzuqualifizieren.

Der einstige Vize von Obama reagiert darauf mittlerweile mit Humor. So sagte er im TV-Duell dem aggressiv auftretenden New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio: „Ich liebe die Zuneigung, die Sie mir entgegenbringen.“

Sein Vater arbeitete als Autoverkäufer

Der Katholik Biden hatte er im Leben nicht immer leicht. Er stammt aus kleinen Verhältnissen, sein Vater arbeitete als Autoverkäufer. Seine erste Frau und seine Tochter starben bei einem schweren Verkehrsunfall. Seine beiden Söhne überlebten nur schwer verletzt. Biden legte seinen Eid für den Senat an deren Krankenbett ab.

Seit der Wiederwahl Obamas wurde Biden immer wieder als möglicher Nachfolger und damit demokratischer Präsidentschaftsbewerber zur Wahl 2016 gehandelt, bei der Obama wegen Amtszeitbegrenzung nicht erneut antreten konnte. Am 21. Oktober 2015 gab Biden bekannt, 2016 nicht für die Präsidentschaft zu kandidieren, im anstehenden Wahlkampf  aber „nicht leise“ zu sein. Der Grund für seinen Verzicht war eine weitere Familientragödie: Die schwere Krebserkrankung und der Krebstod seines Sohnes Beau Biden – er starb an einem Gehirntumor – im Mai 2015 hatte ihn zum Rückzug bewogen.

Im Herbst 2016 absolvierte er gleichwohl mehrere Wahlkampfauftritte mit der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton, wobei er dem republikanischen Bewerber Donald Trump die Eignung für das Präsidentenamt absprach. Nun kann er das womöglich im direkten Wahlkampfduell wiederholen und sich selbst als Alternative präsentieren.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European

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Leserpost

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Ulrich Affeld / 06.03.2020

Die persönlichen Schicksalsschläge von Joe Biden sind das Eine, was den Menschen Biden ausmacht. Darin wird er sicher Mitgefühl bei vielen Menschen bekommen, besonders von denen, die ähnliches erlebt haben. Das Andere ist sein Agieren und Auftreten als Politiker der Dems (eigentlich Sozialisten), die nach der Wahl 2016 das Ergebnis nicht akzeptieren wollten und Trump mit quasi-Kriminellen Methoden aus dem Amt treiben wollten im Bündnis mit links-korrupten Medien wie NYT, Washington Post, CNN u.v.a.

Sirius Bellt / 06.03.2020

Alterstechnisch erinnert mich die USA Wahl an die Papstwahl.

Johannes Schuster / 06.03.2020

Trump ist ein narzißtischer Knuffbär. Biden ist ausgelaugt und kann sich selber nicht richtig einschätzen. Die Gebiss - Rallye in der Formel R(olator) ist nicht spannend, sie zeigt das Problem, daß sich aus den jüngeren Generationen keine Charaktere mehr heranbilden. Die Herrschaft des alten weißen Mannes ist der Herrschaftsverlust seiner Kinder - es ist keine Herrschaft mehr, sondern ein Relikt.

Robert Schleif / 06.03.2020

Sie haben in der positiven Schilderung des vorgeblich guten Onkels glatt vergessen, dass er Hauptinitiator und Organisator des völkerrechtswidrigen Kosovo-Krieges war, Pate des Witz- und Verbrecherstaates Kosovo ist, Bushs Lügenkrieg mit all den Folgen guthiess, den Afghanistan-Krieg mitverantwortete, an der Verwandlung Libyens in einen failed state beteiligt war, die libyschen Goldreserven klaute und half, die Schleusen nach Europa zu sprengen. Er paktierte mit den ukrainischen Trojanern und versorgte seinem Sohn mit Erpressungen einen Alibi-Job. Und so weiter.    Wer über Biden schreibt, ohne sowas zu erwähnen, ist beim SPIEGEL oder bei der ZEIT besser aufgehoben!

Sabine Schönfelder / 06.03.2020

Ach, Herr Weimer, erst sollte der homosexuelle Buttigieg zusammen mit seiner männlichen „First Lady“ für Trump brandgefährlich sein. Angeblich hätte Trump dessen ´Potentialˋ erkannt. Dann führten Sie Bloomberg als Konkurrenten auf Augenhöhe vor, mit der klassischen high- noon- Szene beim legendären Super Bowl in Form von Werbespots. Mit dem gleichen Enthusiasmus verbraten Sie heute Biden, nachdem die beiden anderen „heißen Kandidaten“ bereits das Feld räumten. Biden ist alt, und noch schlimmer, er wirkt auch so. Seine persönlichen Schicksalsschläge sind natürlich schwer zu verkraften, aber diese angebliche Ehrlichkeit, die Biden auszeichnen soll, die müssen Sie näher erklären! Der Vater war Autoverkäufer? Na, da kann Biden aber nur mit sehr viel persönlichem Engagement zu seinem riesigen Vermögen gekommen sein, und diesen Fleiß hat er offensichtlich seinem Sohn vererbt, der soll in der Ukraine auch ganz hart gearbeitet haben. Der ist offensichtlich genauso ehrlich wie der Vater!

Stefan Riedel / 06.03.2020

Wollen Sie Olaf Scholz beleidigen? (geht das überhaupt?). Joe Biden (    ). So beginnt Alzheimer. Und dann sein Sprössling ” Hunter Corrupt Crack -Smoker…”.

Heiko Engel / 06.03.2020

Und im Himmel ist Jahrmarkt, Herr Weimer. Biden kommt also noch vor dem Nazarener. Ich verzichte darauf die Verfehlungen dieser Figur, auch und vorallem unter Obama, hier zusammen zu fassen. Die zur Verfügung stehende Zeichenanzahl ist nicht annähernd ausreichend. Aber träumen Sie beruhigt weiter von der wahren US - Demokratie. Kennen Sie eigentlich die KANZLERAKTE ?

E Ekat / 06.03.2020

Gefährlich für Trump könnte ein wirtschaftlicher Rückschlag der USA werden, aus den derzeit sich aufbauenden Konsequenzen der Corona-Krise.  Vor allem die jüngeren Amis sind kaum klüger als unsere Greta- Generation.  Aber man soll nicht alles zu negativ sehen, der Anteil der übergewichtigen Bevölkerung wird stark rückläufig werden.

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