Archi W. Bechlenberg / 26.07.2020 / 06:20 / Foto: A.Bechlenberg / 63 / Seite ausdrucken

Der Marx hat seine Schuldigkeit getan

Wo wir gerade beim Umbenennen von Straßen sind: Es gibt in Deutschland mehr als 480 Karl-Marx-Straßen, -Plätze und -Alleen. So benannt zu Ehren eines Mannes, der nicht nur ein übler Antisemit war, sondern auch die ideologischen Voraussetzungen für einige der größten Massenmorde der jüngeren Geschichte geschaffen hat. Von den zahlreichen Karl-Marx-Schulen ganz zu schweigen.

Nicht alle dieser Karl-Marx-Stätten blieben, bis heute unangetastet, in der früheren DDR liegen; viele findet man auch in den alten Bundesländern. Was dieser Name im Westen zu suchen hat, ist gänzlich unverständlich, notfalls durchgehen lassen könnte man das höchstens in Trier, andererseits gibt es im rheinischen Rheydt auch keine Josef-Goebbels-Allee. Selbst im vom Kommunismus so gut wie nicht kontaminierten, ganz im Westen liegenden Aachen gibt es eine Karl-Marx-Allee; sinnigerweise befindet sie sich im Südviertel der Stadt, dessen Proletariats-Anteil an der Bevökerung gegen Null gehen dürfte. Gerade las ich zwar in der Aachener Lokalpresse die Überschrift „Stadt beklagt Murks an der Karl-Marx-Allee“, gemeint damit ist aber nicht etwa eine schwierige Neu-Namensfindung, sondern bloß eine ungeklärte Immobilienfrage.

Im Laufe von mehr als 30 Jahren wäre vor allem im Osten genug Zeit und Grund gewesen, dieses Relikt des real existierenden Sozialismus verschwinden zu lassen, schließlich hatte man dort reichlich Erfahrung mit der Lehre des ersten und obersten Gespenstes, das durch die Welt marodierte. Lenin, Stalin, Mao, Castro, Pol Pot, Walter, Erich und die Dynastie aus Nordkorea sind nur einige der Figuren, die dem Marxismus so richtig Gestalt gegeben haben. Von ehemaligen Stasi-Schranz*n, die bis heute ihre roten Finger überall drin haben, ganz zu schweigen.

Mein Vorschlag zur Güte

Ich halte die Umbenennung von Straßen, erst recht, wenn sie auf ausgesprochener Blödheit basiert (Stichwort „Mohren“), zwar für den gleichen Gaga-Stuss wie Gegendere in Wort und Bild, aber was das Abschaffen von kommunistischen Relikten angeht, lasse ich gerne mit mir reden. Und habe auch einen praktikablen Vorschlag, wie sich das umsetzen lässt: Alle 480+ Bezeichnungen können gerne den Familiennamen Marx behalten. Karl allerdings kommt weg und wird durch Groucho, Chico und Harpo ersetzt. Vielleicht finden sich auch noch ein paar Gässchen, die für Zeppo und Gummo zur Verfügung stehen dürfen.

Was nicht jeder weiß: Die Marx Brothers haben ihre Wurzeln in Deutschland, ihre Familie stammt aus dem Ostfriesischen, von wo sich Mutter Minnie Schönberg (1865-1929) um 1881 nach New York aufgemacht hatte, wo sie Simon Samuel Marx (1859–1933) ehelichte, einen elsässischen Nichtsnutz, der weder als Tanzlehrer noch als Schneider noch als Regenschirmreparateur genug ins Haus brachte, um seine Sippschaft zu ernähren. Der Bezug zu deutschen Landen ist demnach gegeben. Minnie und Sam brachten innerhalb weniger Jahre fünf Knaben zur Welt (eigentlich sechs, aber der Erstgeborene Manfred Marx wurde nur drei Jahre alt).

Leonard „Chico“ Marx (1887–1961), Adolph Arthur „Harpo“ Marx (1888–1964), Julius Henry „Groucho“ Marx (1890–1977), Milton „Gummo“ Marx (1892–1977) und Herbert „Zeppo“ Marx (1901–1979) waren, da Simon Samuel keine Kohle ins Haus brachte und es kein freigiebiges Ausländeramt gab, bereits im jugendlichen Alter erwerbstätig, sei es als Kleinganoven, sei es im Showbusiness, mit liebenswerter Unterstützung ihrer Mutter, die die unterhaltenden Talente der Trabanten schnell erkannt hatte. „Minnies Plan war ganz einfach: Sie wollte […] ihre fünf Söhne zu erfolgreichen Bühnenstars machen“ erzählte Sohn Harpo, der entgegen seiner Bühnen- und Filmerscheinung durchaus des Sprechens mächtig war.

Warum soll ausgerechnet Marx verschont bleiben?

Den Namen Marx verbindet man also keineswegs nur mit dem Trierer „Aufreizer zur Rebellion“ und auch nicht mit einem rundlichen Erzbischof und Kardinal, sondern mit zumindest drei munteren Männern, die der Welt unendlich viel Humor und Freude geschenkt haben. Keinen von ihnen findet man in einer Reihe mit Massenmördern, keiner von ihnen hat den Grundstein für eine von Unterdrückung und Menschenverachtung geprägten Ideologie gelegt. Und keinem von ihnen musste Väterchen Stalin posthum beistehen, damit der unehelich gezeugte, ins Abseits geschobene Marx-Sohn Henry Frederick (1851–1929) aus den Archiven verschwinden konnte. Wobei das Fremdgehen mit Dienstmädchen Helena Demuth (1820–1890) unter allen Schandtaten Karl Marxens gewiss noch das Harmloseste gewesen sein dürfte.

Allgemein stehen in Deutschland seit geraumer Zeit Straßennamen auf dem Prüfstand. Heinrich von Kleist, Christoph Kolumbus, Erich Kästner, Arthur Schopenhauer, Robert Koch, Gustav II. Adolf und Franz Josef Strauß gehören zu den Namensgebern, die auf einmal aus den Stadtbildern verschwinden sollen; letzterer übrigens, weil er einst in Afrika auf Antilopenjagd war. Nur am Chefideologen des Kommunismus stört sich offenbar niemand.

Warum soll ausgerechnet Marx von der Straßenstürmerei verschont bleiben? Weil er eine Art Philosoph war? Davon hatte es in Deutschland nicht wenige, keiner von denen ist auch nur ansatzweise so üppig als Namensgeber vertreten wie der Urvater des Kommunismus. Schopenhauer? Schafft gerade mal 117, wobei Johanna und Adele schon mitgezählt sind. Nietzsche? 42 Straßen und Plätze. Leibniz? Exakt halb so viel wie Marx. Georg-Friedrich-Hegel? Ganze zwei. Ludwig Feuerbach? Neun. Max Stirner? Eine Straße. Hannah Ahrendt? 44, davon 12 Wege. Martin Heidegger 12. Richard David Precht? Wird schon noch. Um mal wieder auf eine höhere, dreistellige Zahl zu kommen, muss man schon Marxens Genossen Engels bemühen, den ehren immerhin 222 Straßen und Plätze.

480 Gemeinden können etwas für ihr Image tun

Fest steht: Weder Marx noch Engels haben der Welt unvergessliche Komödien hinterlassen. Kann man sich zwischen ihnen etwa einen solchen Dialog vorstellen?

„Denkst du, die Leute werden es lustig finden?“

„Sie werden sich nass machen!“

„Ja, aber finden sie es auch lustig?“

(Groucho und Chico)

Ich plädiere aufs Energischste: Karl Marx wird nicht weiter mit Alleen, Straßen, Plätzen und Schulen geehrt; es gibt würdigen Ersatz, schön über die Republik verteilt. Eine Groucho-Marx-Allee in Aachen, einen Chico-Marx-Platz in Bautzen, eine Harpo-Marx-Straße in München. 480 Gemeinden können etwas für ihr Image tun, und wenn die nicht reichen, geht es eben den Engels-Domänen an den Bart.

Natürlich ist mir klar: Meine Stimme dürfte angesichts der aktuell in Ganzdeutschland betriebenen Politik ungehört verhallen. Schließlich gerieren sich tagtäglich zutiefst ergebene Nachfolger der Marx'schen Ideologie als Hüter der öffentlichen Ordnung, der Meinungsfreiheit und der politischen Korrektheit. Die werden kaum an ihre Säulenheiligen Sacco und Jacketti rühren lassen.

Dennoch: Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Und präsentiere noch einen Kompromissvorschlag. So wie Julius, Arthur und Leonard Marx ihre Spitznamen hatten, so besaß auch Karl Marx einen solchen. Im Freundes- und Familienkreis wurde er „Mohr“ genannt. Mohr-Marx-Straße, das könnte mir gefallen.

Foto: A.Bechlenberg

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aaron treppe / 26.07.2020

Sie wissen es vermutlich selber, aber die meisten Strassen dürften für seine Verdienste als Wirtschaftswissenschaftler nach Marx benannt worden sein. Ausserdem steht doch klar bei Marx, dass der Kommunismus erst nach dem Ende des Kapitalismus entstehen kann, weswegen der Osten und auch China weder kommunistisch waren oder sind, da sie mehrere Stufen überspringen wollten, also vom Feudalstaat direkt zum Kommunismus, weswegen man sich eigentlich nicht auf ihn berufen konnte , ausserdem wurden überall dort wo die angeblich kommunistischen Staaten entstanden die Menschen vorher wie Hunde gequält, sollte man vielleicht auch nicht vergessen. Ich bin komplett gegen diese ganze Umbenennerei und Denkmalsschleiferei, es sind doch sowieso heutzutage für 95 % der Menschen Mahnmale und Zeichen, wie weit man sich von schrecklichen Ideen der Vergangenheit gelöst hat. Ausserden müssten dann die Strassen beim nächsten Wechsel der Deutungshoheit wieder umbenannt werden. Zum Thema Deutungshoheit, niemals hätte ich gedacht, dass die von uns in den 70/80 erlebte rechte Deutungshoheit weit weniger schlimm war, als das was RRG und ihre Medien heutzutage abziehen, eine entsetzliche Enttäuschung und brandgefährlich obendrein.

Friedrich Richter / 26.07.2020

Der Sachse nimmt solche Umbenennungsorgien mit Humor. Bestes Beispiel ist die Adolf-Südknecht-Strasse in Leipzig. So was geht immer nach hinten los.

Steffen Huebner / 26.07.2020

Die vielen Karl- Marx- Straßen sind doch noch gar nichts, die sind wenigstens noch zählbar. In paar Jahren wird es, vor allem im Westen,  unzählige Angela- Dorothea- Merkel- Straßen geben - was dann?

armin_ulrich / 26.07.2020

Gut, dann die Umbenennung aller Karl-Marx-Straßen in Harpo-Marx-Straßen. Dieser hat wenigstens als Bühnengestalt nichts gesagt, also auch nichts ideologisches.

Volker Kleinophorst / 26.07.2020

Sind Straßen nicht weißer Kulturimperialismus? Müssen weg. Unterdrückerisch. Schreiben die Richtung vor.

Wolf Hagen / 26.07.2020

Nun ja, Kommunisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie dumm und meist verrückt sind, neben bigott natürlich. Sie zerstören immer die Staaten und Strukturen, von denen sie in parasitärer Weise leben. Einen funktionierenden Gegenentwurf haben sie nicht und weil sie dumm und ungebildet sind, vergessen sie, was die Stalins, Maos, Lenins und Honeckers die Welt gelehrt haben. Ähnliches gilt übrigens auch für Nationalsozialisten und Gottesstaatler. Das einzige was wirklich funktioniert, ist eine demokratische und soziale Marktwirtschaft. Wem es nicht passt, der sollte gehen und sich in China, Nordkorea, Iran oder wo auch immer, nur nicht eben hier, ansiedeln. Leider ist unsere alte, westliche Welt nicht mehr wehrhaft genug und immer weniger aufgeklärt, um sich gegen all das Extremistenpack wirksam zu schützen. Den Schlussstrich werden hier Glücksritter, Antisemiten und religiöse Irre aus dem Morgenland und Afrika ziehen. In den ehemals deutschen Großstädten sind sie ja schon in der Mehrheit. Aber auch die Deutschen mit M-Hintergrund, die sich wirklich vorbildlich der ehemals deutschen Gesellschaft angepasst haben, Steuern zahlen und denen man nichts vorwerfen kann, wird ihr M-Hintergrund nichts nützen, sie werden mit der autochthonen Bevölkerung verschwinden. Am Ende wird es hier aussehen und zugehen, wie in der Dritten Welt. Aber wenigstens wird man dann zu Fuß problemlos von der Karl-Marx-Allee über die Hutu- und die Tutzi-Street zur Anis-Amri-Koranschule gelangen, um sich später Hilfsgüter auf dem Erdogan-Platz, vom Roten-Halbmond, abzuholen.

Andreas Rochow / 26.07.2020

Der Antikommunismus ist heute verpönt oder verdächtig, den deutschen Exportschlager und die siegreiche Weltrevolution - heute UN - nicht in Misskredit zu bringen. Vor ca. 20+ Jahren veranstaltete das öffentlich-rechtliche Fernsehen ein Ranking der “Größten Deutschen aller Zeiten”. Abgesehen davon, dass es heute die Unbefangenheit eines solchen Titels nicht mehr gäbe, ging die spannende Sendung mit dem klaren ersten Platz für Karl Marx aus. - In meiner Landeshauptstadt heißt die Karl-Marx-Straße seit der Wende wieder Breiter Weg.

Arnold Warner / 26.07.2020

Herrn Robert Bauers Vorschlag, die Berliner Dutschkestr. in “Rufus-T.-Firefly-Allee” umzubenennen, ist grandios. Sicher finden sich noch weitere Straßen, die großen Figuren aus der Marx Brothers Welt gewidmet werden können. Warum nicht die Rigaer Straße zur “Dr. Hackenbush Straße” machen? Der war bekanntlich Tierarzt (“Ich muss gestehen, ich bin nur ein Pferdedoktor. Aber wenn du mich heiratest, schaue ich nie mehr ein anderes Pferd an!”) und kannte sich bestimmt gut mit Zecken aus.

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