Gestern hatte ich hier einen Text von Thea Dorn postiert,
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/thea_dorn_what_is_like_to_be_an_enlightenment_fundamentalist/
einen Artikel, den sie vor drei Jahren im Wall Street Journal Europe veröffentlicht hat, und in dem es um eine Polemik gegen die Erfindung des „Fundamentalismus der Aufklärung“ ging. Dieser Begriff war und ist bekanntlich auf die Gegner des Islamismus gemünzt. Inzwischen nennt man sie unter Linksliberalen sogar Islamophobe.
Nun weist mich ein Leser zu Recht darauf hin, dass Timothy Garton Ash, der Erfinder des Begriffs des „Fundamentalismus der Aufklärung“, diesen seinen Vorwurf an Ayaan Hirsi Ali zurückgenommen habe. Und zwar in einer Fußnote eines neuen Buches, in dem seine Essays der letzten zehn Jahre versammelt erscheinen. In dieser Fußnote begründet er seine Rücknahme des Begriffs mit der Gefahr der Symmetrie zum islamischen Fundamentalismus, die man aus der Formulierung herauslesen könne, und das habe er so nicht ausdrücken wollen.
Das wird so sein, aber warum nur eine Fußnote? Kann man mit einer Fußnote einen Begriff, der inzwischen in den öffentlichen Debatten auf Erfolgstour geht, aus der Welt schaffen? Nein, man kann es nicht. Begriffe lassen sich in die Welt setzen, aber nicht aus ihr wieder entfernen.
Auch jetzt, angesichts des Attentats auf den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard, geht es um nichts anderes als vor drei Jahren, und schon weit davor, in der Rushdie-Affäre. In all diesen Auseinandersetzungen geht es nicht um unser Verhalten, um das Verhalten der Europäer, wie man gerne unterstellt. Es geht nicht darum, ob wir unseren Kulturbegriff relativieren lassen und den erklärten Feind der Bürgerfreiheit zu beschwichtigen suchen, es geht nicht um Details, es geht ums Ganze.
Es geht nicht darum, die Meinungsfreiheit im Namen der Vernunft zu beschränken, um der Religionsfreiheit den Vortritt zu geben. Es geht vielmehr um die Achtung oder Missachtung unserer gesellschaftlichen Institutionen durch eine politische Religion. So gesehen, hat der Islam sich vor der europäischen Staatsraison zu beugen. Er hat die Unabhängigkeit der Rechtsprechung anzuerkennen und den Einzelnen mit seinen aufgrund der Bürgerrechte eingegangenen Optionen zu akzeptieren. So einfach könnte es sein. Würde man nicht ständig den Dialog ausrufen, so wie man auf dem Kindergeburtstag das Spielzeug auspackt. Immer mehr Spielzeug.