Nach der Lektüre der Leserbriefe: es geht nicht um das Wort “Anstand” an sich, sondern darum wofür und von wem es verwendet wird.
Also, irgendwie sehe ich nicht, was “Anstand” damit zu tun hat, ob jemand in der Wehrmacht, Waffen-SS, oder auch in der SS war. Selbst eine NSDAP- oder SED-Mitgliedschaft hat nichts mit “Anstand” oder dessen Abwesenheit zu tun. Mir fallen zig mögliche Gründe ein, aus welchen Gründen jemand diesen Organisationen beigetreten sein kann, die keine Charakterschwäche sind. Ebenso denke ich, dass die Menschen der Gegenwart ständig Dinge tun und Entscheidungen treffen, die dem subjektiven Verhalten der Mitglieder der vorgenannten Gruppen entsprechen. Es ist müßig, die Vergangenheit zu verurteilen, und jetzt, wo mehr und andere Informationen verfügbar sind als früher, zu sagen, dass das alles schlechte Menschen waren. Die Leute hatten aber andere Informationen als wir sie haben, und haben auch deshalb anders entschieden. Man kann nur anhand der Informationen entscheiden, die einem zugänglich sind. Würde man kategorisch alles verurteilen, was dazu geführt hat, dass jemand in der Wehrmacht, SS, Waffen-SS gelandet ist, besteht jede moderne Gesellschaft nur aus schlechten Menschen, ganz gleich, in welche Richtung diese sich bewegt. Zudem halte ich es für idiotisch, zu denken, ein Adolf Hitler könne ein Wort diskreditieren. Das Wort “Anstand” hat eine Bedeutung, und sollte gebraucht werden, wenn man diese Bedeutung ausdrücken möchte. Alles Andere wäre Neusprech im Orwellschen Sinne. Klassischerweise bedeutet Anstand, dass man sich einigermaßen höflich und nicht unfair verhält, niemandem zur Last fällt, und Handlungen vermeidet, die Anderen einen Grund geben, zu denken, es wäre besser, man wäre nicht da. Mir ist klar, dass sich die Welt in eine andere Richtung bewegt, aber die beschriebene Bedeutung war vor, während, und auch nach Hitler relevant. Rede- und Denkverbote sind prinzipiell unanständig, und sollten mit allen Mitteln bekämpft werden, ganz gleich, welchen Zweck sie vorgeblich verfolgen.
“Sein Bezugspunkt ist die öffentliche oder die veröffentlichte Meinung” - Das war im Dritten Reich so und das ist heute so. - Der Dödel bleibt ein Dödel und er frisst was man ihm vorsetzt. - Und der Dödel hat so lange bei Campinos guter Musik geklatscht, dass er jetzt automatisch klatscht bei allem was Campino sagt… Simpel, bemitleidenswert, “menschlich”!
Der Anstand gebietet. Kant war so anständig, bloß die Religion-nicht aber die Regierung zu kritisieren. Die Regeln des Anstands, wie z. Bsp. das letzte Stück Kuchen nicht in sich hineinstopfen, mögen schöner Schein sein, aber sie bildeten einmal unseren way-of-life, sie waren das Pendant zur französischen Contenance, bis das kuchenvertilgende Monstrum aus Braunau die Willfährigkeit ausnutzte, die der Anständigkeit innewohnt. Die Kirche half mit, denn Frömmigkeit und Anstand liegen ja nicht weit auseinander. Das Problem liegt in der Verführbarkeit, denn diese hat den Anstand korrumpiert, er bleibt aber dennoch ein Wert. Das Ritual des Kuchenessens, sollte daher mit Gebeten begleitet sein, die uns ermahnen, nicht gefräßiger als das jeweilige Staatsoberhaupt aufzutreten.
Lieber Herr Detering, das Aufziehen eines neuen Totalitarismus hat fürwahr mitunter schrillspießige Vorboten. Neulich erfuhr ich von eifrigen Lehrern, die mit ihren Schülern antirassistische Demos für eine bunte vilefältige Gesellschaft veranstalten. Damit aus ihnen eben ‘anständige’ Menschen werden. In Wahrheit haben solche Lehrkräfte von Liberalität und Demokratie wirklich nichts verstanden. Die Demokratie als oberstes Prinzip hatte in Deutschland schon iimmer einen schweren Stand. Es gab in den letzten 200 Jahren fast immer eine Gruppe, die sich als moralisch berechtigt wähnte, zu den besseren zu gehören und sich so berechtigt fühlte, zu führen. Die Demokratie war und ist da immer nur Mittel gewesen und musste aus der Perspektive dieser Gruppen auch nie die Grundlage unseres politischen Zusammenlebens bilden. Als die Grünen anfingen, galt ihnen das Prinzip der Basisdemokratie. Heute will kaum noch ein Grüner mehr Volksabstimmungen auf Bundesebene. Denn wenn sich die Minderheit mit ihrer Agenda oben wähnt, wird Demokratie zur Gefahr für die eigene Agenda. Dann gilt das Volk eben als dumm und muss vom Expertentum regiert werden. Denn der Experte weiß und der Bürger ist unwissend. Der Experte wird bestellt und es kommt nur der zum Zuge, der der Agenda folgt. So bilden Expertentum und Politik einen Ringschluss. Der sogenannte Spießer ist letztlich nur der, der sich dieser Logik fügt oder sie befördert. Kommt Gefühlsüberzeugung dazu oder die Hoffnung auf Vorteile, wird es ganz eklig. Und wenn Campino eine Helene Fischer öffentlich auffordert, gegen die AFD zu agitieren, entspricht das der von Ihnen oben beschriebenen Praxis in der DDR: ‘Sag mir wo du stehst’.
Also mir geht es auf den Sack, daß ich darauf achten soll oder sogar muß, bloß kein einziges Wort zu gebrauchen, das die Nazis mal verwendet hatten. Ich bin kein Nazi, sondern beanspruche für mich das Freidenkertum. Ich bin Deutscher, also will ich auch jedes Wort dieses Sprachschatzes benutzen können dürfen, ohne allein wegen eines Begriffes willen verdächtigt zu werden. Es sollte stets auf den inhaltlichen Zusammenhang ankommen, wie ein Wort gemeint war oder ist. Für mich sind diese Sprachregelungen Bestandteil der verlogenen politischen Korrektheit.
@ Matthias Popp. Die Argumentation stützt ihren Einwand keineswegs. Der real existierende politmediale Komplex lanciert sehr wohl eine neue Begrifflichkeit und liefert gleich die verbogene Semantik mit! Viktor Klemperer hat bemerkenswert gründlich in seinem Buch “Lingua tertii Imperii” (LTI) dargestellt, wie das geht. Selbstverständlich gibt es heute immer mehr Worte, die den Diskurs vergiften und unmöglich machen sollen und solche, deren Gebrauch man am besten meidet! Beispiele gefällig? Familie, Vater - Mutter - Kind, Heimatliebe, Heimat, Schwarzrotgold, Nation, Landesverteidigung, Patriot, Wehrpflicht, Volkstanz oder das geflügelte Wort vom “kleinen Unterschied”, das mit großem Getöse von einer Fake Wissenschaft bekämpft wird! M.E. bedenkliche Vorpostensymptome einer schweren Systemkrankheit, die nicht nur Theologen und Philologen auffallen und Grund zur Sorge sein müssen.
Wenn diese Menschen in der Lage wären, Geschichte zu verstehen und gesellschaftliche, wirtschaftliche Prozesse zu durchdenken, müssten sie eigentlich zu der Erkenntnis gelangen: Herr Andreas Frege (Campino) würde in einem wie auch immer gearteten linksorientierten, pseudosozialistischen Staat in einer runtergekommenen Hinterhofwohnung mit Klo halbe Treppe im Prenzlauer Berg wohnen, beim Fleischer eine Stunde anstehen, um am Sonntag mal ein Schnitzel auf dem Teller zu haben und in der Kommode würde eine Anmeldung für ein Auto mit 14 Jahre Wartezeit liegen. Einmal im halben Jahr ein Besuch bei seinen Kumpels von Feine Sahne Fischfilet im “Gelben Elend” in Bautzen. Die dort unter geistiger und schlagkräftiger Betreuung ihre Text neu durchdenken dürften. Große Freude, es wäre weiterhin erlaubt T-Shirts, in der DDR Nicki genannt, mit dem Antlitz des Mörders Che Guevara zu tragen. Mörder für die gute Sache, da sollte man nicht so kleinlich sein.
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