Manfred Haferburg / 10.11.2020 / 12:00 / Foto: Rama / 129 / Seite ausdrucken

„Ce n’est pas le moment“ – jetzt nicht, liebe Bundesregierung

Die Bundesregierung hat gerade mal wieder einen ihrer weisen Beschlüsse zur Rettung der Welt durch Deutschland auf den Weg gebracht, nämlich das „Einwegplastik“ verboten. Das sind Trinkhalme, Rührstäbchen für den Kaffee, Einweg-Geschirr aus konventionellem Plastik und aus „Bioplastik“ sowie To-go-Becher und Einweg-Behälter aus Styropor (der gleiche Stoff übrigens, der wegen der Dämmvorschriften tonnenweise an die Häuser geklebt wird). Das Bundeskabinett hat das gerade beschlossen, und jetzt braucht es der Bundesrat nur noch abzunicken, dann ist es durch und wird im Lande der Weltretter zum ehernen Gesetz.

In welcher Blase müssen Politiker leben, die so etwas während des Lockdowns beschließen? Die Webseite der Bundesregierung schreibt dazu: „Immer mehr Menschen konsumieren Essen außer Haus oder lassen es sich liefern. Einen Kaffee 'to go', ein Schnitzel oder asiatische Nudeln in der Styropor-Box – ausgetrunken, aufgegessen, Verpackung weggeschmissen. Das ist bequem, aber wir verursachen damit immer mehr Müll.“ Dieser Satz strotzt nur so von Arroganz der herrschenden Elite gegen ihre Bürger. Gehören doch genau sie selbst zu den Menschen, die ebenfalls Essen außer Haus konsumieren und dann die „Verpackung wegschmeißen“.

Die Bundesregierung verbietet das Material, das den Leuten zum Essen außer Haus dient, nachdem sie den Verzehr in Gaststätten untersagt hat. Ist in der politischen Blase in Berlin nicht bekannt, dass in Deutschland Plastikabfälle nicht einfach in die Weltmeere geschmissen werden, sondern von den meisten braven Bürgern im gelben Sack gesammelt und einer geordneten Verwertung zugeführt werden? 

Mancher Gastronom überlebt mehr schlecht als recht die von der Regierung verordnete Zwangsschließung seiner Gaststätte dadurch, dass er Essen außer Haus verkauft. Soll er seine Gerichte künftig in die Alpenprawda wickeln, wie es einst in England mit Fish and Chips geschah? 

Brutal die letzte Luft zum Überleben abwürgen

Was ist mit den Kellnern, Friseuren, Yogatrainern, Masseuren, Kleinkünstlern und Sonstigen, denen die Regierung die Ausübung ihres Berufes untersagt hat und die jetzt als „Essensboten“ mit ihrem Fahrrad den eingesperrten Bürgern das Restaurantessen an die Wohnungstür liefern, um sich damit ein schmales Auskommen zu ermöglichen? Sollen sie den Hackbraten mit Soße und Gemüse direkt in ihre Thermotransporttaschen kippen? Die Politiker bedenken in ihrem Elfenbeinturm offenbar nicht, wem sie da brutal die letzte Luft zum Überleben abwürgen. Nämlich denjenigen, die sich am striktesten an die Regeln der Gängelung gehalten haben.

Es gibt alle möglichen Gründe, nicht selbst zu kochen, in die sich Politiker nicht hineinversetzen können. Es gibt Menschen, deren einziger gesellschaftlicher Kontakt darin besteht, dass sie irgendwo in einer Gaststätte ein bescheidenes Mittag- oder Abendessen einnehmen. Ich kenne einen Witwer, dem es so geht. Die Frau ist ihm weggestorben, als er 83 war. Er hat nie kochen gelernt, er will es auch nicht mehr. Denn in seiner kleinen Kneipe trifft er den einen oder anderen Leidensgenossen zu einem Schwätzchen. Das darf er jetzt nicht mehr. Doch nun will ihn die Politik noch zu kaltem Dosenfutter verdonnern. Auch wenn sich Politiker das nicht vorstellen können, es gibt Leute, die in ihrer bescheidenen Bleibe keine funktionstüchtig eingerichtete Küche haben, und daher gar nicht kochen können. Nicht jeder verdient mehr als 10.000 Euro im Monat als „Abgeordneten-Diät“. 

Politiker gefallen sich darin, Probleme zu lösen, die sie erst selbst geschaffen haben und von deren Krampflösungen sie selbst nicht betroffen sind. So bleibt die Kantine des Abgeordnetenhauses Berlin offenbar nur für externe Gäste geschlossen. Auf deren Webseite heißt es

„Bitte beachten Sie: Da der Zugang zu unserem Haus derzeit stark eingeschränkt ist, ist auch der Besuch der Kantine ist für externe Mittagsgäste zunächst bis 31.12.2020  nicht möglich. Vielen Dank für Ihr Verständnis!“ 

Das bedeutet wohl, dass die Abgeordneten von richtigen Tellerchen mit richtigen Löffelchen essen können und kein Plastikgeschirr brauchen, Frühstück 8 bis 11 Uhr, Mittagstisch von 11:30 bis 14:15 Uhr. Bon Appétit.

Das dicke Ende kommt im nächsten Jahr 

Ich wollte kürzlich in einer Autobahnraststätte einen Espresso trinken. Es gab eine wunderbare italienische Kaffeemaschine und hübsche kleine Porzellantässchen. Es gab auch einen Geschirrspüler unterm Tresen. Doch dann nuschelte die Servicekraft durch den Mund- und Nasen-Schutz, dass sie die Porzellantässchen „wegen Corona“ nicht benutzen dürfe und servierte mir den Espresso in einem diese widerlichen Pappbecher. Ja, was denn nun, liebe Politiker?

Doch das Plastikgeschirr-Verbot mitten im Lockdown ist nur ein Bespiel, wie unüberlegt die Politik in Deutschland handelt. 

Das dicke Ende kommt im nächsten Jahr. Durch die Corona-Politik rollt 2021 die größte Wirtschaftskrise nach dem 2. Weltkrieg auf Deutschland zu. Es wird hunderttausende Pleiten mit zerstörten Lebenskonzepten geben, vielleicht Millionen neue Arbeitslose, und es wird zur Inflation kommen. Das wird zu einem erheblichen Absinken des Lebensstandards führen, bis hin zur Verelendung tausender unschuldiger Menschen. Von den sozialen Verwerfungen gar nicht zu reden.

Und was tut die Politik – außer Geld drucken? 

Die deutsche Regierung führt zur Rettung der Welt am ersten Januar 2021 eine CO2-Steuer ein – mitten in der Krise. Da dies andere Länder nicht machen, verschafft die Politik den ohnehin schon angeschlagenen deutschen Unternehmen einen geharnischten Wettbewerbsnachteil und greift den gebeutelten Verbrauchern noch tiefer in die ohnehin schon leeren Taschen. Svenja Schulze sagt: „Ein gerechter CO2-Preis ist möglich“. Na dann…

Was bedeutet das für die Industrie und Verbraucher, eine CO2-Steuer? Bisher läuft das stark unterhalb des öffentlichen Radars, das ausschließlich auf Corona-Panik fokussiert wird. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Es ist der Politik erstmalig gelungen, die Luft zu besteuern. Am 20. Mai 2020 hat die Bundesregierung beschlossen, dass der Preis für eine Tonne CO2 ab Januar 2021 zunächst 25 Euro beträgt. Bis zum Jahr 2025 soll der Preis jedoch schrittweise auf bis zu 55 Euro steigen. Auch 180 Euro waren schon über den nach oben offenen Preisideen zur Klimarettung im Gespräch. 

Dadurch werden am 1.1. 2021 erst mal Benzin und Diesel teurer. Das macht pro Tankfüllung bis zu zehn Euro aus, 2025 sind es schon 20 Euro. Die Leute sollen eben auf Elektroautos umsteigen. Doch auch Strom wird teurer, wie könnte es in der Energiewende anders sein. Damit die Verbraucher das nicht so merken, soll der Strompreis mit steuerlichen Entlastungen gestützt werden – rechte Tasche, linke Tasche für die Steuerzahler. Allerdings fürchte ich, dass die steuerliche Stützung den Strompreisanstieg nur für eine kurze Zeit unterbrechen kann, denn die Energiewende geht ja weiter voran und plant eine Verdoppelung der Windräder und Solaranlagen, genauso wie den weiteren, gigantisch teuren Netzausbau. 

Es wird sich keiner trauen aufzumucken

Aber auch Gas und Heizöl werden teurer. Im Jahr 2025 kostet die neue CO2-Steuer eine Familie, die mit Gas heizt, 270 Euro pro Jahr mehr, bei Öl wird’s noch teurer. Sollen die Leute sich doch eine modernere Heizung kaufen, meinen Svenja Schulze und die FFF-Kinder.

Eigentlich wird durch die CO2-Steuer wohl alles teurer, vom Frühstücksbrötchen bis zur Urlaubsreise, da ja ohne Energieeinsatz nichts produziert und bewegt werden kann und die Unternehmen die höheren Preise weitergeben müssen. Die Teuerung ist durch die vorgesehene jährliche Steigerung des CO2-Preises progressiv. Eigentlich ist die „CO2-Bepreisung“, wie es verniedlichend heißt – aus Verbrauchersicht nichts weiter als eine zweite, ständig steigende Mehrwertsteuer auf die schon Bestehende obendrauf. Insgesamt gilt für die CO2-Bepreisung: Wer ohnehin schon wenig verdient, macht mehr minus, weil er keine der sogenannten „Vergünstigungen“ absetzen kann.

Wenn jemand in Frankreich etwas sehr, sehr Unpassendes tun will, etwas, das absolut nicht in die Situation passt, dann heißt es „Ce n’est pas le moment“. Das sagt die Frau des Hauses mit sehr bestimmten Gesichtsausdruck, wenn der Ehemann im Rotweinüberschwang bei der Party mit Freunden seine Lieblingsfilmchen aus dem ehelichen Schlafzimmer vorführen möchte. 

Die Wähler sollten den Deutschen Politikern zu ihren Weltrettungsplänen mitten in Corona-Krisenzeiten Plastikverbot und CO2-Steuer mit dem gleichen Gesichtsausdruck sagen: „Liebe Bundesregierung, „Ce n’est pas le moment“. Nur, es versteht ohnehin kaum einer, was da gerade läuft. Und ich fürchte, daher wird sich keiner trauen aufzumucken. Ein guter Deutscher rettet die Welt, auch um den Preis der eigenen Verelendung. 

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Leserpost

netiquette:

Dr.Jürgen Kunze / 10.11.2020

Wie herrlich! Dann kann man ja erst einmal keinen PCR-Test mehr machen!

Jörg Themlitz / 10.11.2020

@Detlef Dechant, Eier schaukeln, “statt Nüsse schaukel”, hätte alle, wirklich alle ohne gendern einbezogen. Darüber hinaus bin ich zu 100 Prozent bei Ihnen. Da draußen laufen rum, falsch, da drinnen hocken jede Menge El Wichtigs, die den halben Tag damit ausgelastet sind, ihren Arbeitsplatz zu Lasten anderer zu sichern.

Richard Kaufmann / 10.11.2020

@M. Courelle: Trump wurde gewählt und er wird betrügerisch beiseite geschoben. Unsere Lefzenkanzlerin wählt mur noch eine Minderheit, sie klebt aber am Kanzlerstuhl. Schwer vorstellbar, dass es etwas Schlimmeres als die Merkel gibt.

E Rabung / 10.11.2020

Was ist denn die Definition von Einwegplastik? Die Tüte zum Beispiel in die das TK Hähnchen eingeschweißt ist, zählt das? Muss ich in Zukunft alles unverpackt auf die Hand nehmen oder ist das das goldene Zeitalter der Firma Tupper?

Lutz Herrmann / 10.11.2020

@Burkhard Mundt: Wenn man sich nicht mehr ausplündern lassen will, isses also “Neid”. Sehr schöne Wortwahl. Aber da spricht dann ja wohl der Zeitgeist. So, ich muss jetzt weg, Diesel tanken, solange der noch subventioniert wird. Na, wer hat’s gesagt? @Jürgen Keil: Wem habe ich es zu verdanken, dass ich dann keine Rente mehr zu erwarten habe, wenn ich ihr hohes Alter erreicht habe? Ein bisschen Undank muss schon erlaubt sein, solange die verantwortliche Generation noch unter uns weilt.

Peter Appel / 10.11.2020

@Dieter A. Graber:  Sie finden also Sippenhaft in Ordnung? Warum sollen 90% der ordnungsliebenden Bürger auf nützliche und hygienische Gegenstände aus Plastik verzichten, weil sich 10% Schmutzfinken nicht an die einfachsten Regeln halten? Ist das eigentlich ein deutsches Phänomen, dass mit dem Argument des Fehlverhaltens einiger Wenigen immer die Mehrheit der braven Bürger drangsaliert wird? Meines Wissens wird in Deutschland der weitaus größte Teil des Plastikmülls recycelt oder thermisch verwertet und ersetzt dadurch wertvolle Rohstoffe. Das ist längst nicht überall auf der Welt so. Warum wollen also ausgerechnet wir Deutsche immer mehr Verbote und Verordnungen, um die Welt zu retten? Ist es immer noch diese Hybris: “Am deutschen Wesen soll die Welt genesen”?

Gerd Heinzelmann / 10.11.2020

Erleben wir gerade die Transformation vom blinden Aktionismus zum mörderischen Aktionismus? Und ganz ehrlich: Was taugt ein Abitur, deren Absolventen glauben, daß der Strom nicht nur aus der, sondern auch von der Steckdose kommt? Eine dürfte sich auf jeden Fall die Hände reiben.

Jürgen Keil / 10.11.2020

Herr Lutz Hermann, ich bin auch so ein “staatsabhängiger, öffentlich-rechtlicher Kleingeist”. Ich bin einer der Rentner. Ich hoffe, Sie werden auch mal einer. Falls es sich noch nicht bis zu Ihnen herumgesprochen hat, eine kurze Belehrung: Bevor man Rentner wird, muss man in der Regel arbeiten. Wenn man arbeitet, und das habe ich 45 Jahre lang getan, muss man, auch in der Regel, in die Rentenversicherung einzahlen. Also meine Rente kommt nicht vom Staat, sondern über den Staat zu mir. Ich finde übrigens Steuererhöhungen absolut nicht gut, für CO2 gleich gar nicht, denn ich habe auch ein Auto und eine Gasheizung. Wie gesagt, ich wünsche Ihnen, dass Sie das Rentenalter erreichen. In der Regel ist man dann etwas weiser!

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