Rainer Bonhorst / 20.04.2021 / 17:00 / Foto: Imago / 51 / Seite ausdrucken

CDU entscheidet sich für Annalena Baerbock

Wie zu erwarten hat sich die CDU für den schwächeren Kanzlerkandidaten entschieden und damit – sozusagen als Freundschaftsvorleistung – die Chancen der grünen Kandidatin Annalena Baerbock deutlich erhöht.

Im eigenen Vorstand hat Armin Laschet zwar mit Mühe eine Dreiviertel-Mehrheit hingekriegt. Bei Umfragen unter Unionsanhängern aber kommt er laut ZDF-Politbarometer nicht mal auf die Hälfte der Stimmen, parteiübergreifend trauen ihm schlappe 29 Prozent das Kanzleramt zu. Damit kann er immerhin ein Prozent mehr für sich verbuchen als die Unionsparteien insgesamt mit ihren 28 Prozent bei der letzten Sonntagsfrage. Der Ehrgeiz der CDU bei den Wahlen im September scheint begrenzt zu sein. Wer braucht schon 30 Prozent oder mehr, wenn alle anderen weniger haben. Warum sollte sich die Union dem Ende der Volksparteien auf Dauer trotzig widersetzen?

Diesen Ehrgeiz hätte man demonstriert, hätten die CDU-Oberen die parteipolitische Nibelungentreue hinter sich gelassen und den CSU-Mann zum Kanzlerkandidaten gemacht. Mit über 60 Prozent bei allen Befragten und über 80 Prozent bei Anhängern von CDU und CSU und mit seinem Sturmspitzen-Charakter hätte er dem schlingernden Verein wohl einen neuen kräftigen Schub geben können.

Moderne Koalitionsehe führen

Ja, ja, Umfragen sind nicht alles, aber sie sind auch deutlich mehr als gar nichts. Vielleicht legt Laschet noch zu, weil er einfach netter ist als der schärfere Söder. (Und Rheinländer, nicht Franke.) Vielleicht legt er noch zu, weil er im Ringen um die Kandidatur genug Chuzpe entwickelt hat, um Söder zu auszubooten. Ob er allerdings als freundlich lächelnder Söderverhinderungs-Kanzlerkandidat die Wähler mitreißen kann, darf man bezweifeln.

Wie es scheint, stellt sich die Union darauf ein, demnächst ungefähr auf Augenhöhe mit den Grünen zu agieren. Von U-30-Prozent zu U-30-Prozent. Dies natürlich in der Hoffnung, dass der Armin der Annalena eine Nasenlänge voraus bleibt, und dass man dann als praktisch gleichberechtigtes Paar eine moderne Koalitionsehe führt. Laschet ist zwar eigentlich der FDP näher. Aber zu einer Kopie der rheinischen Koalition wird es im Bund nicht kommen, da in weiten Teilen der Republik liberales Gedankengut keine Heimat hat.

Sollen wir noch den Teufel an die Wand malen und Annalena Baerbock zur grünrotroten Kanzlerin machen? Also eine Fortsetzung des bisherigen schwarzrotgrünlichen Matriarchats durch eine Art Volksfront-Matriarchat? Dazu muss Frau Baerbock Herrn Laschet nicht mal überholen, was ja auch kein unmögliches Kunststück ist. Es müssten nur die beiden roten Varianten genügend Stimmen zusammenbringen, um die Grüne ins Amt heben zu können, wonach es bisher nicht aussieht. Aber aufatmen sollte man erst, wenn der Wahltag vorbei ist. Gemäß der Sepp-Herberger-Weisheit: Der Ball ist rund und ein Spiel dauert neunzig Minuten. 

Und wo bleibt Söder?

Hab ich was vergessen? Ja, die FDP. Die könnte der Grünen als Ampel-Partner dienen. In dieser Konstellation stehen Annalena Baerbocks Chancen deutlich besser, auch wenn sich die SPD immer näher an den Beliebtheitsmangel der Liberalen annähert. Ob sich die Gelben den Grün-Roten genauso verweigern würden, wie vor vier Jahren den Schwarz-Grünen? Spannende Frage.

Bis sie sich stellt, muss es heißen: Laschet oder Baerbock, das ist hier die Frage. Und da die CDU mit ihrem halbherzigen Ja zu ihrem lieben Laschet der grünen Kandidatin einen Freundschaftsdienst erwiesen hat, ist das für die nächsten Monate sogar die Frage aller Fragen.

Und wo bleibt Söder? Er wird mit einem Lächeln, das seine Augen nicht oder nur mühsam mitmachen, den schwachen Sieger unterstützen. Ob er so seine Bayern zur Begeisterung für den Rheinländer mitreißen kann? Eher nicht.

Auch das hilft Annalena Baerbock. Was spricht gegen sie, außer dass sie die inzwischen fest etablierte grüne Bevormundungspolitik verkörpert? Da ist noch die Kleinigkeit, dass sie außer dem bisschen Parteipolitik über keinerlei wirkliche Führungserfahrung verfügt, weder in einem Regierungsamt, noch in einem Unternehmen. Aber was macht das schon in einer Zeit, in der die Außenansicht alles ist? Als Frau hat sie einen politischen Attraktivitätsvorsprung, gegen den auch der fein plaudernde und erfahrenere Robert Habeck nichts ausrichten konnte, der nun als Markus Söder der Grünen seinen Dienst verrichten wird.

So ist nicht ganz auszuschließen, dass eine wenig geprüfte Annalena unsere in 16 Jahren streng gewordene Mutti ablöst, die ja auch mal als Mädle angefangen hat. Oder, wahrscheinlicher: Sie treibt als Laschets Partnerin den neuen Mann im Kanzleramt vor sich her, bis der eher liberale Rheinländer die erwünschte grüne Modefarbe annimmt. Dann hätten wir eine neue Mutti neben ihrem Armin, was, wie jeder klassisch Verheiratete weiß, genauso wirkmächtig ist.

Foto: Imago

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Leserpost

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Rolf Lindner / 20.04.2021

AUFRUF- Noch nie in jüngster Vergangenheit war so groß die Notwendigkeit, zu stürzen, was auf dem Throne noch sitzt, diesem Volk zum Hohne. - Doch schaut man sich um im ganzen Land, wer soll erheben zum Sturz die Hand? Nur Laschis weit und breit zu sehen, keiner, der will aufrecht stehen. - So günstig ist die Gelegenheit, zu stoppen die Unmündigkeit, in die sich das Volk begeben, als hätte es Furcht vor jedem Beben. - Wer könnte dieser eine sein, der endlich wirft den ersten Stein? Wer hat es in den Händen, das Merkeljoch zu enden? - Nur keiner, der von Merkels Gnaden, weiterführt den Pleiteladen. Sollt’ jemand sein, der sich traute, zu widersprechen der Horrorraute. - Sollte den miesen Verein verlassen mit Männern, die wie er es hassen, dass man sagt, sie wären zu weich, zu beenden Merkels Lügenreich.

Volker Kleinophorst / 20.04.2021

Wie locker Merkel das inszeniert hat. Ein “Interview” bei Will inkl. der Düpierung von Laschet und die CDU habe kein Anrecht auf die Kanzlerschaft, keine “Parteinahme” im Kakadu-Streit. Da hat sie es ihren Klatschhasen aber so richtig gegeben. Aber die CDU schluckt auch das.

Lutz Gütter / 20.04.2021

War es wirklich so erstaunlich, daß sich der CDU-Bundesvorstand für Laschet entschied? Der Mann ist immerhin Parteivorsitzender der CDU. Um es vorwegzunehmen, ich bin kein Wähler der CDU, aber diese Entscheidung macht für mich aus strategischen Gründen Sinn. Wenn sich der Vorstand gegen Laschet gestellt hätte, hätten die ihren eigenen Vorsitzenden demontiert und das im Wahljahr. Söder hätte das eigentlich wissen müssen. Ich denke, Laschet sollte man nicht unterschätzen. Der grinst zwar immer, aber das macht Xi Jinping auch und dem unterstellt keiner, er hätte seinen Laden nicht im Griff. Der gute Herr Laschet ist auch Machtpolitiker, sonst wäre er nicht da, wo er gerade ist. Auch daß Laschet CDU-Wähler vergrault, glaube ich nicht, die machen ihr Kreuz längst bei der AFD, weil die Merkel die vergrault hat. Also wo sollen sie denn hin? Zu den Grünen? Schwer vorstellbar, dann eher zu den Liberalen, was ja so schlimm auch nicht wäre. Mit Laschet gibt es die Chance auf ein konservatives Regierungsbündnis, wenn die Kanzlerin die Kandidatur nicht rückgängig macht, man kann ja nie wissen…

K. Schmidt / 20.04.2021

Die Mehrheit der Deutschen hat nicht eben viel politischen Verstand und ist manipulierbar wie sonstwas. Bei dieser Sache bin ich der CDU-Spitze ganz ausnahmsweise sogar dankbar. Wählen werde ich Laschet natürlich nicht.

Bernhard Freiling / 20.04.2021

Kann man so sehen, muß man aber nicht. ++ Angesichts der Wahlmöglichkeit hat sich die CDU für den Kandidaten entschieden, der m.E. die größere Chance besitzt. Wie ich darauf komme? Söders Maskengeschäfte in Verbindung mit der Firma seiner Frau. Söder hätte noch 2 oder 3 Monate den CSU-Strahlemann geben können - dann hätte die Medienmeute diese alte Sache, die bisher noch niemanden wirklich gerührt hat, zum völlig neuen Scoop aufgeblasen und Michel wäre voller Empörung drauf abgefahren. Aus wär’s gewesen mit dem Status der stärksten Partei und damit auch mit der Kanzlerschaft. Da Merz ja schon aussortiert wurde, scheint Laschet die letztverbleibende, noch Erfolg versprechende, Option zu sein. ++  Letztendlich alles Kaffeesatzleserei und eigentlich eh egal. Die AfD wird noch nicht mal Zünglein an der Waage sein können. Also bekommen wir schwarzlinks mit grünlinks oder umgekehrt. Vielleicht auch grünlinks mit rotlinks und linkslinks. Im Ergebnis immer R2G. In Anlehnung an das, was ein Mitforist vor einigen Wochen hier schrieb sag ich mal: “Das wird ein mittleres Wahlergebnis. Mit schlimmeren Folgen für das Land als das letzte aber besseren als das kommende”. ++ Wie meint der Kölner? “Et kütt wie et kütt”.

Rolf Lindner / 20.04.2021

Es gibt nur eine Lösung des Problems. Die Werteunion gründet eine eigene Partei und stellt Maaßen als Kanzlerkandidaten auf. Leider alles Weicheier.

Petra Wilhelmi / 20.04.2021

Herr Bonhorst, ich kann Ihnen nicht folgen. Natürlich hätte liberales Gedankengut in Deutschland auch eine Heimat, wenn es denn eine liberale Partei gäbe. Sie meinen doch nicht etwa, dass die FDP eine liberale Partei verkörpern würde. Sie ist ein linksgrüner Wurmfortsatz. Überall dort, wo eine liberale Einflussnahme möglich gewesen wäre, wo sie förmlich in die Augen gesprungen ist, hat die FDP versagt. Denken wir nur an die Zensurgesetze der Regierung, an das Ermächtigungsgesetz mit seinen verschiedenen Verschärfungen, an die Umwandlung der Wirtschaft in eine sogenannte klimafreundliche, grüne Wirtschaft, die Deutschland deindustrialisiert, an die Energiegewinnung, an die Coronadiktatur, an die Diffamierungen und Ausschließen von Argumenten, die die Regierung nicht vorgegeben hat und als Krönung der Kotau vor der Kanzlerin, als ein demokratisch gewählter Ministerpräsident in Thüringen von seiner Partei in Stich gelassen worden ist, zugunsten eines Kommunisten. Auch wenn Lindner dann und wann knurrt, wedelt er doch immer wie ein braves Hündchen mit dem Schwanz, damit er vielleicht nächstens ein Knochen zugeworfen bekommt.——————- Ansonsten sind beide Kanzlerkandidaten eigentlich prädestiniert eine Koalitionsehe zu führen. Beide sind nicht sonderlich klug, die eine vielleicht dümmer als der andere. Beide haben keine Führungsqualitäten. Beide werden das Land weiter an die Wand fahren. Beide haben noch nicht wirklich gearbeitet, die eine sehr viel weniger als der andere. Laschet bekommt sein eigenes Bundesland nicht in Griff, was sich zum Shithole entwickelt hat. Annalena benimmt sich wie ein plapperndes Schulmädchen. Sie hat wahrscheinlich die MINT-Fächer in der Schule abgewählt. Also m.M.n. die besten Voraussetzungen ein Land in den Untergang zu führen.

Olaf Kränert / 20.04.2021

Alles ist besser als Söder im Kanzleramt, selbst Kermit der Frosch wäre besser, wenn es schon grün sein muss!

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