Unter diesem Titel ist kürzlich der erste Kriminalroman der bisher als Sachbuchautorin bekannten Publizistin Sonja Margolina erschienen. Margolina, 1951 in Moskau geboren, hatte 1992 mit ihrem Buch „Das Ende der Lügen. Russland und die Juden im 20. Jahrhundert“ heftige Kontroversen ausgelöst. Das Werk ist seit Jahren vergriffen.
Nun ihr erster Roman. Warum dieser Genre-Wechsel?
Margolina: Es geht um Freiheit. Als ich vor einem Vierteljahrhundert nach West-Berlin kam, ging ich wie selbstverständlich davon aus, dass ich in einer freien Gesellschaft leben werde. Vor allem aber, dass das Denken hier frei ist. Natürlich war das eine alberne osteuropäische Illusion, die der Realität nicht standhielt.
In den letzten Jahren empfinde ich die Definitionshoheit der Medien und Gedankenlosigkeit der Diskurse zunehmend als bedrückend.
Im Roman als Form habe ich mir ein Refugium der anarchistischen Freiheit geschaffen….Ich habe mir die Freiheit genommen, nicht gerecht und politisch korrekt zu sein, kurzum den Anforderungen bürgerlicher, linksliberaler oder sonst welcher Journalistik nicht entsprechen zu müssen….
Karl Marx sagte unter vielen richtigen Dingen: „Man kann nicht in der Gesellschaft leben und frei von ihr sein.“ Der Roman war für mich ein Ort, in dem ich in der Gesellschaft, aber frei von ihr sein durfte. Diese Erfahrung möchte ich nicht missen.“
Zum Inhalt: Gribojedow, KGB-Offizier und Nachfahre des berühmten „Verstand schafft Leiden“- Autors, wird zum Dienst in die DDR abkommandiert, wo er den Mauerfall, den Zusammenbruch des Ostblocks und den Rückzug der Westgruppe der Sowjetischen Streitkräfte erlebt. Auch der KGB taucht ab. Gribojedow baut sich eine unabhängige Existenz in Deutschland auf, wird aber nach Jahren von seinem Vorgesetzten nach Russland zurück befohlen. Dort wird ihm klar gemacht, dass er dem umgewandelten KGB weiter zu dienen hat, wenn ihm sein Leben lieb ist. Gribojedow gehorcht, bis er der Journalistin Tanja Legat begegnet, die dabei ist, eine unheilige Allianz zwischen russischem Geheimdienst und Orthodoxer Kirche aufzudecken. Die Erlebnisse und Erkenntnisse der beiden Protagonisten ergeben ein realistisches Gemälde der Umbruchszeit zwischen dem Verfall der Sowjetunion und dem Aufstieg Russlands mit alten Seilschaften in neuen Positionen. Es ist ein ganz und gar politischer Thriller, den man mit großem Gewinn liest, weil man vieles erfährt, was bisher in der deutschen Öffentlichkeit kaum bekannt wurde.
Das Happy- End in Deutschland, das die beiden ehemaligen Sowjetbürger längst als ihre eigentliche Heimat empfinden, ist zwar in Anbetracht dessen, was man vorher über die Aktivitäten der russischen Tschekisten erfährt, unrealistisch, stört aber das Gesamtbild nicht.
Insgesamt ein interessantes Debut, auf dessen Fortsetzung wir gespannt sein dürfen.