Roger Letsch / 27.05.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 31 / Seite ausdrucken

Bienen retten, Erdbeeren kaufen!

Die Kritik an den Chefetagen deutscher Unternehmen, diese würden sich geradezu an den politischen Zeitgeist aus Klimahysterie, Artensterben und drohendem planetarem Armageddon heranwanzen, wird in dem hier gezeigten REWE-Ablaufplan der Gewissensverbesserung perfekt illustriert: 1. Erdbeerschale kaufen. 2. Rewe spendet 5 Cent. 3. NABU. Bienen retten!

Die Ranschmeiße de luxe ist verbraucherfreundlich aufbereitet und mit einer klaren Handlungsaufforderung versehen. Zentral ist hier nicht der Akt des Fruchtkonsums, sondern das moralische Stoffwechselprodukt Endorphin, das beim Akt der Rettung von Bienen ausgestoßen wird. REWE fungiert in dieser Verwertungskette als Mittler zwischen Sünder (Erdbeerkonsument) und Kirche (NABU), und es ist natürlich davon auszugehen, dass die Supermarktkette am Handel der Ablass-Scheine mitverdient. Ob der NABU die dargebrachten Obolusse wie weiland Leo X. zum Bau eines Petersdoms für Greta nutzt oder private Wachdienste hinter Bienenstöcken aufstellt, bleibt Betrachter und Erdbeernascher verborgen.

Verborgen bleibt dem kritischen Betrachter ebenso die versteckte frohe Botschaft, die sich hinter der honigsüßen Tölpelei verbirgt: „Rettet die Hühner, kauft mehr Wiesenhof-Produkte!“ wäre nämlich eine ebenso treffende Aussage wie jene auf dem REWE-Plakat. Denn wo Erdbeeren oder andere Blühpflanzen großflächig in Monokultur wachsen sollen, karren die Imker (von denen es heute in Deutschland mehr gibt als je zuvor) absichtsvoll ihre gezüchteten Hochleistungsbienenvölker (Freiland-Massentierhaltung gewissermaßen) in die Nähe. Wegen der kurzen Lebensdauer der Arbeitsbienen kommt per Post immer wieder Nachschub. Gerettet werden können oder müssen die Bienen also nicht, schon gar nicht vom NABU oder von REWE.

Ozonfrei, zuckerfrei, fettfrei, glutamatfrei, laktosefrei...

Aber das ist ja auch nur die oberflächliche Aussage des Plakates. Der tiefere Sinn ist ein anderer, und der beruhigt mich ebenso sehr, wie ich mich oberflächlich über solchen Ablasshandel ärgere: Das Plakat ist ein erfreuliches Lebenszeichen der Marktwirtschaft! Ja ja, schauen Sie nur genauer hin, liebe Leser. REWE gibt seinen Kunden das, was diese wollen und fragt nicht, warum sie das wollen. Konsum und ein gutes Gefühl? Kein Problem, bitte sehr! Man kann beides haben! Wer schaut noch auf Preis und Qualität, wer fragt noch, ob die rosarote Brille dafür sorgt, dass der Kunde womöglich gegen seine ureigensten Interessen verstößt, weil er teurer kauft? Gefühle haben einen Preis und der Einzelhandel bildet ihn ab.

Niemand fragt auch, ob das schlechte Gewissen, dass hier bedient wird, falsch und künstlich ist und politisch absichtsvoll erzeugt wird. Entscheidend ist, es gibt einen Markt und den bespielt REWE hier sehr gut, indem die Handelskette entlang jener Parameter agiert, die politisch opportun sind. Ohne Formaldehyd, ozonfrei, zuckerfrei, fettfrei, glutamatfrei, laktosefrei, bienenfrei, dieselfrei – egal, man gibt den Kunden, was diese wollen.

Falls Sie also das nächste Mal (wie ich auch) genervt die Augen rollen, wenn ein Daimler-CEO ankündigt, dem Elektroauto gehöre die Zukunft (während wir gerade den Tod von Tesla live miterleben) oder ein Bankvorstand die Euro-Politik der EZB lobt, denken Sie daran: Subventionen, Rettungspakete und andere Staatsknete macht sich in den Bilanzen genauso gut wie Umsätze aus Burkini- und Sport-Kopftuch-Umsätze für Nike oder Adidas.

Man nimmt, was man kriegen kann und das ist auch logisch. Wenn Preis und Qualität hinter der Menge an moralinen Glückshormonen zurückstehen müssen, werden Lidl oder Edeka wohl 6 Cent pro Erdbeerkörbchen an den NABU spenden müssen. Dem Erdbeerfreund gefällt das. NABU auch. Man sollte nicht die Marktwirtschaft für jedes moralische Hyperventilieren der Menschen verantwortlich zu machen versuchen.

Gebt also nicht der Marktwirtschaft die Schuld, wenn sie mit den Unzulänglichkeiten zurechtkommt, mit denen Politik und Ideologie sie fluten. Was heute 5 Cent Bienenspende sind, können morgen schon 10 Cent CO2-Steuer, Schöne-Insekten-Umlage und Massentierhaltungsabgabe sein, und dann werden wir froh sein, dass wir überhaupt noch Erdbeeren bei REWE kaufen können.

Ein dreifaches „Hoch“ auf die Marktwirtschaft. Sie wird es noch brauchen.

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Leserpost

netiquette:

Wolfgang Richter / 27.05.2019

““Ozonfrei, zuckerfrei, fettfrei, glutamatfrei, laktosefrei…””—Hirnfrei im Land des betreuten Denkens. So läßt es sich gut leben im besten Deutschland, das linksgrün “uns” mit seiner ständigen Gängelei und Bevormundung beschert.

Rudolph Heinrich / 27.05.2019

Lustig wird es immer, wenn Politiker das Sozialverhalten der Bienen loben und als glänzendes Vorbild für die menschliche Gesellschaft hinstellen. Aber sie haben ja recht, zumindest für Deutschland: An der Spitze eine einsam regierende Königin, die meist erst mit Tod abtritt. Darunter die Masse der fleißigen Arbeiter, die zwar genetische Weibchen sind, aber ohne Möglichkeit der Fortpflanzung. Und die Männer? Die männlichen Bienen, die Drohnen, werden nach erfolgter Begattung der Königin aus dem Stock vertrieben und gehen ein. Geschieht ihnen recht, wird hier auch bald eingeführt.

Frank Grossfuss / 27.05.2019

Da passen die kostenpflichtigen Plastiktüten zur Rettung der Meere (argumentativ unterstrichen mit Bildern aus dem indischen Ozean) dazu: Kosten mit Aufdruck / Stck: ca. 3 ct - Verkaufspreis / Stck: 20 ct. Gewinn: rund 660%. Und der geschröpfte Kunde läuft hinterher mit der Tüte noch kostenlos Reklame.

Paul Braun / 27.05.2019

Sehen wir das Ganze doch als Versuch von REWE, das viel beklagte Defizit Deutschlands im Bereich Künstlicher Intelligenz an zu gehen:  “1. Erdbeerschale kaufen. 2. Rewe spendet 5 Cent. 3. NABU. Bienen retten!” - Das ist doch mal eine Ansage… Und ein lobenswerter erster Schritt dahingehend, künstliche Intelligenz zu nutzen, wo dem mündigen Bürger die eigene Intelligenz abhanden gekommen ist.

Dr. Olaf Borkner-Delcarlo / 27.05.2019

Der wievielte Tod von Tesla ist das jetzt? Ich habe leider nicht von Anfang an mitgezählt.

M. schneider / 27.05.2019

Es zählt einzig und allein die Gewinnmaximierung, koste es, was es wolle. Jedes noch so perfide Mittel ist recht. Und der unkritischen Kunde macht alles mit, bis zum bitteren Ende.

Rainer Hanisch / 27.05.2019

Ja, mit der schon seit längerem geschürten Umwelt- und Klimahysterie lässt sich prima Geld verdienen! Da die meisten Deutschen zwar nicht grundsätzlich doof sind, aber beim Denken immer sehr viel Pech haben, funktioniert das auch noch etliche Zeit ganz gut. Die Kunden kriegen ja nicht mal selbst mit, was sie eigentlich wollen; dazu bedarf es immer der Einflüsterungen von Politik, Medien und Werbung! Nur beim Preis sind den Kunden Tierwohl und Umweltschutz sch..egal - Hauptsache, billig!

Karin Krause / 27.05.2019

Wo kommen denn die meisten Erdbeeren her? Aus Deutschland im Winter? Nein, von riesigen Plantagen aus Spanien die dort das gesamte Grundwasser verbrauchen.  Kein Käufer macht sich darüber Gedanken .

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