Thilo Schneider / 12.12.2021 / 14:00 / Foto: Timo Raab / 47 / Seite ausdrucken

Bayerische Weihnachtsplanung

Die neuen Corona-Regeln gestalten das Weihnachtsfest im erweiterten Familienkreis schwierig. Patchwork, Ungeimpfte, Geimpfte ohne Booster bzw. über 13-jährige Kinder sprengen jede Planung.

Früher, in der guten alten Zeit, also vor zwei Jahren, war das so: Wir feierten zu zweit oder zu viert (je, nachdem, wer sich einsam fühlte) Weihnachten. Ganz klassisch. Mit dem Absingen von Liedern an einem unschuldigen Christbaum. Am ersten Weihnachtsfeiertag durfte ich bis 11.00 meine neuen Computerspiele ausprobieren, während der Schatz seinen Schmuck durch die Wohnung spazieren trug, danach ging es Punkt 12 zum Mittagessen bei den Schwiegereltern, wo ich mich gemeinsam mit meinem Schwiegervater und meinem Schwager durch diverse Biersorten tastete, und wir plauderten bis zum Abendessen, um uns dann an die Weinverköstigungen zu machen, allerdings in einem Zustand, der beim Wein nur noch zwischen Weiß- und Rotwein unterscheiden konnte. Am zweiten Weihnachtsfeiertag ging es dann zu meiner Verwandtschaft zu Kaffee und Kuchen und Plätzchen und handgedrücktem Kaffee, und abends wurde die Küche aufgeräumt, weil das Geschirr vom Weihnachtsabend noch seiner Reinigung harrte.

Aus. Rum. Vorbei.

Seit die Jüngste die Grenze von 13 Jahren Lebensalter überschritten hat, geht die Weihnachtsplanung ungefähr so: Meine Schwiegerleute leben mit meinem Schwager und seiner Freundin zwar in einem Haus, aber nicht in der gleichen Wohnung. Alle sind geimpft (Ja, „Moderna“ gilt!), aber nur zwei geboostert. Die Älteste lebt meist beim Originalvater, aber nur, wenn sie sich nicht gerade mit ihm gezofft hat, also nicht immer, die Jüngere hat das Wechselmodell. Beide sind ebenfalls geimpft, aber nicht geboostert. Ich bin auch geimpft, aber nicht geboostert. Der Schatz ist garnix, aber öfter getestet als der Motor eines Linienflugzeugs. Packen wir alle zusammen in einen Raum, dann haben wir acht Personen, aber nur sieben Geimpfte, von denen erst zwei geboostert und nach zwei Stunden wenigstens drei weitere schwer angeheitert sind. Dies bedeutet, dass sich der Schatz mit mir und höchstens zwei Personen eines anderen Hausstandes treffen dürfte, von denen der größere der beiden Hausstände, unabhängig vom Ort des Treffens, als EIN Hausstand gälte. Da aber die Älteste meist beim Vater wohnt und die Jüngste im Wechselmodell Jugendzimmer zum Handgranatenwurfstand umbaut, ist die Frage, ob die beiden Grazien nun zu unserem Hausstand oder zum Hausstand des Ex-Mannes oder Fifty-Fifty gehören. Hinzu kommt die Problematik, dass meine Schwiegerleute und der Bruder vom Schatz und dessen Freundin, die er zu heiraten gedenkt, zwar die gleiche Eingangstüre, aber nicht die gleiche Wohnungstüre teilen, was sie, beispielsweise in der Versicherungstechnik, zu zwei getrennten Hausständen macht. Praktisch gesehen, dürften der Schatz und ich nicht zu den Schwiegerleuten, wenn und sofern sich dort mein Schwager nebst Freundin und ihre Kinder (also die vom Schatz, nicht von der künftigen Schwägerin) aufhalten.

In Bayern gibt es aber noch die Bonus-Vorschrift, dass die Kinder vom Schatz und ich durchaus als ein Haushalt zählen würden, wenn und sofern die Kinder unter 13 Jahre alt wären, was sie aber nicht sind, oder aber die Älteste meine zusätzliche Lebensgefährtin wäre, weil dann auch getrennte Haushalte als ein Haushalt zählen würden, was wiederum prima für meinen Schwager wäre, wenn seine Freundin und meine zukünftige Schwägerin kurz vor Weihnachten zurück zu nun wiederum ihren Eltern mit unbekanntem Impfstatus (die Eltern der künftigen Schwägerin, nicht die künftige Schwägerin selbst, die ist ja geimpft, aber nicht geboostert) auszöge, zu Weihnachten aber trotzdem dabei sein wollte, wenn das meinem Schwager recht wäre, dass seine (dann) Ex-Freundin dabei wäre. Alternativ könnten wir uns natürlich auch mit den Kindern als Pseudo-Haushalt bei uns zu Hause mit meinem Schwager und meiner künftigen Schwägerin treffen, dann müssten die Schwiegereltern eben alleine feiern. Ich könnte aber auch meine Schwiegereltern und meinen Schwager und dessen Freundin zum Feiern einladen, wenn ich den Schatz so lange in die Garage sperre, was er zwar verdient hätte, aber ich hätte dann Angst, dass er mir dann aus Rache den Lack vom Renno zerkratzt.

Rache an der Tyrannei der Ungeimpften

Um es rund zu machen, ist der Schatz als tyrannische Ungeimpfte der Störfaktor in der kompletten Weihnachtsplanung, und wir sollten ihn eigentlich gemeinsam an Weihnachten um den Dorfplatz prügeln, kein deutsches Gericht würde uns dafür verurteilen und wir hätten einen schönen neuen Weihnachtsbrauch, und mein Schwiegervater könnte mir erklären, dass, wenn ich seine Tochter verprügle, er meine Frau verprügelt und wir wären quitt. Wir könnten wahrscheinlich alle so Rache für die Tyrannei der Ungeimpften nehmen, aber der Schatz hat schon gesagt, dass er da nicht mitmachen will, was ich mal wieder ziemlich rücksichtslos gegenüber allen anderen finde. Hierbei haben wir aber noch nicht überprüft, bei welchem von uns anderen sieben Geimpften die Boosterimpfung schon durchgeführt wurde und wenn ja, ob diese rechtzeitig erfolgt wäre, weil es sonst ja keine Boosterimpfung, sondern wieder eine Erstimpfung wäre und damit der oder die Geimpfte eigentlich wieder der oder die Ungeimpfte/r geworden wäre, was natürlich die ganze Planung wieder über den Haufen werfen und den Schatz entlasten würde.

Denn wäre nun einer von uns Geimpften nicht oder falsch geboostert, dann müssten wir sehen, ob wir die geimpften Ungeimpften nicht gemeinsam mit der Original-Ungeimpften in die Garage sperren, wenn ich vorher den Renno rausfahre oder aber generell Weihnachten in dem BESCHISSENEN Garten bei Gasgrill und offenem Feuer begehen, worauf der Schatz wieder sagen würde, dass ich jetzt sicher ganz schön froh wäre, den BESCHISSENEN Garten zu haben und er würde das sagen, während ich Teller und Besteck für acht Personen mit zweifelhaftem Impfhintergrund bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nach draußen schleppe, wozu ich alles außer Lust hätte, weil es doch der erste Weihnachtsfeiertag ist und ich eigentlich lieber auf der Playsi oder X-Box (ich bin ausgerüstet, Baby!) das neue Spiel würde spielen wollen können und nur, weil die alle sich nicht mit ihren Impfterminen eingekriegt haben, jetzt hier unter den wachsamen Augen der geimpften Nachbarschaft eine Gartenparty veranstalten müsste, natürlich aber erst, wenn ich die Impf- und Personalausweise meiner Familie durchkontrolliert und dokumentiert hätte und Gnade uns allen der Friede auf Erden, wenn jetzt meine Schwester und deren Freund, der niemals mein Schwager werden wird, oder, noch schlimmer, ein ungeimpfter Nachbar sich unter der Androhung einer Polizeimeldung in unsere illustre Patchworkrunde reinerpressen würde, und nun tatsächlich die Polizei an dem BESCHISSENEN Garten vorbeiführe. Dann wäre hier aber nicht nur der Glühwein am Dampfen, wenn eine zu 70% geimpfte Polizeihundertschaft unsere illegale Versammlung stürmte und noch ihre eigenen Ungeimpften mit- und uns alle damit umbrächte. Alternativ könnte ich auch ALLE in die Garage sperren, da sollen sie sehen, wie sie allein klarkommen und ich spiele das neue Spiel!

Ich habe bei drei unterschiedlichen Behörden versucht, den Sachverhalt schriftlich und wasserdicht zu klären, aber im Gesundheitsamt haben sie den Hörer aufgeschmissen, der Polizist konnte nur durch gutes Zureden daran gehindert werden, die Dienstwaffe zu benutzen und die Dame bei der Gemeindeverwaltung ist mit hysterischem Lachen vom Stuhl gefallen.

Irgendwie war früher mehr Lametta! Leckts mi doch am Oarsch.

(Weitere planerische Artikel des Autors gibt´s unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

   

Foto: Timo Raab

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Leserpost

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Angelika Meier / 12.12.2021

Witzige Geschichte. Aber wie Söder schon zwischendurch richtig sagte: Er wolle keine Kontaktbeschränkungen im Privaten vorgeben, weil die sowieso nicht zu kontrollieren sind. Solange also der Schippschwager oder die alte Nachbarin, die den ganzen Tag am Fenster steht, sie nicht bei der Gesundheitspolizei melden, gilt inoffiziell, was offiziell heute beim Sex gilt: Solange alle damit einverstanden sind ... Bei Corona gilt allgemein: Regeln sind das eine, Kontrollen aber das andere. Und ohne Kontrollen sind Regeln Auslegungssache.

Markus Kranz / 12.12.2021

In der ganzen Zeit hätte man schon wieder das neue Spiel spielen können. Ich glaube ein 3d Shooter mit einem Endboss namens “Karl” und einem Secret Boss namens “Olaf” würde die Bestsellerliste auf Steam sprengen.

Manni Meier / 12.12.2021

Mit Stolz und einem kleinen Tränchen im Auge kann ich sagen: “Ja - ich war dabei!” ...ging es Punkt 12 zum Mittagessen bei den Schwiegereltern, wo ich mich gemeinsam mit meinem Schwiegervater und meinen beiden Schwagern durch diverse Biersorten tastete, und wir plauderten bis zum Abendessen, um uns dann an die Weinverköstigungen zu machen, allerdings in einem Zustand, der beim Wein nur noch zwischen Weiß- und Rotwein unterscheiden konnte.

Richardt Wolff / 12.12.2021

Wen interessiert das? Was ich in meinen vier Wänden mache, geht den Polizeistaat nichts an. Außerdem: Bei einer “Inzidenz” von 400 kann ich jeden Tag 100 Leute einladen und trotzdem und treffe trotzdem nur einen “positiven”, was mich aber nicht juckt, da ich auf natürliche Weise immun bin. Es wird Zeit den ganzen Schwindel zu beenden.

John Brunswick / 12.12.2021

Nichts ist mittlerweile so bekloppt wie die Realität in deutschen Landen. Mein Schatz hatte am Donnerstag 40. Geburtstag. Tagestour nach Wismar, da sie sich das gewünscht hatte. Überall in der Stadt 2G Regelung, teilweise +. Im C & A wurde sie abgewiesen, obwohl doppelt geimpft. Begründung: die zweite Impfung war noch keine 14 Tage her. Den folgenden Wutausbruch ihrerseits brauche ich wohl nicht näher beschreiben. Auf zum Weihnachtsmarkt. Umzäunt, Zutritt nur mit Maske, das übliche halt. Ausgabe von Glühwein und Bratwurst nur gegen Vorzeigen eines roten Armbandes, welches man nur gegen Vorlage einer gültigen Impfung erhält. Meine persönlichen Fähigkeiten bezüglich social engineering ( nützlich für Industriespione, Geheimagenten…) haben es uns ermöglicht, wenigstens ein bisschen was zu ergattern, was uns aufgrund meines mangelnden “Ariernachweises “,ähm Impfausweis natürlich, sonst verweigert worden wäre. Am nächsten Tag der Clou: meine Eltern in Lüneburg in der Filiale eines bundesweiten Elektronik- Hökers. Am Eingang der übliche Hinweis auf die Maske und 3G Regelung. Allerdings keine entsprechende Kontrolle der Regelung. Noch Fragen?

Wolfgang Lechner / 12.12.2021

Hallo Herr Schneider, schaun Sie sich auf YT “Helga und Mariannes Weihnachten 2020 (mit Freshtorge) | “Otto Fröhliche"an. Da werden Sie geholfen. Humor ist wenn man trotzdem lacht. Ein f. WF. und Grüße aus Tief-Oberbayern.

Ingbert Bauer / 12.12.2021

Ach Herr Schneider. Sie sind doch FDP-Mitglied in Aschaffenburg, oder? Wegen Freiheit und so? Demnächst wird Ihre Partei die Impflicht durch den BT bringen. Glückwunsch. P.S.: Bin 3fach geimpft.  ;-)

Markus Knust / 12.12.2021

Die (Weihnachts,-) Regeln sind krank, allerdings wiegt für mich die Tatsache schwerer, dass es tatsächlich echte Menschen gibt, die sie gutheißen oder sogar befolgen. Deshalb glaubte ich zuletzt, in Deutschland immer häufiger, in Murakamis 1Q84 geraten zu sein - eine Parallelwelt der unsrigen nicht unähnlich. Heute trifft dies wohl weniger zu, es scheint sich Richtung Idiocracy zu bewegen. Wenn ich richtig lachen möchte, surfe ich Zeit Online an, um von Menschen zu lesen, die ihre Einkäufe eine ganze Woche nicht anrühren - aus Angst vor Viren.  Mich deucht, der gesellschaftliche Geisteszustand ist wesentlich pathologischer als Covid, in all seinen Iterationen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die Ernennung des Karl L. zum Chef Wirrologen nur folgerichtig. Der nächste logische Schritt wäre eine Abgabe, ähnlich der Kirchensteuer, direkt auf das Konto des Herrn Ugur Sahin.  Und Lager natürlich, für die Renitenten. Darin ist der Deutsche schließlich erfahren. Fröhliche Weihnachten!

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