Peter Grimm / 16.06.2020 / 16:00 / Foto: Tomaschoff / 22 / Seite ausdrucken

Barrierefreie Erinnerung an die Grundrechte

In Zeiten, in denen die Grundrechte nur eingeschränkt gelten, bräuchte dieses Land dringend eine entschlossene liberale Partei, die die Gewöhnung an einen solchen Zustand nicht hinnimmt. Sicher, der Ausnahmezustand ist – verglichen mit den vergangenen Wochen – erträglicher geworden. Die Obrigkeit hat uns ja mittels „Lockerungen“ gnädig ein paar frühere Selbstverständlichkeiten genehmigt. Dennoch sollte es für einen richtigen Liberalen eigentlich nicht hinnehmbar sein, dass sich eine Gesellschaft daran gewöhnt, das Leben nicht mehr selbst im Sinne eines auf den eigenen Rechten beruhenden bürgerlichen Selbstbewusstseins zu gestalten. Eine solche Gewöhnung daran, in immer mehr Lebensbereichen einem staatlichen Erlaubniswesen ausgeliefert zu sein, geht leider schnell. 

Also, wo bleibt der liberale Aufschrei als Korrektiv zu der sich im Corona-Schatten ausbreitenden Obrigkeitsstaats-Unkultur? Ja, ich weiß, es klingt natürlich viel zu naiv, auf diese Weise irgendeine Nachricht von der FDP anmoderieren zu wollen. Aber wenn der Informationsdienst „Heute im Bundestag“ seinen Hinweis auf eine Initiative der FDP-Fraktion mit „Kampagne zu Grundrechtsbeschränkung“ überschreibt, dann darf doch kurzzeitig ein kleines Hoffnungsfünkchen aufglimmen, oder?

Egal, ob sie jetzt „ja“ oder „nein“ sagen, die Hoffnung ist bei der weiteren Lektüre ganz schnell wieder verloschen. Die FDP-Fraktion fordert nämlich nicht etwa die vollständige Wiederherstellung der Grundrechte oder wenigstens Klarheit darüber, wie, in welcher Frist und nach welchen Regeln dies geschehen wird. Sie wünscht sich nur, die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) möge den Bürgern mit beschränkten Rechten besser als bisher erklären, warum alles so ist, wie es ist, also irgendwie alternativlos. In ihrem Antrag 19/19880 heißt es:

„Eine Aufklärungs- und Informationskampagne unter inhaltlicher Federführung der bpb zu den derzeitigen Grundrechtseinschränkungen sowie eine Darstellung, welche „Normalität“ vom Grundgesetz eigentlich garantiert wird, ist ein probates Mittel, um auch in Zeiten der Kontaktbeschränkungen ein Bewusstsein für die Außergewöhnlichkeit der jetzigen Situation zu kommunizieren. Die „Kampagne für den Rechtsstaat“ des Koalitionsvertrages bildet hierbei einen geeigneten Anknüpfungspunkt. Dabei muss die Kampagne medienbruch- und barrierefrei gestaltet sein, sowie in ihrer Kommunikation alle Altersgruppen im Blick behalten.  

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, 

1.    eine Aufklärung- und Informationskampagne zu den Grundrechtsbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie sowie deren Hintergrund im Rahmen der „Kampagne für den Rechtsstaat“ bei der bpb in Auftrag zu geben, und die inhaltliche Federführung der bpb in der Außenwirkung zu kommunizieren; 

2.    die Kampagne aus bestehenden Haushaltstiteln mit Bezug zu politischer Bildung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu finanzieren; 

3.    die Kampagne altersgerecht, mehrsprachig sowie medienbruch- und barrierefrei auszugestalten."

Man muss demnach also nur das „Bewusstsein für die Außergewöhnlichkeit der jetzigen Situation“ kommunizieren, um die Grundrechte in guter Erinnerung zu behalten. Im Deutschen Bundestag ist das bestimmt mehrheitsfähig. Aber wer kümmert sich derweil um die Grundrechte?

Foto: Tomaschoff

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

J.G.R. Benthien / 16.06.2020

So wird das nichts, denn sie haben die »Bürgernden, Gendernden, Rassistenden, Leugnenden, Studierenden, Schülernden, Sternchentragenden, die alten weissen Männernden, Gemüseessenden, Fleischgeniessenden, Kinderschändenden, Vereinsmeiernden, etc.« aussen vor gelassen und somit diskriminiert. Allein die gerechte Ansprache aller Mimosengrüppchen und derjenigen, die einen Furz im Hirn haben, würde 2 Jahre in Anspruch nehmen. Mindestens!

K. Schmidt / 16.06.2020

In der DDR war es ja “offiziell” erwünscht, “Kritik” an der Art der Umsetzung der sozialistischen Ideale zu äußern, also um die Umsetzung zu verbessern. Die “Kritik” entsprach dann ungefähr den scharfen Vorschlägen unserer liberalen Genossen.

Sebastian Gumbach / 16.06.2020

Die FDP ist keine liberale Partei. Es ist eine Blockpartei, übrigens ähnlich der LDPD in der DDR. Die hat damals den Herrschaftsanspruch der SED unterstützt, ähnliches gilt heute für die FDP, die als Schein-Opposition die Corona-Regierung unterstützt. FDP? Kann weg.

S.Niemeyer / 16.06.2020

Ekelhaft! Eine nominell liberale Oppositionspartei bettelt um mehr RegierungsAgitProp für das Abwürgen der Freiheitsrechte! Ich fasse es nicht und brauche jetzt dringend einen Schnaps

Harald Unger / 16.06.2020

Die Merkel Blockflöte FDP weiß was sie fordert. Es geht um die Verlängerung der Fake Seuche bis zur nächsten BT Wahl. Zur Rechtfertigung der alleinigen Briefwahl aka Cheat-by-Mail. Ein dem Merkel Regime genehmes Ergebnis zu produzieren. So ist das eben im ‘Kampf gegen Rechts’. Der Zweck heiligt alle Mittel.

Tom Gilde / 16.06.2020

Zu Ihrer letzten Frage: die AfD!

Rolf-G. Mellage / 16.06.2020

Die FDP ist (für mich) seit ihrer Zustimmung zu den Notstandsgesetzen Ende der 60er Jahre nicht mehr wählbar

Jürgen Fischer / 16.06.2020

Gibt’s eigentlich nur noch Geschwafel in Deutschland? Davon abgesehen, wieso will die FDP eigentlich die bpb für diesen Quatsch einspannen? »Aufklärungs- und Informationskampagne«, wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen. Die bpb untersteht dem Innenministerium, was will man von denen also erwarten? Und schaut man sich die Personalie Thomas Krüger (Präsident der bpb) etwas genauer an, wird’s einem noch schwärzer vor Augen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Peter Grimm / 02.05.2024 / 12:00 / 29

Rauchfreie Wahlhilfe vom Tabakkonzern

Rauchfrei Rauchen mit Tabak-Lobbyisten, die mit dem Aufruf zum „richtigen“ Wählen die Demokratie retten wollen. Wenn man in den letzten Jahrzehnten Medien konsumierte, so gab…/ mehr

Peter Grimm / 01.05.2024 / 06:00 / 52

Durchsicht: Grenzen der Ausgrenzung

Die AfD solle nicht mehr zum städtischen Gedenken an NS-Verbrechen eingeladen werden, forderten die Grünen im Leipziger Stadtrat, und sorgten für eine interessante Debatte. / mehr

Peter Grimm / 26.04.2024 / 12:00 / 37

Keine Kästner-Lesung für „Freie Wähler“

Zweimal wollten die Freien Wähler in Dresden eine Lesung aus Erich Kästners „Die Schule der Diktatoren“ veranstalten. Beide Male wurde sie untersagt. Eine bittere Realsatire.…/ mehr

Peter Grimm / 23.04.2024 / 06:05 / 94

Anleitung zum vorbeugenden Machtentzug

Was tun, wenn die AfD Wahlen gewinnt? Das Votum des Wählers akzeptieren? Oder vielleicht doch schnell noch mit ein paar Gesetzen dafür sorgen, dass sie…/ mehr

Peter Grimm / 12.04.2024 / 06:15 / 136

Kein Drama beim Höcke-Duell

Dass Thüringens CDU-Chef Mario Voigt mit seinem AfD-Pendant Björn Höcke in ein TV-Duell ging, sorgte für Aufsehen und Protest. Heraus kam eine ganz normale Fernsehsendung,…/ mehr

Peter Grimm / 11.04.2024 / 12:45 / 50

Die Rundfahrt eines Polizeibekannten

Der Irrwitz deutscher Asylpolitik zeigt sich zuweilen auch in absurden Geschichten aus dem Polizeibericht. Bei zu vielen Asylbewerbern drückt sich das Verhältnis zur Gesellschaft im…/ mehr

Peter Grimm / 09.04.2024 / 06:15 / 140

Droht eine Landesregierungs-Entmachtung nach AfD-Sieg?

Fünf Jahre nach dem „Rückgängigmachen“ einer Ministerpräsidentenwahl überlegen Juristen jetzt, wie man missliebige Landesregierungen mittels „Bundeszwang“ entmachten und zeitweise durch einen Staatskommissar ersetzen könnte. Sie…/ mehr

Peter Grimm / 03.04.2024 / 13:00 / 33

Wer darf Feindsender verbieten?

Wenn Israel das Gleiche tut wie EU und deutsche Bundesregierung zwei Jahre zuvor, dann ist selbige Bundesregierung plötzlich besorgt. Bei Doppelstandards ist Deutschland immer noch…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com