In der jetzigen Situation können “Transitzentren” zumindest beim Problem der Sekundärmigration helfen. Dass damit nicht alle Probleme gelöst sind, steht auf einem anderen Blatt, aber der eigentliche Sinn der Idee Seehofers, den Ball (und schwarzen Peter) wieder zurückzuspielen in den Süden, kann auch so umgesetzt werden. Solange die südlichen Staaten ihre Migranten nach Deutschland entsorgen konnten, ohne jede Gefahr, sie wieder zurücknehmen zu müssen, solange also Dublin leer lief, durfte man nicht erwarten, dass Italien oder Griechenland mehr unternehmen, um die Einreise zu verhindern, im Gegenteil. Jetzt wird Druck aufgebaut. Ob mit Transitzentren oder Zurückweisung ist eigentlich egal. Hauptsache es kommt Bewegung in die Sache. Im Übrigen wird die SPD das Konzept ohnehin zerstören und zerwässern und dann platzt die Koalition endgültig.
Man kann es drehen und wenden wie man will, aber der Eindruck drängt sich auf, Deutschland entwickelt sich partiell immer mehr in Richtung jener “failed states”, die es doch global so nachdrücklich zu demokratisieren gilt. Wie sollen sich andere Länder an Deutschlands Demokratie und Rechtsstaatlichkeit orientieren, wenn diese von der Regierung nach Belieben interpretiert werden dürfen, ohne dass eine korrigierende Gewalt einschreitet?
Taktierereien, schielen auf die Wählergunst, persönliche Eitelkeiten und strategische Kalküle ... was wurde nicht alles von klugen und weniger klugen Kommentatoren ins Spiel gebracht. Mich aber interessiert kein Seehofer, sein persönliches Schicksal, seine Motive ... genau so wenig wie das von Merkel. Mich interessiert, wie es weiter geht in diesem Land. Und wenn es einen guten Kompromiss gegeben hätte, auch wenn ich diesen so nicht gewollt hätte, aber dennoch echte Verbesserungen erreicht, dann hätte ich applaudiert. Was aber Dorothee Bär veröffentlichte, war eine Ernüchterung, kaum ein Feigenblatt, eine Leerformel. Ich erwarte hier keine signifikanten Verbesserungen durch diesen Vorschlag. Die nächsten Wochen werden zeigen ob sie das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Und die Wahlen in Bayern und Hessen zeigen, wie sehr sie den Wähler überzeugen können.
Man wähnt sich in der Türhüterparabel Kafkas. Die Tür bzw. das Tor steht offen, aber der “Eintritt ist nicht erlaubt” (Merkel). Seehofer hätte einfach durch das Tor gehen müssen. Es gibt keine Vorschrift, die es verbietet, Merkel selbst hat sie nicht gegeben. Seehofer geht aber nicht hindurch. Das Tor wird schließlich geschlossen - ” es war nur für ihn bestimmt “, Seehofer also, der lediglich einen gesetzeswidrigen Zustand abzustellen hatte. Statt dessen akzeptiert Seehofer den gesetzeswidrigen Zustand und versucht sich an “alternativen Maßnahmen” - welche von Merkel ebenfalls abgelehnt werden. Rückblickend werden Historiker und Psychologen diese Vorgänge bewerten und sich damit beschäftigen, wie es möglich war, dass elementare Verstandesleistungen nicht mehr erbracht werden konnten.
Unserer Recht und unsere Demokratie, der Bürger als Souverän, erscheint mir unterdessen auch eher als Fiktion. Es hat etwas Mittelalterliches, wo dem Adel alles erlaubt war, das eigene Landeskind aber für gleiche Taten bestraft wurde, bspw. Passvergehen.
Jedem, der über etwas Denkschärfe verfügt, ist klar, dass wir, so lange die irre Königin regiert, weiter mit jungen Männern geflutet werden, die uns mit Argumentationshilfen aus Solinger Stahl terrorisieren. Dieses Land braucht Millionen Schutzhunde um sich vor den einfallenden Wolfsrudeln zu schützen.
Genauso ist es, und genau das, was herausgekommen ist, stand zu erwarten. Selbst Seehofers Amtsvorgänger Beckmann hat vorgestern im BR hervorgehoben, daß der Innenminister nichts zu tun brauchte, als eine mündliche Anordnung seines Vorgängers de Maizière ohne Aufhebens zu widerrufen. Alle politischen Akteure kommen mir vor wie ein paar Hausbesitzer, die angesichts eines vollgelaufenen Kellers die Anschaffung von Schöpfgefäßen diskutieren, aber jeden des Hausfriedensbruchs beschuldigen, der einfach den Hahn zudrehen will. Das bedeutet, sie WOLLEN, daß Keller und Haus volllaufen. Und ich hoffe sehr, daß die bayrischen Wähler das verlogene Spektakel entsprechend honorieren.
Schade, ich hätte gerne erlebt, wie Frau Merkel Seehofer aus dem Amt entlässt. Das wäre eine gute Gelegenheit gewesen sie kennen zu lernen, zumindest für all diejenigen, die noch immer Augen und Ohren verschließen. Und was hat denn Seehofer noch zu verlieren ?
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