Peter Grimm / 19.04.2021 / 13:17 / Foto: Imago / 157 / Seite ausdrucken

Annalena, Angela und die Kobolde

Eigentlich war es absehbar, aber Inszenierung muss sein: Seit 11 Uhr wissen wir offiziell, dass Annalena Baerbock die erste Kanzlerkandidatin der Grünen ist. Während die einen, so wie auch hier, gleich an ihre berühmtesten verbalen Fehltritte erinnern, versuchen die anderen in voller Ergriffenheit ob des historischen Ereignisses, genau selbige Erinnerungen allenfalls am Rande zu erwähnen.

Es war ja sicher auch nicht mehr als eine kuriose Versprecher-Wiederholung, als sie einst im Fernseh-Sommerinterview statt von Kobalt lieber vom Kobold sprach. Zuvor bestand sie allerdings in einem Deutschlandfunk-Interview darauf, Strom im Netz speichern zu können. Das hätte eigentlich in Politik und Medien als ein Armutszeugnis gewertet werden müssen, das jede verantwortliche Mitwirkung wenigstens an irgendeiner Art von Energiepolitik mittelfristig ausschließt.

Bekanntlich ist das nicht der Fall, stattdessen zählen belastbare Daten und Fakten in der deutschen Politik generell immer weniger, denn von denen wollen sich moderne Polit-Apparatschiks nicht ihren Glauben an einmal beschlossene ideologische Leitlinien erschüttern lassen. Insofern ist Annalena eine Politikerin, die solche Höhen des Zeitgeistes exzellent verkörpert.

Manche Kommentatoren merken in diesen Stunden noch kritisch an, dass Annalena Baerbock im Unterschied zu Robert Habeck, dem die angestrebte Hauptrolle nun versagt bleibt, keinerlei Erfahrung in einem Regierungsamt oder wenigstens in der Leitung einer Verwaltung hat. Das wäre bei entsprechendem Wahlausgang nämlich auch eine Premiere in der deutschen Nachkriegsgeschichte: Einen im alltäglichen Regierungsgeschäft so unerfahrenen Kanzler hat es in der Bundesrepublik noch nie gegeben. Das werden sicher manche Wähler aus der grünen Zielgruppe gut finden, doch andere könnte dieser Umstand durchaus beunruhigen.

Schlechte Aussichten für Freiheit und Grundrechte

Regelrecht ängstigen kann einen die Vorstellung, eine Kanzlerin Baerbock erbt all die Machtbefugnisse von Kanzlerin Merkel, die sich diese in ihrer Ausnahmezustands-Politik nach und nach angeeignet hat, obwohl das Grundgesetz eine solche Machtfülle im Kanzleramt eigentlich nicht vorsieht. Doch inzwischen ist der Wert der Verfassung leider ohnehin stark geschwunden. Die Liste der dort garantierten Grundrechte, deren Aussetzung sich die Regierung inzwischen anmaßt, wird immer länger. Und während sich Baerbock ihrer Kandidatur erfreut und die Herren Laschet und Söder mit ihrer Entscheidungsfindung viel Raum im Medientheater beanspruchen, wird diese Machtverschiebung am Mittwoch durch das neue Infektionsschutzgesetz noch einmal vergrößert.

Eine grüne Kanzlerin würde – bei Verschwinden der Corona-Gefahr – schneller als andere hinreichend neue Anlässe finden, die Grundrechte der Bürger für ein höheres Ziel zu beschneiden, weil es eine herbeidefinierte Not erfordert. Da „grün“ ja – wie beim sogenannten „Green Deal“ der EU – parteiübergreifend als etwas Gutes gilt, wäre aus den meisten konkurrierenden Parteien allenfalls sehr verhaltene Opposition zu erwarten.

Wer dem neuen vormundschaftlichen Staat so viel abgewinnen kann, dass er seine schleichende Umwidmung vom Ausnahmezustand in eine Art neuer Normalität begrüßt, müsste in Annalena Baerbock eigentlich auch die logische Nachfolgerin für Angela Merkel erkennen. Doch was ist mit den anderen?

Die dürfte es auch nicht freuen, wenn Söder oder Laschet Kanzler einer schwarz-grünen Regierung würden. Denn solange die CDU mitregiert, kann sie sich nicht in der Opposition wieder zu einer bürgerlichen Partei regenerieren.

Wahrscheinlich muss man sich solche Gedanken aber nicht machen. Wenn die Kanzlerkandidaten-Kandidaten Söder und Laschet irgendeine oder auch keine Entscheidung getroffen haben, werden sie oder Parteigremien oder die Fraktion vielleicht die Bundeskanzlerin Merkel bitten, doch zur Rettung von Partei und Staat in dieser schweren Stunde noch einmal anzutreten – es muss ja nicht für die ganze Legislaturperiode sein. Die Grünen – in den letzten fünf bis sechs Jahren treue Unterstützer der Kanzlerin und künftiger Koalitionspartner – könnten gegen eine Kandidatin Merkel allenfalls einen schaumgebremsten Wahlkampf führen. Für Annalena Baerbock bliebe nur Ministeramt. Aber auch da lässt sich ja genügend Unheil anrichten.

Foto: Imago

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Leserpost

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Petra Sigmann / 19.04.2021

@ Dr. Michael Bauer Welche KFZ Elektrifizierung? Um die E- Autos vor dem Haus zu parken, braucht man( Normalbürger)keinen Strom. Hauptsache der Drahtesel steht noch bereit.

Kenneth Gund / 19.04.2021

Ich sehe einer möglichen Kanzlerin Baerbock ganz sicher nicht mit Enthusiasmus entgegen. Aber schlimmer als ein die Machtbefugnisse des Merkel-Regimes erbender Kanzler Söder kann es auch nicht kommen. Vielleicht liegt in Baerbock sogar die Chance, auf eine Wiederbelebung des Parlamentes, wenn die CDU/CSU-Fraktion nicht in Nibelungentreue zur eigenen Kanzlerin gefangen ist, sondern sich darauf besinnt, dass das Grundgesetz den Bundestag über die Regierung gestellt hat.

Andreas Berlin / 19.04.2021

Nicht nur die Kanzlerin in spe Baerbock glänzt durch Unwissenheit, auch ihr Co-Partner Habeck hat ja schon erbost die deutschen Steuergesetze kritisert, weil die Pendlerpauschale angeblich direkt vom Finanzamt an die Bürger ausgezahlt werden würde…. Das ist die neue Welt: das Bestehende ist überholt und muss abgeschafft werden, aber schaut man genauer hin, kennen diese Ideologen die Wirklichkeit gar nicht. Das wird lustig und am Ende werden wir Corona und der Todeschance noch dankbar sein!

Heiko Stadler / 19.04.2021

Wenn die runtergewirtschafteten Reste des ehemaligen Wirtschaftswunderlandes nach der grünen Merkel*in wieder durch eine grüne Ahnungslose in den sozialistischen Endsieg abrutschen, dann kann wenigstens niemand behaupten, dass die AfD Schuld am ganzen Elend ist.

giesemann gerhard / 19.04.2021

Also Annalenchen hat schon recht mit den Kobolden: Das Cobalt ist von Bergleuten früher so genannt worden, weil sie sich genarrt sahen, meinten, das wäre ein wertvolles Erz, so ne Art Silber - und beim Heißmachen hat das Zeug gestunken, schlimmer als die Schwefelpartei. Ähnlich so bei “Narrengold”, das ist ein Eisensulfid, stinkt auch wie Hölle, wenn mensch’s heiß macht. Was wollte Annalena uns damit sagen?? Wir haben Platz? Halt nicht mehr für anständigen Wohnraum - aber kommts nur herein, Zimmerlein sein frei, seid umschlungen Millionen. Ich find sie süß, die wähle ich, in der Hoffnung, dass der Kanallje noch schneller die Luft ausgeht, als ohnehin schon avisiert. Paar Blackouts, mit Shutdown - selten war das Leben so unterhaltsam. Weil manche mögen’s heiß ... .

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 19.04.2021

Viel Spaß für die politische Zukunft Deutschlands, ob mit oder ohne Baerbock. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Carsten Krystofiak / 19.04.2021

Das Grüne Reich kommt. Die Frau ist maximal qualifiziert, den Weihnachtsbasar im Pfarrheim zu organisieren, aber die urbanen Wähler wollen das so. Wenn das Land dann bald endgültig ruiniert ist, können wir wieder an den Wiederaufbau gehen und Energieversorgung, innere Sicherheit und Wirtschaft wieder herstellen. Dann will es natürlich keiner gewesen sein und alle waren schon immer dagegen und keiner in der grünen Partei. Bis dahin also innere Ausreise und passiver Widerstand.

Torsten Hopp / 19.04.2021

Da ist es doch gut, dass in Zukunft dem Wähler überhaupt nichts mehr erklärt werden muss. Wer etwas nicht versteht, bleibt zu Hause (da macht bestimmt wieder als erstes Günter Jauch mit, wo es doch im Schloss so schön ist) oder wird mit Wasserwerfern vertrieben.

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