Ich besitze seit Jahren ein Buch über positives Denken. Es ist sehr realistisch geschrieben. Besonders der Teil über die Opferrolle. “Wir sind gerne Opfer”, Warum ? Weil viele Menschen dann die Aufmerksamkeit bekommen, wenn auch nur für kurze Zeit, die sie sonst nicht bekommen würden. Das ist sehr traurig. Wenn das Selbstbewußtsein eines Kindes von klein auf gestärkt würde, müßten viele Menschen sich nicht in eine unwürdige Opferrolle flüchten. Auch wenn sie Opfer sind. Opfer sollten selbstbewußt auftreten, dann werden sie wahrscheinlich auch anders behandelt. Ich sage nicht mehr Stasi-Opfer, sondern Stasi-Verfolgte. Das klingt schon ganz anders und ich fühle mich nicht klein. Ich habe mich in diese Rolle nicht hineinmanövriert, ich wurde gegen meinen Willen in diese Rolle gedrängt und möchte das auch selbstbewußt und ganz klar zur Sprache bringen. Übrigens herrlich Ihre Zungenbrecher, “.... all diesen Feministen dabei zuzusehen, wie sie vor den Feministinnen feministische Bücher…..” Übrigens, für Vergewaltiger und Kinderschänder müßte eine ganz anderes Strafmaß gelten.
“Wobei sie ihn nicht fallen lassen würden, wenn er sich anständiger verhalten hätte. ” Diesen Satz halte ich für das von hirnerweichten Möchtegernfrauenverstehern gestreute Gerücht. Gerade wenn er sich anständig verhalten hätte, wäre er nie in die Gefahr gekommen, fallengelassen zu werden. Gerade nach der Opferung der christlichen Einehe auf dem Altar des aufgeklärten (?) Feminismus (ich warte immer noch auf den angekündigten Idealzustand gegenseitiger Liebe und Wertschätzung für alle) hat sich das Verhalten der Frauen in Richtung Modell “Gottesanbeterin 2000” entwickelt, nur halt mit CC (carrier & contraception) statt Fortpflanzung. Aber jetzt soll das Kachelmannprinzip (K alleine im Aufzug, Frau steigt ein, K steigt aus) mit der Charly Sheen Methode (ich zahle nicht dass sie kommen, ich zahle dass sie gehen) vereint werden. Bravo! Mich erfasst ein feministisch-unbefriedigtes Wonnegefüht.
Wer in den Medien erst einmal den sicheren Opfer-Status innehat, befindet sich eigentlich auf der Siegerstrasse. Es fehlt ihm nicht mehr an Anerkennung, Aufmerksamkeit und Unterstützung. Wer hingegen den Täter-Status erwirbt, und das kann sehr schnell passieren, kommt von der Verliererstrasse so schnell nicht mehr runter. Er wird publizistisch zum öffentlichen Abschuss freigegeben. Zu den Letzeren gehören etwa Machos, Trump, AfD-Angehörige, teilweise auch Reiche oder etwa Banker, manchmal auch einfach Deutsche. Die Reihe der Opfer ist mindestens so lang: Islam-Angehörige, Dritte-Welt-Bewohner, Flüchtlinge, Anghörige von Minderheiten. Die Einen sind per se böse, die Anderen per se gut. Auf diese Art und Weise wird die Welt so schön übersichtlich. Und wenn man sich selbstverständlich auf die Opfer-Seite schlägt, ist einem die Anerkennung der Mitbürger gewiss. Sieht man die Dinge differenzierter, setzt man sich dem Unverständnis und Zorn des im heutigen Sinne „anständigen Bürgers“ aus. Teil einer Meute zu sein, ist stets befriedigender und sicherer als Teil der Beute zu sein. Außerdem scheint jede Hetzjagd, im Gefühl des sicheren Sieges, Spaß zu machen. Na dann, Weitmanns Heil.
Bill Clinton durfte mit “Zippergate” immerhin im Amt bleiben.
So vie Zeit muss sein: Um als Opfer gefragt zu sein, muss einem vor 15 Jahren ein Politiker die Hand ungefragt aufs Knie gelegt haben oder ein anderer angesäuselter ältlicher Politiker einer Nichtregierungspartei ins offenherzige Dekolleté gesabbert haben. Wenn allerdings eine Horde feuriger zu uns Gekommener ihre Triebe gemeinschaftlich an einer schon länger hier Lebenden ausleben, oder man von einer der 14 Identitäten eines Möchtegern-In-Den-Himmel-Zu-Den-72-Jungfrauen-Wollenden mit dem LKW plattgemacht wird, ist man als Opfer eher unsexy und kein Hastag-Hahn kräht nach einem.
Die nüchterne Stimme Roger Köppels tut gut. Sie macht nachdenklich und misstrauisch gegen die Macht der medial organisierten einseitigen Erregungsstürme, die (fast) immer moralische Überlegenheit und politische Korrektheit signalisieren, andrerseits unangemessen verurteilen wollen. Auch das Opferthema der Quotenfrauen, die es gem. Gendermainstreaming gar nicht geben dürfte, ist nicht neu. Weinsteins Couch allerdings könnte als Plot dienen für einen spannenden kunst- und medienhistorischen Film, der von Stars, Sternchen und Celebrities handelt, die glaubten, dass an Harvey kein Weg vorbei führt. Und auch von denen, die wussten, was ihnen blüht.
„Alle wollen Opfer sein.“ Es hat mich – Ex-DDR-Bürger – nach der sog. Wende auch überrascht, dass die DDR-Bevölkerung offenbar nur aus wenigen Tätern – Honecker, Krenz . . . -, dafür aus 15 Millionen Opfern bestand. Überall die gleiche Leier „Wir konnten nicht anders“ (Staatsorgane), „Wir waren eigentlich immer dagegen“, „wir durften nicht . . .“. Meine Erklärung: Moralische Mitschuld wird kompensiert, wenn man das Versagen bei der anderen Seite – die offensichtlich mit Macht ausgestattet ist – verortet.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.