Hier scheint wieder einmal dieses Bild durch: Merkel meint es irgendwo gut und nett, die Mutti, die alles irgendwie am Ende zusammenhält. Ich kann das nicht mehr hören. Zugegebenermaßen habe jedenfalls ich jahrelang an dieses Bild geglaubt, zumindest, dass sie das harmlosere Übel darstellt. Allein schon Merkels ständiges penetrantes “wir” ist überhaupt nicht nett. Es ist eigentlich eine lehrbuchmäßige Zurschaustellung narzisstischer Arroganz. Mutti handelt nach Gutdünken, dann wird wie selbstverständlich das Mitmachen der Untergebenen eingefordert. Zumindest das glaube ich ihr: das sie das ganz ernst meint ohne auf den Gedanken zu kommen, dass das irgendwie bizarr wirkt. Die Co-Narzissten ihrer eigenen Partei bestärken sie ja ständig durch serviles Verhalten. Ich will lieber gar erst nicht spekulieren, was daneben noch an Hintergedanken (die “geheime Agenda”, die jeder Mensch im Hinterkopf hat) in der deutschen Politführung herumspukt. Merkel und die Mainstreamparteien haben mein Vertrauen verspielt. In Firmen gibt es so etwas wie Rausschmiss aufgrund eines zerütteten Vertrauensverhältnisses. Ich sehe nicht ein, warum ich in alle Ewigkeit weiter Merkel und ihren “Volksparteien” zuhören sollte.
Ich halte Frau Merkel als Kanzlerin für völlig überfordert. Das zeigte sich bereits bei der Energiewende. Man hätte von einer promovierten Physikerin erwarten können, dass sie dem Volk erklärt, dass Fukoshima-Vorkommnisse in Deutschland schlicht nicht möglich sind und dass der bereits beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie wie geplant durchgeführt wird - statt dessen Rechtsbruch und immense Mehrkosten für den Steuerzahler. In der Eurokrise abermals mehrfach Bruch des geltenden Rechts - auch hier wird der (deutsche) Steuerzahler noch erheblich zur Kasse gebeten werden. Dann - das Merkel’sche ‘Meisterstück’: das Management der Flüchtlingskrise. Eine einzige Katastrophe ! Abermals wird sich über geltendes Recht hinweg gesetzt. Was würde mit dem Vorstandsvorsitzenden eines sich in einer Krise befindenden Konzerns geschehen, der, anstatt seinen Aktionären und Führungskräften verlässliche Zahlen und Lösungsvorschläge vorzulegen, das dämliche Mantra ‘Wir schaffen das’ wieder und wieder von sich gibt ? Er würde seines Amtes enthoben und nach Hause und in psychiatrische Behandlung geschickt. Was passiert hier ? Frau Merkel’s Umfragewerte sind wieder im Steigen begriffen. Verstehe einer die Deutschen !
Sehr geehrter Herr Köppel, mit sehr viel Interesse habe ich Ihre Einschätzung von Frau Merkel gelesen und muß Ihnen leider in allem zu stimmen. Als CDU-Mitglied , seit 25 Jahren, bin ich nun an einem Punkt angelangt, an dem ich mir nur noch wünsche, dass diese Kanzlerin zurücktritt. Da ich 1989 auch auf die Straße gegangen bin, damit demokratische Verhältnisse entstehen konnten und danach auch einige Jahre Kommunalpolitik betrieben habe, bin ich eigentlich nur noch entsetzt, was gerade in Deutschland geschieht. In diesem Herbst habe ich erlebt, wie Regierende eine Gesellschaft so spalten können, dass man sich ob des Hasses der zum Ausbruch kam, in die 30iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückversetzt sieht. Aber das Ganze erinnert mich auch an die DDR-Aera, was bei dem Parteitag in Karlsruhe so deutlich demonstriert wurde. Diese Frau hat einen Kader um sich gebaut, dass es sehr schwer ist, dieser Politik entgegenzutreten, denn für mich ist nicht ersichtlich, dass Deutschland das ” Wir schaffen das” packt. Und als Bürger fühle ich mich arrogant und demokratiefern bevormundet und gemaßregelt, dass ich nicht sehr optimistisch in die Zukunft blicke. Mit freundlichen Grüßen und besten Wünschen für 2016 Marion Köhler
Nun versucht sich auch Herr Köppel als Merkel-Versteher. Der verstorbene Spiegel-Journalist Jürgen Leinemann hat in seinem Buch “Höhenrausch” über ein Gespräch mit der “frühen Merkel” berichtet, dass sie ihre damalige FDJ-Tätigkeit nach eigener Aussage zu 30% aus Überzeugung und zu 70% aus Opportunismus übernommen habe. Da sich erwachsene Menschen kaum noch ändern, sagt dies im Grunde alles über die “heutige Merkel”. Die 30% Überzeugung hat sie beibehalten, indem sie sich ein DDR-ähnliches Umfeld (umgeben mit Nickern und Jasagern, Volkskammer- ähnlicher Bundestag durch Übernahme aller linken und grünen Oppositionspositionen, disziplinierte Medien, Rechts- und Vertragsbrüche ohne Konsequenzen) geschaffen hat, die 70% Opportunismus haben sie zu dazu befähigt. Noch Fragen?
„Sie ist im Gegenteil davon überzeugt, dass notfalls deutsche Interessen geopfert werden müssen, um die EU zu stärken.“ Das ist der zentrale Satz des Artikels. Die Bundeskanzlerin hat einen Eid geschworen, die Interessen des deutschen Volkes zu vertreten. Aus der Perspektive der Schweiz ist vollkommen offensichtlich, dass Merkel das nicht tut. Eigentlich müsste das auch zumindest den intelligenteren Vertretern der deutschen Qualitätspresse auffallen. Das Erstaunliche ist, dass die selbsternannte Vierte Gewalt im heutigen Staate Deutschland das nicht thematisiert. Man hat den Eindruck, dass von staatlicher Seite alle Register gezogen werden. Die Art der Steuerung der öffentlich-rechtlichen Meinungskartelle erinnert doch sehr stark an die ausgebufften Methoden, die im kalten Krieg zur Steuerung der eigenen Bevölkerung in BRD und DDR entwickelt wurden. Früher nannte man es Propaganda – heute „embedded journalism“. Aber während im militärischen Gebrauch klar ist, wer Freund und wer Feind ist, sind die Grenzen im zivilen Bereich offensichtlich fließend. Notfalls ist die eigene Bevölkerung der Feind.
Ich stimme Ihrer Analyse zu, was die simple, politische Machttechnik angeht. Allerdings kommt hier die Position des Wählers nicht mehr vor. Wen soll ich wählen, wenn mir genau diese Art Politik nicht gefällt? Sie schreiben:“Sie will Frieden, Freiheit und Wohlstand. In der Verfolgung dieser Ziele ist sie wendig, aber sie ist keine totale Opportunistin.” Warum denn keine totale Opportunistin? Ihre Analyse beschreibt doch ausführlich genau diese Eigenschaft. Und: Als Linke zerstört sie Wohlstand. Die Deutschen waren und bleiben führergläubig. Ich bin überzeugt: selbst eine schwere wirtschaftliche Krise mit sozialen Verwerfungen, die die Folge ihrer Politik sein wird, wird von den Deutschen nicht mehr ihr angelastet werden. “Wenn das die Kanzlerin wüste ...”
>Ich würde es ihr allerdings sogar noch hier zutrauen, dass sie den Kurs wechselt, wenn es die Not-Wendigkeit erfordert.< Sehe ich genauso. Wenn die AfD mit ihrer Politik doch bald bei 20% stehen sollte, wird auch Merkel darauf wieder reagieren und notfalls ihren Kurs vor der Bundestagswahl 2017 nochmals überdenken. Und warum sollte sie auch etwas an ihrer Art Politik zu machen, ändern? In den 10 Jahren ihrer Kanzlerschaft war es doch gerade diese Flexibilität bei politischen Entscheidungen, die sie und ihre Partei an der Macht hielt und andere Parteien wie die SPD oder die Grünen zur Verzweiflung trieb. Und immer ging es ja auch gut aus. Nur bei der Flüchtlingsfrage hat sie sich nun etwas zu sehr aus dem Fenster gelehnt und prompt Gegenwind wie nie zuvor bekommen. Auch daraus wird sie wieder lernen. Also vor meinem geistigen Auge sehe ich sie auch bei der WM 2022 in Katar als Kanzlerin für Deutschland in einem ihrer schicken Outfits auf der Tribüne jubeln. Aber weiß, vielleicht träum’ ich ja auch nur schlecht.
Lieber Roger Köppel, Ihre schon viele Jahre andauernde und in diesem Artikel erneut ein bissl zu respektvolle Betrachtung meiner Kanzlerin ist für mich, einen deutschen und politisch interessierten Wähler, immer wieder eine rhetorische Erholung und Grund, noch einmal neu und ohne Groll auf diese Kanzlerin zu blicken. Das ist deswegen hygienisch wertvoll, weil Nasen wie ich zwar nicht Merkel persönlich gewählt haben (auch wenn sie das meint, bzw. im Umkehrschluss, sie könne vom Volk abgewählt werden - das geht nun gerade nicht; vielleicht hat Angie doch das Prinzip unserer parlamentarischen Demokratie nicht verstanden), aber mangels seriöser Alternativen eben doch ihre Partei, die sie als Kandidatin nominiert hatte: man hadert zur Belohnung seit 10 Jahren und 24/7 mit ihrer Politik und ihrem Politikverständnis, das die durchaus fein tarierten Instrumente der Machtkontrolle mittlerweile komplett lahmgelegt hat. Die Gesetzes- und Verfassungsbrüche kann ich nicht mehr zählen, und sie werden auch nicht geahndet. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir Deutsche kaum direkte Mitsprachemöglichkeiten bei politischen Entscheidungen - daher sind eine funktionierende Opposition, verfassungstreue und somit ihrem Gewissen und ihrem Wählerwillen verpflichtete und nicht dem Fraktionszwang unterliegende Parlamentarier, sowie eine bis zum letzten Praktikanten freie Presse Grundpfeiler für eben diese nötige Machtkontrolle. Noch kein Politiker nach 1945 hat es in der Bundesrepublik geschafft, diese Bastionen so erfolgreich zu schleifen. Aber Merkel ist anders, in der DDR, sozialisiert worden. Für sie mag die Entwicklung eine immer freiheitlichere sein. Für viele konfliktfreudige, debattenstarke Bürger mit liberal-konservativem und zugleich pragmatisch-progressivem Weltverständnis ist die Degradierung zu am liebsten komplett fremdbestimmtem Stimmvieh aber kaum zu ertragen. Sie sehen also, zu meinem eigenen größten Bedauern, Ihr Hygieneartikel reicht nichtmal einen Leserbrief lang. Man kann nur hoffen, dass diese Ihre eingangs erwähnte und von Ihnen immer wieder publizierte Sicht auf meine Kanzlerin keine ähnlich schicksalhafte Wirkung zeitigt wie Ihre ebenfalls seit Jahren vorgetragene Bewunderung für den Blatter Seppel…. kleiner Scherz. Denn manchmal wünsche ich mir, sie täte es doch. Ihr viele lange Jahre immer gut unterhaltener Weltwoche-Leser D.W.
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