Vera Lengsfeld / 14.10.2013 / 11:02 / 4 / Seite ausdrucken

Alexanderplatz- Hochburg der Gewalt

Am Jahrestag der mörderischen Prügelattacke auf Jonny K. hat die „Welt“ einen Beitrag gebracht, der in vieler Hinsicht bemerkenswert und leider typisch ist. Es war nicht möglich, den Artikel an Ort und Stelle zu kommentieren, weil der Kommentarbereich nach kürzester Zeit wieder geschlossen wurde.
„Welt“ berichtet von zwei Gewalttaten, die am Wochenende am Alex stattfanden.
Einem Mann wurde der Schädel eingeschlagen, zwei wurden mit Messerstichen verletzt.
Ein Türsteher hatte einer Gruppe von sechs nicht näher bezeichneten jungen Männern den Eintritt in einen Tanzclub verweigert, worauf die brutal zuschlugen und zustachen.
Im Zweiten Fall kam ein gerieten ein Mann und eine wieder nicht näher bezeichnete Gruppe Jugendlicher aneinander. Der Mann soll die Jugendlichen mit einem Messer bedroht haben, worauf die eine Hetzjagd auf ihn veranstalteten, die für den Mann im Gleisbett der U-Bahn endete. Wie der Mann und die Jugendlichen „aneinander gerieten“, darüber werden die Leser im unklaren gelassen, selbstverständlich auch darüber, wer die jeweiligen Täter waren.
Es kommt eher selten vor, dass ein Einzelner mit einem Messer auf eine ganze Gruppe losgeht, nur um anschließend Fersengeld zu geben. Der wahrscheinlichere Fall ist, dass es sich um Selbstverteidigung gehandelt hat.
Zu diesem Schluss kamen auch alle vier Kommentatoren, die auf „welt-online“ noch sichtbar sind. Ein Schelm, wer denkt, dass deshalb der Kommentarbereich überstürzt geschlossen wurde?
Interessant ist die Tendenz des Artikels, der zweierlei suggerieren soll: Erstens hat die Polizei ihre Präsenz am Alex erhöht, zweitens sei die Zahl der Strafanzeigen „deutlich“ zurückgegangen.
Wer sich jetzt beruhigt zurücklehnen möchte, dem sei ein Blick auf die Zahlen empfohlen, die sich immerhin auch im Artikel finden: Von Januar bis September diesen Jahres hätte es nur 3941 Strafanzeigen gegeben, 192 weniger als im Vorjahr.
Damit sich die Bürger bei dieser guten Nachricht noch sicherer fühlen, hätte die Polizei ihre Präsenz um sechs Beamte erhöht und zwar wochentags von 9.00 bis 22.00 Uhr. Einen hübschen Namen hat diese Beamtentruppe auch bekommen: „Direktionskommando“.
Die beschriebenen Gewalttaten fanden am Wochenende statt. Hier ist eine Erhöhung der Polizeipräsenz aber fraglich, denn die Beamten müssten anderswo abgezogen werden, zum Beispiel aus dem Prenzlauer Berg, wo sich in und um die Kulturbrauerei herum neuerdings Mord und Totschlag häufen. Oder aus dem idyllischen Pankow, wo Kneipengänger in Gefahr laufen, dass ihnen die Ohren abgeschnitten werden.
Wenn die Zahl 3941 kein Druckfehler der „Welt“ ist, bedeutet sie, dass jeden Tag am Alexanderplatz zwischen zehn und fünfzehn Strafanzeigen gestellt werden.
Das klingt nicht nach einem friedlichen Herzen der Stadt. Das erinnert eher an Chicago in der Zeit der Prohibition. Die Frage ist, wie lange die Berliner noch über die wahren Verhältnisse in ihrer Stadt im Unklaren gelassen werden sollen.

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Leserpost

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Christian Weyland / 15.10.2013

@ Michael Lorenz: Tscha… für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg - Prenzlauer Berg Ost heißt der Wahlsieger bei der BTW 2013 “Die Linke” mit 25,1 Prozent, auf den Plätzen zwei und drei landen die SPD mit 24,0 Prozent sowie die Grünen mit 20,8 Prozent. In Pankow führt ebenfalls “Die Linke” mit diesmal 25,1 Prozent vor der -DU mit 23.5 Prozent und der SPD mit 22 Prozent. In Mitte (wo ja bekanntlich der Alexanderplatz liegt) führt SPD vor -DU vor Linke. (Quelle jeweils die WWW-Seite des Landeswahlleiters Berlin) Die Zustände in Berlin scheinen uns also mehr zu stören als die Berliner.

Ralf Hemmer / 14.10.2013

Das schlimme an der berliner Kriminalitätskatastrophe ist, dass 90% aller Taten von gerade einmal etwa 1.000 Personen begangen wird. Von denen sitzt idR. 1/3 ein oder ist auf Bewährung und der Rest “kümmert” sich um die Statistik. Pro Jahr und Kopf kommen locker 10 Straftaten zusammen, ohne Berücksichtigung unaufgeklärten Taten. Gäbe es in Berlin eine halbwegs rationale öffentliche Ordnung (bzw. politische Führung) würden Mehrfachtäter - auch welche die noch unter das Jugendstrafrecht fallen - für mehrere Jahre ins Gefängnis wandern und das völlig ausgeuferte Kriminalitätsmilieu wäre sehr schnell ausgetrocknet. Man müsste die Straftäter also nicht einmal ausweisen (ich nehme an, in der Mehrheit sind die Täter keine Deutschen), um die Ruhe wieder herzustellen. Offenbar gibt es aber keine Interessen, die Stadt zu befrieden. Vermutlich ist dies einer Melange geschuldet aus finanziellen Ursachen, Gefängnisse sind sehr teuer, wahltaktischen Kalkulationen, viele Migranten und va. Linksautonome dürfen auch wählen, sowie ideologischen Gründen, da eine Law-and-Order Politik nichts anderes wäre als eine Kapitulationserklärung der Linken. Das darf nicht sein und so bleibt alles beim alten.

Alexander Bertram / 14.10.2013

Schönen Dank für Ihre Forderung nach Polizei! Fühlen Sie sich als nur sicher mit Polizeipräsenz ;-)? Vom Polizeistaat im Osten haben Sie wohl noch nicht genug? Weniger Polizei, weniger Beamte, weniger Bürokratie (Strafanzeigen und Verwaltung), mehr Verantwortung der Bürger wäre sinnvoll oder wollen Sie Blockwartsystem und Überwachung wie es im Dorf üblich ist und trotzdem liegen auch dort “die Leichen” im Keller. So wie die Medien uns suggerieren wollen, dass in Indien permanent vergewaltigt wird, so wollen Sie uns weismachen, wie gefährlich Berlin ist. Von Einzelereignissen, die wir aufgrund des fehlenden Internets vor zwanzig Jahren (man muß langsam sagen - glücklicherweise) gar nicht kannten, wird nun verallgemeinert. Ich habe keine Angst in Berlin, nicht vor “nicht näher bezeichneten Personen” und nicht vor “Mord und Totschlag”, aber vor Polizei, die ohne Grund um sich schiesst. Und ich schätze keine Pseudo-Präsenz und das Belästigen mit Unwichtigem wie Parken ;-).

Michael Lorenz / 14.10.2013

Wenn ich jetzt mehr Zeit übig hätte, würde ich mir die Daten der letzten BTW online aufrufen und die lokalen Ergebnisse Berlins untersuchen. Das würde die Frage klären, ob den Berlinern die Zustände so gefallen oder nicht, denn Protestwählen war dieses Mal ja sehr einfach. Aber warum soll ich viel Zeit in die Klärung einer Frage stecken, deren Antwort ich mit 95%iger Sicherheit schon vorher kenne?

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