Schwarzfahren gilt neuerdings als rassistischer Begriff. Wie soll man aber in Zukunft fahren, wenn man ohne Fahrschein ist? Nach reiflicher Überlegung scheiden sämtliche Farben aus – bis auf grün.
Leider kann ich mich nicht mehr genau erinnern, ob ich in meiner Jugend schon mal schwarz gefahren bin. Ich möchte es aber nicht völlig ausschließen. Sollte es der Fall gewesen sein, so möchte ich mich in aller Form für diesen Akt üblen Rassismus' entschuldigen. Da ich aber heutzutage ganz sicher nicht mehr schwarz fahre, kann ich mit Stolz behaupten: Ich bin seit langem rassismusfrei. Also fein raus.
Die Erkenntnis verdanke ich den Berliner und Münchner Verkehrsbetrieben, die das Wort Schwarzfahren aus ihrem offiziellen Sprachgebrauch gestrichen haben. Ziemlich spät, wie ich finde. Und ich frage mich: In welcher Form tun sie Buße für ihre rassistische Sprachvergangenheit? Wie wär's mit Gratisfahrten für people of colour? Das wäre ein schönes Beispiel tätiger Reue.
Dass das Wort Schwarzfahren in keinerlei Zusammenhang mit dunkelhäutigen Menschen steht, hat nach modernem, erweckten Sprachverständnis keinerlei Bedeutung. Schwarz geht nicht, basta. Es muss sprachbereinigt werden. Ende der Debatte.
Grünfahren heißt umweltschonend fahren
Wie aber soll man in Zukunft fahren? Rotfahren? Auf keinen Fall. Das wäre eine Verächtlichmachung der amerikanischen Urbevölkerung, die man in der bösen alten Zeit ja als Rothäute bezeichnete. Blaufahren geht auch nicht. Das wäre eine Diskriminierung der Säufer-Community. Also auch nicht woke. Weißfahren wiederum wäre eine unzumutbare Verherrlichung der durch Rassismus, Kolonialismus, Imperialismus, Nationalismus, Europäismus, Monetarismus, Germanismus und überhaupt Gesamtismus belasteten hellhäutigen Menschen.
Bleibt also für die Zukunft nur noch Farblosfahren? Auch das wäre problematisch, weil es sich dabei um eine Diskriminierung der vielen Menschen handeln würde, die – zum Beispiel als Partygäste – unter einer gewissen Farblosigkeit leiden.
Aber zum Glück haben wir als Alternative, um nicht zu sagen alternativlos, ja noch das Grünfahren. Grün ist gut. Es ist von Hause aus politisch korrekt, auch wenn der politisch grüne Mensch (die grüne Menschin?) zuweilen genauso schlitzohrig handelt wie mancher nichtgrüne Normalo. Entscheidend ist: Grünfahren heißt umweltschonend fahren. Also müssen wir alle Grünfahrer werden. Das ist zwar ein bisschen teurer als das Schwarzfahren, aber dafür ist es woke.
So, jetzt schalte ich erst einmal den Fernseher ein und schau mir zu diesem Thema die politisch korrekten Nachrichten an. Die Gebühren habe ich bezahlt. Sonst wäre ich ja ein Schwarzseher. Also doch ein Rassist.