Martina Binnig, Gastautorin / 24.10.2022 / 06:15 / Foto: Imago / 93 / Seite ausdrucken

Klimarettung: 10-Jahrespläne mit Bill

Bill Gates kultiviert die klimabewegte Endzeitstimmung und glaubt die globalen Treibhausemissionen auf null senken zu müssen. Sein politischer Einfluss in der EU und den USA ist groß.

Am 18. Oktober veröffentlichte Bill Gates unter dem Titel „Der Stand der Energiewende“ sein „jährliches Memo über die Reise zu null Emissionen“ auf seinem Blog GatesNotes. Einleitend fasst er zusammen:

„Als ich vor 15 Jahren begann, mich mit dem Klimawandel zu beschäftigen, kam ich zu drei Schlussfolgerungen. Erstens: Die Abwendung einer Klimakatastrophe ist die größte Herausforderung, der sich die Menschen je gestellt haben. Zweitens: Die einzige Möglichkeit, diese Herausforderung zu meistern, besteht darin, aggressiv in die Innovation und den Einsatz sauberer Energien zu investieren. Und drittens: Wir müssen jetzt loslegen.“ Und er ergänzt: „Seitdem hat ein Zuwachs an privaten und öffentlichen Investitionen die Innovation schneller beschleunigt, als ich zu hoffen wagte. Diese Fortschritte lassen mich optimistisch in die Zukunft blicken. Aber ich bin auch realistisch, was die Gegenwart betrifft. Die Welt muss die jährlichen Treibhausgasemissionen immer noch von 51 Milliarden Tonnen auf Null reduzieren, doch die globalen Emissionen nehmen jedes Jahr weiter zu.“

In ähnlich heroischem Tonfall geht es weiter:

„In den letzten zehn Jahren sind wir endlich in Fahrt gekommen. In den nächsten drei Jahren müssen wir viel weiter und viel schneller vorankommen. Ich glaube immer noch, dass wir die Klimakatastrophe vermeiden können - wenn wir die nächste Generation dazu bringen, die größte Krisenbewältigung in der Geschichte der Menschheit in Angriff zu nehmen.“

Dieser Superlativ, nämlich „die größte Krisenbewältigung in der Geschichte der Menschheit“, erfordert natürlich entsprechende Maßnahmen, denn jede menschliche Aktivität erzeuge Treibhausgasemissionen. Der Sektor mit den meisten Emissionen, sprich 30 Prozent der Gesamtemissionen, sei jedoch die verarbeitende Industrie, die Dinge herstellt, von denen das moderne Leben abhängt, wie Zement, Kunststoff und Stahl. Deswegen schlägt Gates einen dreifachen Lösungsansatz vor: Erfindungen im Bereich sauberer Technologien, Senkung der Kosten für neue saubere Technologien sowie die schnelle Einführung dieser wettbewerbsfähigen Technologien. So betont Gates: „Wir müssen jeden einzelnen Teil der Infrastruktur, der für die alten Verfahren verwendet wird, durch eine Infrastruktur ersetzen, die für die neuen Verfahren geeignet ist.“ Als Beispiel nennt er die derzeit weltweit 2412 Kohlekraftwerke und statuiert: „Jedes einzelne dieser Kraftwerke wird ersetzt werden müssen.“

Gates kommt zu dem Schluss: „Jetzt müssen wir innerhalb von etwa 30 Jahren alles stilllegen und mit sauberen Technologien neu beginnen. Ich habe mehr Vertrauen in die Märkte als viele andere Menschen, aber selbst ich glaube nicht, dass der Markt allein eine ganze Wirtschaft in nur wenigen Jahrzehnten auf Null stellen kann. Wir brauchen einen Plan, um diesen Prozess zu beschleunigen.“ Um diesen Plan geht es Gates auch in seinem Engagement in der Investmentgesellschaft Breakthrough Energy Ventures, kurz: BEV. Deren Selbstbeschreibung liest sich so: „BEV ist eine Investmentgesellschaft, die sich um die Finanzierung, Markteinführung und den Ausbau von Unternehmen bemüht, die die Treibhausgasemissionen in der gesamten Weltwirtschaft beseitigen werden.“ Und Gates verweist auf die großen Erfolge von BEV: Während 2016 sich nur 21 Unternehmen Klimaziele gesetzt hätten, seien es jetzt 3.671. Das „Katalysatorprogramm“ von Breakthrough Energy arbeite mit Fluggesellschaften, Automobilherstellern und Stahlunternehmen zusammen, die sich für den Einsatz sauberer Technologien engagieren, sowie mit Banken und Investmentfonds, die an deren Finanzierung interessiert sind.

„Wir können nicht so tun, als wäre die Energiewende nicht einschneidend“

Ein weiterer Grund für diesen Innovationsschub sei auch die öffentliche Politik, die in den letzten Jahren ehrgeiziger geworden sei. In den vergangenen zwölf Monaten habe der US-Kongress drei klimarelevante Gesetze verabschiedet und Präsident Biden sie unterzeichnet: den Inflation Reduction Act, das Bipartisan Infrastructure Law und den CHIPS and Science Act. Die Europäische Union habe ihrerseits 2021 den Nullverbrauch bis 2050 gesetzlich verankert und im selben Jahr ihr Ziel der Treibhausgasreduktion erhöht: nämlich von 40 Prozent auf 55 Prozent bis 2030. Der konkrete Plan zur Erreichung dieser Ziele durchlaufe derzeit allerdings noch das Gesetzgebungsverfahren.

Leider setze jedoch der Krieg in der Ukraine und die dadurch verursachte Energiekrise den wachsenden Klimakonsens auf dem europäischen Kontinent unter Druck. Allerdings bewertet Gates die europäische Energiekrise letztlich durchaus positiv: In einem Interview im Wirtschafts- und Finanznachrichtensender Consumer News and Business Channel (CNBC TV) sagte er wörtlich: „Langfristig ist das gut, denn die Menschen wollen nicht von russischem Erdgas abhängig sein und werden daher schneller auf diese neuen Konzepte umsteigen.“

Immerhin gibt Gates auf seinem Blog zu: „Wir können nicht so tun, als wäre die Energiewende nicht einschneidend. Es werden zwar neue Branchen und Arbeitsplätze entstehen, aber einige alte werden verschwinden. Die neue Infrastruktur wird sich auf die Gemeinden auswirken, in denen sie ausgebaut wird.“ Dabei sieht er vor allem die USA und Europa in der Bringschuld: „Wir haben also noch 18 Jahre Zeit, um von hier nach dort zu gelangen. Europa und die Vereinigten Staaten, die in der Vergangenheit den größten Teil der CO2-Emissionen verursacht haben, sind es der Welt schuldig, nicht nur ihre eigenen Emissionen zu beseitigen, sondern auch aggressiv zu investieren und die Umweltaufschläge (Green Premiums) zu senken. Dies wird anderen Ländern, die nicht viel mit der Verursachung des Klimawandels zu tun haben, die Chance geben, den Ausstoß von Treibhausgasen zu stoppen und gleichzeitig ihre Wirtschaft auszubauen und ihren Lebensstandard zu verbessern.“

"Rigorose 10-, 15- und 20-Jahres-Pläne"

Schließlich schiebt Gates persönliche Betroffenheit vor: „Als Vater von drei Kindern weiß ich, dass 18 Jahre keine lange Zeit sind. Deshalb bitte ich das Team von Breakthrough Energy, mit Innovatoren und anderen Klimaexperten zusammenzuarbeiten und rigorose 10-, 15- und 20-Jahres-Pläne zu entwerfen, um die Green Premiums auf Null zu senken. Wir können nicht einfach auf das Beste hoffen. Wir müssen es gemeinsam planen. Dies ist die schwierigste Herausforderung, der sich die Menschen je gestellt haben. Noch nie gab es eine Mobilisierung in diesem Umfang, in diesem Ausmaß, in dieser Geschwindigkeit und über einen so langen Zeitraum. Aber die Menschheit stand auch noch nie vor einer derart existenziellen Krise wie dem Klimawandel. Ich bin optimistisch, was die Fähigkeit der Menschen in einer Krise angeht, und langfristig würde ich nicht gegen uns wetten. Leider haben wir nicht den Luxus eines langen Zeitraums. Wir haben bereits viele Energiedurchbrüche erzielt. Wir müssen mehr erreichen, und zwar schneller, um eine Klimakatastrophe zu vermeiden.“

Nun sind selbstverständlich nicht vielversprechende Erfindungen zur Schonung von Ressourcen das Problem, sondern die alleinige Fixierung auf Treibhausgasemissionen. Denn die „Net-Zero“-Politik, hätte, bevor neue Lösungen zur Energieversorgung gefunden worden sind, eine weitreichende Deindustrialisierung zur Folge mit fatalen Auswirkungen. Der unbedingte Glaube an das böse CO2 ist ohnehin wissenschaftlich längst nicht so haltbar, wie Gates weismachen will. So gibt es ernst zu nehmende wissenschaftliche Publikationen, die diesen „Öko-Populismus“ infrage stellen. 

Auch könnte es einem herzlich egal sein, was ein einzelner Milliardär wie Gates von sich gibt, wenn er nicht über seine Stiftung und entsprechende Spenden einen immensen Einfluss auf Politik und Medien ausüben würde.

Foto: Imago

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J. Mueller / 24.10.2022

Mr. Gates sagt aber nicht, wer das alles bezahlen soll. Es bleibt dabei: Auch Gates gehört in den Bereichen Physik, Energie, Technik, Logik und bewiesenermaßen Wirtschaft ebenso wie Habeck, Graichen, Kemfert, Lies, die Grünen, Roten und Linken zu den absolut inkompetenten und qualifikationslosen Vollidioten. Sie fügen ausgewählten Ländern grösstmöglichen Schaden zu und genehmigen sich für ihre ideologiegetriebene Unfähigkeit fürstliche Honorare.

Dr. Joachim Lucas / 24.10.2022

Die Menschen müssen weg. Bei 0-“Emissionen” sind sie das dann auch. Dann kann er mit Leyen den Planeten alleine bewohnen. Man kann gemäß den Weltplänen bestimmt auch die Emissionen dimmen. Bei 100 sind wir in der Römerzeit, bei 200 im Mittelalter, bei 500 am Beginn der industriellen Revolution. Da muss aber dann Schluss sein. Mal sehen, was die Hybris alles so hervorbringt.

Albert Pflüger / 24.10.2022

Es ist ein Aberwitz, daß ausgerechnet von der von Gates vertriebenen Software in unvorstellbarem Umfang die IT der Industrieländer abhängt. Der bekennende Industrie-Zerstörer sorgt für die Steuerung…. ein Albtraum, wie man ihn sich schlimmer nicht vorstellen könnte. Wissen wir denn, ob wir noch tun können, was wir für richtig halten, oder haben wir längst keine Wahl mehr?

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