Als gebürtiger Sachse und zehn Jahre älter als der Autor kann ich ihn nur bestätigen. Weder meine Eltern noch wir als Nachkriegsgeneration haben die Ereignisse um das Kriegende als Befreiung im Sinne von ” die Freiheit erlangen ” erleben können oder wollen. Auch die berühmte Rede Richard von Weizsäckers am 8. Mai 1985 hat daran nichts geändert. Für ihn war die Niederlage Nazi - Deutschlands ein Tag der Befreiung, allerdings lehnte er eine Kollektivschuld ab. ( “Schuld ist immer persönlich.”) Versäumt hatte er, eindeutig zwischen den Erfahrungen der Ost - und der Westdeutschen zu unterscheiden. Und hier liegt auch der Hase im Pfeffer was die Beurteilung des derzeitigen Kremlherrschers betrifft. Die Geschichte wird eines Tages ihr Urteil darüber sprechen inwieweit dieser sich in die Kontinuität der Stalin - Nachfolger einreiht. Dessen aggressive Außenpolitik und die wieder entflammte Stalin - Verehrung in Russland sprechen eine klare und beängstigende Sprache. Und die Scheuklappen tragenden Putinisten vorwiegend westlich der Elbe dürften das auch aus Mangel an Erfahrung ignorieren. Wahrscheinlich wachen sie erst auf, wenn - hoffentlich ! - der ehemalige KGB - Mann vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag landet.
Tja, die DDR hinterlässt ja vielleicht doch sowas wie eine “Schicksalsgemeinschaft” - mehr, als es man es in den Jahren seit 1989 wahrhaben wollte. Und in dieser Gemeinschaft sitzt man dann zusammen mit Polen, Tschechen, Ungarn, Litauern…...... durchaus in Abgrenzung zu Westeuropa, insbesondere den Westdeutschen - eben einer bestimmten Haltung. In das Bild einbeziehen muss man die Partei der “Linken”, die sich nach allerlei Metamorphosen nun als SPD-Erbe und ostdeutsche Regionalpartei präsentiert. Es gibt die positiven wie die negativen Bezüge, wie immer ist alles ambivarent. Aber “Rot-Blutrot-Grün” scheint, wenn man sich bei Deutschlands Nachbarn umsieht (in Ost- wie Westeuropa!), doch etwas aus der Zeit gefallen zu sein. Das macht Hoffnung.
Lieber Herr Weißgerber, Sie sollten nicht vergessen, das sich die Rote Armee im Vergleich zu unseren Vorfahren in Ostdeutschland ausgesprochen zivilisiert aufgeführt hat. Es gab zum Beispiel keine vergasten Kriegsgefangenen und auch keine Stadt in Ostdeutschland, in der jeder Laternenpfahl mit einem toten “Untermenschen” verziert wurde. Übrigens hat sich die US-Army auch eine ganze Reihe an Verbrechen zu Schulden kommen lassen. Zum Beispiel allein in Bayern 850.000 aktenkundige Vergewaltigungen durch Angehörige der US-Army. Daneben gab es auch noch unzählige Diebstähle und andere Straftaten, welche wie die Vergewaltigungen mit Schokolade und Kaugummi zugeschüttet wurden. Vielleicht darf ich Sie zum Schluss auch an den ausgeraubten ungarischen Goldzug erinnern. Ein bisschen weniger tendenziöses Geschreibsel hätte Ihren Ausführungen jedenfalls nicht geschadet. Wenn man Ihren Ausführungen folgt, könnte man meinen, Stalin ist der Sack, in dem Putin steckt.
Gelangweilt das sozialistische Experiment aus der Ferne beobachten ? Möglich. Allerdings würden Sie dann mit ziemlicher Sicherheit heute zu der großen Mehrheit der Deutschen mit westdeutscher Sozialisation gehören, die aktuell noch jeden Unsinn über sich ergehen lassen und mit Schmackes das Gesellschaftsmodell des jung vereinigten Deutschland vor die Wand fahren. Manchmal zeigt sich der Nutzen von vorgeblich zusätzlichen 40 nutzlosen Jahren erst einige Jahre später. Aber Dank der Erfahrungen aus diesen 40 Jahren kann man aktuell viele Dinge komplett anders sehen als die Altersgenossen 80km weiter westlich. Immerhin wird dieser “Erkenntnisvorsprung” zumindest dafür reichen, rechtzeitig zu erkennen, wann man dieses von Roosevelt und Churchill einst mit soviel “Demokratie” bestückte Land tunlichst verlassen sollte.
Sehr geehrter Herr Weißgerber, ob das die ehemalige DDR Bürgerin Angela Dorothea Kasner (verh. Merkel) auch alles so verinnerlicht hat, wie Sie, ist fraglich. Frau Merkel wurde vom ehemaligen US Präsidenten Georg W. Bush immer wieder dafür gefeiert, dass sie das kommunistische System hinter sich gelassen hätte und zur Freiheitskämpferin für Demokratie wurde. Ja, wer in der DDR aufwuchs hat die Diktatur des Proletariats kennengelernt. Frau Merkel wurde aber in ihren Amtszeiten allmählich von der Freiheitskämpferin zur “Staatsratsvorsizenden”, wie Cora Stephan in ihrem Buch ” Angela Merkel ein Irrtum” schreibt. Wie ist es sonst erklärbar, dass Merkel private deutsche Energieunternehmen quasi enteignet und die staatlich gelenkte Energiewende durchgesetzt hat. Wieso gewährt Angela Merkel einer maroden griechischen Regierung unter Leitung des Radikalen Linken Tsipras permanente Staatshilfen, unter Bruch europäischer Gestze ? Und schliesslich wurde Merkel selbst zur Diktatorin, als sie den CDU- Parteitagsbeschluss von Essen -zur Aufhebung des Doppelpasses - als nicht relevant abkanzelte. Herr Weißgerber, Sie hätten getrost in Ihrer Aufzählung am Ende des Aufsatzes, die CDU mit einreihen können.
Diese Geschichtsinterpreten ohne Hintergrund sind immer die besten..Wir im Osten hatten da so ganz anderen realen “Spass” da hat der Autor völig recht.
Sie haben in allem recht, lieber Herr Weißberger, nur in einem nicht ganz. Ich stamme aus Budapest (Ungarn) und habe den Aufstand dort erlebt. Es war anfangs tatsächlich ein Volksaufstand. Dann aber begannen die ersten Faschisten (Gendarmerie) wieder aufzutauchen. Meine Familie und auch andere Juden bekamen Drohungen. Eine der “schönsten” war, was mein ältester Bruder an der Uni bekam, wo er Prof für Physik war. Übersetzt: “Itzig, Itzig, wir warten nicht bis Auschwitz!”— Wir waren eine intellektuelle Familie, Geld, Vermögen hatten wir nie. Außer daß wir Juden waren, haben wir nie etwas verbrochen. Der wieder aufflammende Antisemitismus war der Grund, warum wir ausgewandert sind. Soweit ich es weiß - ob es stimmt, weiß ich nicht - gab eine solche Stimmung nur in Polen, in keinem anderen Ostblockland. In Ungarn war es sehr deutlich.— Die Sowjets haben in Ungarn fast unermesslichen Schaden angerichtet, ohne Zweifel, materiell genauso wie moralisch. Uns Juden haben sie das Leben gerettet, das auch ohne Zweifel. Das kann ich ihnen nie vergessen, trotz allem was sie dann verbrochen haben.— Sollte mein Schreiben nicht ganz klar sein, verzeihen Sie mir bitte. Bin immerhin 86. lg alma Ruth
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