112-Peterson: Warum der soziale Status wichtig ist

Wir leben in einer Gesellschaft. Das bedeutet eine ganze Menge. Es geht hier nicht nur um die menschliche Gesellschaft, denn das Leben spielte sich schon immer in Gesellschaften ab. Hummer beispielsweise leben in Dominanzhierarchien. Sie benutzen ihr Serotonin-System teilweise, um ihre Position in der Rangordnung zu behaupten. Das bedeutet, man kann Hummern Antidepressiva verabreichen, wenn sie besiegt werden und sie fühlen sich nicht to schlecht, nachdem sie einen Kampf verloren haben.

Stellen Sie sich das einmal vor! Antidepressiva machen mit uns Menschen genau das gleiche. Wir sind so unglaublich sozial, weil die Kreisläufe, die sich vor 300 Millionen Jahren entwickelt haben, als die Hummer und wir einen gemeinsamen Vorfahren hatten, immer noch von der Basis unseres Gehirns aus wirken. Darum ist Status und Ruf den Menschen so wichtig.

Das Serotonin-System beherrscht die Regulation unserer Gefühle. Wie andere auf uns reagieren und was sie über uns denken, spielt für uns eine große Rolle. Darum sind viele von uns, gerade die jüngeren, die ganze Zeit bei Facebook, um ihre Nachrichten und ihren Online-Status zu überprüfen. Ständig in Kontakt mit anderen sein und sehen, was es neues gibt. Wo liegen Sie in der Wertschätzung und Wahrnehmung anderer? Das ist sehr wichtig, weil es die Regulierung unserer Gefühle bestimmt.

Der Mythos vom Patriarchat

Wir existieren also immer in einer Gesellschaft. Diese Gesellschaft hat zwei Elemente: Das tyrannische Element, also beispielsweise der tyrannische König, um es verkürzt auszudrücken, eine wichtige mythologische Figur. Man denke nur an Scar in „Der König der Löwen“. Natürlich gibt es im echten Leben ebenfalls genügend Vorbilder. Das zweite Element wäre der gütige König, der die Quelle alles Guten einer Kultur ist.

Auf Grundlage solcher Mythen wird auch Politik betrieben. Das anhaltende Gerede über das Wesen des Patriarchats beispielsweise ist Teil eines Mythos. Der Mythos besteht in der Annahme, dass Gesellschaft unterdrückend sei. Natürlich ist sie das! Jeder von uns muss ein bisschen so sein wie die anderen, auch wenn wir es nicht sind, damit wir überhaupt miteinander klar kommen.

Jeder von uns opfert einen enormen Teil seiner Individualität dem allgemeinen Modus Vivendi. Darin ist ein tyrannisches Element enthalten. Zugleich steckt darin aber die Grundlage der Kooperation sowie der Stabilität der Gesellschaft.

Dies ist ein Auszug aus einer Lesung von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Auszug und hier zur gesamten Lesung.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Hilde Maas / 06.05.2020

Seit Monaten schon hat sich der persönlich und gesundheitlich schwer angeschlagene Peterson aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Er hat seine große Zeit gehabt, und es ist nicht mehr davon auszugehen, dass er zu seiner alten Form zurückfinden wird. Es gibt also momentan nicht mehr diese diskussionsfreudige und lebendige Persönlichkeit, die früher hinter den Texten gestanden hat. Angesichts der rasanten Veränderungen, mit denen wir es gerade täglich zu tun haben, kommen mir diese inzwischen alten Texte nun vor wie intellektuelle Geisterschiffe. Sie scheinen sich erledigt zu haben.

Hermine Mut / 06.05.2020

Menschen sind verschieden. Die dem Einzelnen angemessene, zustehende menschliche Wertschätzung und Bewertung (“Ehre”= Status ?) ist in der anonymen Massengesellschaft wohl nicht zu verwirklichen .  ich denke, hierfür brauchts , gekannt - erkannt - anerkannt zu werden innerhalb einer überschaubaren Gesellschaft-Gemeinschaft, die Verdienste, Potentiale wie auch - menschlich ! -  Defizite sehen und aufwägen kann, um zu einem guten Urteil zu kommen. Matthias Claudius : “...Es ist nichts groß, was nicht gut ist. ...Wolle nicht immer großmütig sein…gib gerne, wenn du hast, und dünke dich darum nicht mehr. Und wenn du nicht hast, so habe den Becher frischen Wassers zur Hand und dünke dich darum nicht weniger….Es ist leicht, zu verachten, aber verstehen ist viel besser…” (An seinen Sohn Johannes).

Werner Arning / 06.05.2020

Unser Selbstwertgefühl wird überaus stark davon bestimmt, wie Andere uns sehen. Würden wir nicht „den gesellschaftlichen Spiegel“ vorgehalten bekommen, wüssten wir kaum, wo und wie wir uns einzuordnen hätten. Unser Selbstbildnis ist also eigentlich kein Selbstbildnis, sondern es besteht aus der Meinung, die Andere von uns haben. Wessen Selbstwertgefühl etwa in der Kindheit bereits gestärkt worden ist, hat möglicherweise bessere Karten als der, der sich das positive Selbstbild erst erarbeiten muss. Vielleicht ist seine Meinung von sich nicht so besonders positiv. Vielleicht meint er, vom Leben nicht so besonders viel erwarten zu dürfen. Vielleicht gibt er sich vorschnell zufrieden. Sich zufrieden zu geben ist gut, doch sollte sich dieser Mensch einigermaßen sicher darüber sein, dass sein Leben seinem Potential angemessen ist. Denn dann bewegt er sich im Leben mit der inneren Sicherheit, die den Betreffenden weitestgehend unabhängig macht von der Beurteilung seitens Anderer. Dann ist er auf dem Weg zu einer Individualität, die ihn frei macht, die zu ihm passende „Gesellschaft“ zu suchen. Er ist der Gesellschaft nicht mehr unterworfen, sondern sucht sich diese nach eigener Einschätzung aus. Er steht der Gesellschaft mit der ganzen Macht eines Individuums gegenüber. Er lehnt die Gesellschaft nicht ab, ist ihr jedoch auch nicht ausgeliefert.

Wiebke Ruschewski / 06.05.2020

Eigentlich sind das Binsenweisheiten. Aber man liest immer wieder von Freiheit und Selbstbestimmung und Eigenverantwortung usw. Die allermeisten Leute ticken aber einfach nicht so. Es geht nicht ohne Regularien und soziale Kontrolle durch andere. Bei keiner sozialen Tierart tun die Individuen einfach was sie wollen. Jeder muss sich irgendeinem Druck oder Zwang beugen. Selbst Obdachlose und Eremiten sind nicht völlig frei. Aber über das Ausmaß des Zwanges, der in einer Gesellschaft ausgeübt wird, darf selbstverständlich gestritten werden. “So wenig wie möglich, soviel wie nötig” könnte man wohl grob festhalten.

Karla Kuhn / 06.05.2020

Sozialer STATUS ?? Ist das nicht etwas für welche die NICHTS können aber so tun als ob und den “Sozialen Status” wie ein Monstranz vor sich hertragen um so zu sagen, “Schaut her, ich bin wer ?” Da gab es doch vor Jahre mal diese lächerliche Werbung, “Mein Haus, mein Pferd, .....”  “Jeder von uns opfert einen enormen Teil seiner Individualität dem allgemeinen Modus Vivendi”  Nein, das glaube ich nicht. Nicht jeder ist dazu bereit. Manfred Krug wurde mal gefragt, WARUM seine Ehe schon so lange hält, seine ANTWORT, wir wohnen in einem Haus mit zwei Wohnungen, da geht keiner dem andren auf den Geist und wenn wir uns sehen swollen, besuchen wir uns. Wahrscheinlich wären viele Ehen heute noch intakt, wenn sich einer nicht dem andren unterordnen würde/müßte. Denn eins ist klar, es gibt IMMER einen, der den anderen bevormunden will und einen, der das zuläßt. Wir haben es genau so gelöst wie Manfred Krug.

Dieter Weiss / 06.05.2020

Was ist das aber für ein Unterschied, ob die Weiber geradezu den Staat regieren, oder ob die, welche ihn regieren, sich von den Weibern regieren lassen (Aristoteles)

Thomas Taterka / 06.05.2020

Als ehemals Selbstständiger, der seinen Beruf geliebt hat, erhielt ich die Chance , den eigenen Statustod zu überleben. - Ich hab ’ mir einfach ein neues Herz wachsen lassen, damit ich die Folgen der Einwanderung und des Gewerbemietwuchers wieder konziliant besprechen kann , um der ” Nachhut “ nicht alles vorzusagen, was sie bedroht. Je älter ich werde, desto mehr fühle ich mich wie der überlebende Angehörige eines ausgerotteten Stammes, der an seinem Reservatstipi die US - Flagge wehen lässt, als posthumes Friedensangebot. Die Neigung zum Buch ist allerdings unzerstörbar : endlich kann ich wirklich lesen , was ich will und brauche auf den Verkauf keine Rücksicht mehr zu nehmen, was mich am Beruf immer verärgert hat. Durch Zerstörung “geheilt entlassen”,  gehe ich manchmal aufmerksam durch Straßen, die der Veränderung entgegenschlummern , nichtsahnend und denke : ” Auch ich war so blind und habe gehofft , es würde vorüberziehen.” Man soll in seinem Viertel öfters spazierengehen und die Zeichen des Wandels erkennen, bevor ... sie einem zu sehr aufs Fell rücken . ” Wenn du stirbst, der Fluß wird fließen, die Sonne wird scheinen , das Gras wird sprießen.” ( Indianischer Kriegsgesang )

Jürgen Probst / 06.05.2020

“Wir leben in einer Gesellschaft”. Endlich weiss ich es, man lernt ja nie aus.

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