112-Peterson: Die Kunst der Entschuldigung

Ich wurde gefragt, warum einige Menschen einer Entschuldigung skeptisch gegenüberstehen. Manch einer entschuldigt sich oberflächlich, um seine Ruhe zu haben. Die zugrunde liegende Frage lautet also, welche Schritte man unternehmen muss, um eine ernst zu nehmende Entschuldigung vorzubringen.

Der berühmte Spruch „wenn es dir wirklich leid täte, hättest du es gar nicht erst getan“ birgt schon eine gewisse Wahrheit in sich. Denn irgendetwas muss einen ja motiviert haben, zu tun oder zu sagen, was man eben getan oder gesagt hat. Vielleicht war man einfach hungrig, übermüdet, wütend oder verkatert, sodass eine momentane Motivationslage aus Wut oder neurotischem Goll von einem Besitz ergriff und man etwas sagte, von dem man schon wusste, dass es unwahr oder gemein war, als es einem aus dem Mund sprudelte. Der kleine wütende Teufel in uns hat es jedenfalls in dem Moment ernst gemeint.

Der oben zitierte Spruch hat also eine gewisse Berechtigung. Es sagt auch etwas über die Zweifel des Sprechers darüber aus, wann eine Entschuldigung echt ist und wann nicht. Denn natürlich ist es möglich, dass sich jemand oberflächlich entschuldigt, um einfach der Situation zu entfliehen. Also lautet die zugrunde liegende Frage vielleicht, welche Schritte man unternehmen muss, um eine ernst zu nehmende Entschuldigung vorzubringen.

Man sollte sich schon fragen, warum genau man sich unangemessen verhalten hat. Man muss sich das selbst eingestehen. Und das ist schwer. Denn es könnte auf einen ziemlich großen Makel des eigenen Charakters hindeuten. Als nächstes sollte man der geschädigten Person genau erklären, was man falsch gemacht hat und warum. Und Sie sollten es auf eine Weise tun, die dem anderen zeigt, dass Sie sich mit dem Problem auseinandergesetzt haben und es verstehen.

Wer will schon ein Idiot bleiben?

Als nächstes sollte man dem Anderen einen detaillierten und spezifischen Plan anbieten, wie man künftig sein Verhalten ändern wird. Dann sollte man fragen, ob der Andere unter diesen Umständen bereit ist, einem eine zweite Chance zu geben. Dies wäre natürlich notwendig, denn ohne einander zu vergeben, würden wir allesamt in kürzester Zeit ruiniert sein, weil jeder von uns einen dummen Fehler nach dem anderen begeht. Und gäbe es keine Möglichkeit, sich von einem Fehltritt reinzuwaschen, wäre man nach jedem Fehler tot. Und keinerlei Beziehung könnte sich erhalten, denn wir verletzen ständig die Menschen, die wir lieben. Ohne die Fähigkeit zur Reue und Buße könnten wir also nicht einmal unsere Beziehungen aufrechterhalten.

Wenn jemand eine Entschuldigung nicht annehmen will, drückt er damit seinen Ärger aus, und hat mit seinen Zweifeln eine gewisse Berechtigung. Man kann dann nur sein Gewissen prüfen und sich die eigene Idiotie vor Augen führen. Denn wer will schon ein Idiot bleiben und dieselben Dummheiten immer wieder begehen?

Einer der Beweise dafür, dass Sie sich ausreichend mit einer Unzulänglichkeit auseinandergesetzt haben, um sie tatsächlich zu ändern, besteht darin, dass man in der Lage ist, eine Entschuldigung zu formulieren, die der Andere akzeptiert. Um es etwas praktischer anzugehen, beispielsweise bei einem Streit mit dem Partner, kann man den Anderen fragen: „Was muss ich sagen, damit du in der Lage bist mir zu verzeihen?“ Er findet dann vielleicht, dass eine Formulierung, die er selbst vorgibt, aus Ihrem Mund nichts wert ist.

Daraufhin wäre die richtige Erwiderung, dass man gewissermaßen unwissend ist und keine Gedanken lesen kann, um zu wissen, was der Andere braucht. Wenn er Ihnen stattdessen mitteilt, was er braucht, können Sie darüber nachdenken, ob Sie sich selbst mit dieser Forderung in Einklang bringen können. Und wenn nicht, dann wissen Sie immerhin, welche Richtung gefordert ist.

Dies ist ein Auszug aus einem Video von Jordan B. Peterson.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 04.10.2023

Wenn Spielfilme und Serien aus anderen Sprachkreisen auf den deutschen Markt kommen, wurden die Dialoge auf der Tonspur zuvor durch Synchronsprecher für das breite lokale Publikum perfekt eingedeutscht. Nach der These, dass Frauen eher von der Geschichte angesprochen werden, Männer eher von den Bildern, hat die Synchronisation größeren Nutzen für Frauen. Der Actionfilm nun ist zumeist selbstredend. Einmal zählte ich alle gesprochenen Worte in einem Film mit Schwarzenegger aus, ich weiß nicht mehr, ob es “Predator” oder “Terminator” war, jedenfalls genügte ein DIN A4-Blatt zur Niederschrift! Zu Shakespeares Zeiten war das nicht üblich. Was ich bei Bruce Willis im Original von Die hard ethno-akustisch nicht verstehe, kann ich im Urban dictionary nachschlagen und den Film mit erweiterter Sprachkompetenz ansehen. Die Interviews mit und Vorträge von Peterson und vielen anderen Denkern, also Intellektuellen, sind aber Dichtung: verdichteter Sinn! Da kann ich froh sein, die Verschriftlichung im Original langsam lesen zu dürfen. Doch eine diesem Skript zugrunde liegende, virtuos gehaltene Videoaufnahme ist nicht das wirklich prickelnde Format für Rezeption durch die überwiegende Masse Fremdsprachler dieser Welt. Viele sind sprachunkundig, fast überall. Dass solch Unvermögen von den Sozialmedien-Bossen nicht berücksichtigt wird, ist für diese Milliardäre perfektes Armutszeugnis! Die Marktlücke ist, dass Darbietungen fremdsprachlicher Geistesgrößen nicht in der gleichen Perfektion synchronisiert für den lokalen youtube-Nutzer angeboten werden wie Heinleins Puppet masters in Landessprache im ÖRR! Ich hoffe, dass KI-Software wenigstens auf diesem Gebiet eine wirkliche Bereicherung für die Allgemeinheit darstellt, indem etwa Vortragsvideos wie die von Peterson in seiner Muttersprache in naher Zukunft so perfekt wie einfach in jede Sprache synchronisiert dargeboten werden können, wie Meister Yodas Gestammel auf Deutsch in Star Wars.

Sam Lowry / 04.10.2023

@Christine Cureau: So ist es… das Gegenüber (der Geschädigte) entscheidet, ob verziehen wird oder nicht…

Ralf Pöhling / 04.10.2023

Wie heißt es so schön? “Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht” und “Nicht an ihren Worten, sondern ihren Taten sollt ihr sie erkennen!” Wem nützt eine Entschuldigung, wenn dann zwischendurch doch immer wieder der Versuch kommt, einen zu hintergehen und abzusägen, damit der alte Schmu weiterlaufen kann? Ich will keine profane Entschuldigung, die eh nichts wert ist, ich erwarte ein Einlenken. Zurück zu Gesetz und Ordnung. Und zwar auch dann, wenn es schlecht für die Wahlergebnisse oder das Portemonnaie ist. Das Recht steht über allem. Wer es umgeht, der muss damit rechnen, dass dies als Notwehrsituation gewertet wird. Mit allen möglichen Folgen.

Klaus Keller / 04.10.2023

Ich fände es im Moment passender das Thema anhand politischer Parteien und ihrer Wähler zu bearbeiten und eher weniger im Bereich der Paarbeziehungen.

Klaus Keller / 04.10.2023

Um es etwas praktischer anzugehen, beispielsweise bei einem Streit mit dem Partner, kann man den Anderen fragen: „Was muss ich sagen, damit du in der Lage bist mir zu verzeihen?“ Das hat was von Schuldumkehrung. Ich würde auch hier sagen: Du musst dein Verhalten ändern. Was interessieren mich deine sprachlichen Turnübungen.

Klaus Keller / 04.10.2023

Ändern Sie ihr Verhalten, dann müssen Sie auch nicht um Entschuldigung bitten, antworte ich wenn ich die Bitte nicht ernst nehme. Da das Bitten keine Forderung mit einer Rechtsgrundlage ist, darf sie verweigert werden. Vgl auch Forderung nach Solidarität. Die ist das was man über das Maß hinaus tut was man ohnehin muss. Politiker die Solidarität fordern wissen das sie keine Rechtgrundlage für ihre Forderung haben, sonst würden sie ja darauf verweisen.

Jörg Haerter / 04.10.2023

Jemand aus meiner Familie hat sich ziemlich danebenbenommen und mich und meine Mutter angeschrien und hat mich dann Tage später angerufen und erklärt, wie es dazu gekommen sei. Bei der Erklärung ist es dann geblieben, nix Entschuldigung. Zu einer Entschuldigung und echtem Bedauern gehört Grösse, die haben die Meisten nicht. In der Regel gibt es im Leben Lernprozesse, einige sind scheinbar lernresistent. Kann man auch als Starrsinn bezeichnen gepaart mit der Überzeugung eigener Unfehlbarkeit(nahezu). Als Christ gehört die eigenen Fehlbarkeit zu mir wie meine DNA. Das sollte man wissen. Genauso sollte Entschuldigen zum Standard gehören wie Demut und Freundlichkeit. Einer achte den anderen höher als sich selbst, Christen wissen, wovon ich rede.

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