112-Peterson: Wie können Konservative gewinnen?

Es gibt einige konservative Sichtweisen, die sehr überzeugend sind. Diese wurden jedoch schon seit längerem nicht mehr besonders gut erzählt. Das Herzstück dieser Geschichten ist vielleicht, dass Bedeutung und Verantwortung eng miteinander verbunden sind.

Ich wurde gefragt, wie Konservative gewinnen können, angesichts der Tatsache, dass die Linken die Medien, Universitäten und die Politik kontrollieren? Nun, Konservative müssen eine bessere Geschichte erzählen. Das ist der springende Punkt. Vor allem müssen sie eine bessere Geschichte darstellen. Es ist wie bei Gläubigen: Wenn du willst, dass dein Gott gewinnt, dann sei ein leuchtendes Vorbild für deinen Glauben. So „gewinnt“ man.

Es geht jedoch nicht darum, im eigentlichen Sinne zu gewinnen, sondern Dinge zu verbessern. Also sollte die konservative Frage lauten: „Wie können wir effektiver darin sein, Dinge zu verbessern als diejenigen, die sich nicht an die Traditionen halten, die wir für wertvoll erachten?“ Und das ist eine knifflige Frage.

Ich selbst wusste gar nicht, dass ich konservativ bin, bis mir plötzlich alle sagten, dass ich es wäre. Aber offensichtlich bin ich es. Der Vorteil daran ist, dass es einige konservative Sichtweisen gibt, die sehr überzeugend sind. Diese wurden jedoch schon seit längerem nicht mehr besonders gut erzählt. Das Herzstück dieser Geschichten ist vielleicht, dass Bedeutung und Verantwortung eng miteinander verbunden sind. Und in unserer Kultur wird diese Geschichte mindestens seit der Mitte der Sechziger Jahre nicht mehr überzeugend erzählt. Besser gesagt, wird sie gar nicht mehr erzählt.

Die Sehnsucht junger Menschen

Ich habe festgestellt, dass diese Erzählung eine universelle Wirkung auf meine Zuhörer hat. Beispielsweise um Leute durch das Gefühl zu begleiten, das sie bei ernsten Schwierigkeiten überkommt. Wenn man ihnen nämlich zeigt, dass einer der Bögen, die sie in ihrem Leben erfolgreich gespannt haben, aus den sozialen Beziehungen zu den Menschen besteht, für die sie bereit waren, Verantwortung zu übernehmen.

Sobald man es ausbreitet, erscheint es allen offensichtlich: Wenn wir uns in den Augen unserer Nächsten glaubwürdig verhalten haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese darauf brennen, sich zu revanchieren, sehr, sehr hoch. Also lautet das Herzstück der konservativen Erzählungen: Bedeutung durch Verantwortung. Das ist eine sehr tiefgreifende Botschaft. Im Grunde geht es darum, sein Kreuz zu tragen. Je tiefer die Verantwortung, desto radikaler die Bedeutung. Radikal im Sinne ihrer Möglichkeit, sich umzuwandeln und bestehen zu bleiben.

Sobald man das durchdenkt, merkt man, dass es wahr ist. Obwohl es im Grunde eine verrückte Idee ist: Dass unser Leben sich proportional zu dem Maße, in dem wir bereit sind, radikale Verantwortung zu übernehmen, vertieft und weitet. Damit kann jeder experimentieren. Und es ist eine Botschaft, die Konservative liefern können und sollten. Aber vor allem sollten sie es selbst ausleben, das ist das Entscheidende.

Ich glaube, dass junge Menschen sich nach dieser Botschaft sehnen, weil wir uns gerade in einer Bedeutungskrise befinden – als katastrophale Folge von Gottes Tod. Woran sollte man sich im Leben orientieren? Die Bereitschaft, radikale Verantwortung zu übernehmen, ist hierauf eine gute Antwort.

Dies ist ein Ausschnitt aus einem Vortrag von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Vortrag.

Foto: jordanbpeterson.com

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Fred Burig / 01.03.2023

Sehr geehrter Herr Peterson, Konservative konnten sich in gewisser Weise doch immer etablieren. Schließlich spricht man über sie, regt sich über sie auf, will sie ausgrenzen oder mag sie eben. Selbst ohne diese Konstellation wären sie nicht “hilfebedürftig” - haben sie doch eine “solide Lebenseinstellung”! Wollen sie aber wirklich “ganz nach vorn” gelangen, sollte man den “Anderen” die Chancen nicht verderben, sich selbst zu disqualifizieren!  Dies allerdings könnte man durch „geschicktes Handeln“ etwas forcieren. Und deshalb bin ich mir relativ sicher, dass es die AfD - als Hort konservativer Kräfte - auch in diesem Sinne, bald ganz nach vorn schaffen wird! MfG

Marcel Seiler / 01.03.2023

Die Übersetzung ist wirklich nicht gut. (a) Was als “Bedeutung” übersetzt ist (im Original “meaning”), heißt hier eigentlich “Sinn”, “Lebenssinn”. Es geht also darum, dem eigenen Leben “Sinn” durch Übernahme von Verantwortung zu geben. (b) Was als “den Bogen den man spannt” übersetzt ist, heißt im Original ” the ark that you built” (und vermutlich nicht: “the arc that you built”). Ark ist ein Schutzraum/Rückzugsraum, wie in Noah’s Ark (Arche Noah).  Es muss also heißen: Der Schutzraum, den man sich im Leben erfolgreich gebaut hat, besteht aus den sozialen Beziehungen, die man sich geschaffen hat. (c) “to act out” mit “ausleben” zu übersetzen bringt dies in die Nähe der Frivolität. Peterson meint, dass man seine eigenen Überzeugungen durch eigene Taten *manifestieren* muss. – Hier hat jemand übersetzt (Mensch oder Maschine), der selbst nicht richtig verstanden hatte, was Peterson sagen wollte. Nicht gut. (Ich gebe zu, dass es auch nicht einfach ist. Aber wer die Menschen für Peterson begeistern will, muss auch korrekt übersetzen.)

Ralf Pöhling / 01.03.2023

Konservativ bedeutet nicht Schlips und Kragen. Konservativ bedeutet, etwas Bewährtes zu erhalten. An diesen Punkt werden die Progressiven alsbald von ganz alleine stoßen. Jede Revolution findet dort ihr Ende, wo sie die eigenen Kinder frisst. Und das ist genau der Punkt, an dem die Konservativen diese Kinder abgreifen müssen. Da sind wir sehr viel näher dran, als man meint. Genau genommen bin ich schon mittendrin. Konservativ gibt es nicht nur auf der rechten, sondern auch auf der linken Seite und in der Mitte. Denn konservativ sein, ist eben keine feste politische Richtung, sondern nur eine Methode, das eigene Lebensumfeld zu bewahren. Man muss dafür nur erkennen, dass dieses Lebensumfeld gefährdet ist. Und das ist spätestens dann der Fall, wenn es mit der Fresserei der Kinder losgeht. Genau genommen sind wir an dem Punkt schon angekommen. Die breite Öffentlichkeit weiß das nur noch nicht. Da fehlt es noch an Aufklärung. Oder an einer Eskalation, die von niemandem zu übersehen ist. Wobei das erste vermutlich zum zweiten führt. Und umgekehrt. Und dann wird es jeder verstehen.

Oliver König / 01.03.2023

“Wie können Konservative gewinnen?” Indem sie sich nicht mehr ständig gegenseitig bekämpfen. Unter dem feixendem Gelächter der fest geschlossenen Links-Grün-Roten.

Sara Stern / 01.03.2023

Peterson geht von einem mündigen Bürger der Verantwortung für sich und andere übernehmen möchte aus. Klassisch christlich, konservatives wohlmeinendes Menschenbild. In etwa so nah an der Realität wie das sozialistische, das der “neue Mensch” solidarisch, bescheiden und fleißig wäre. Die Masse der Menschen will nicht für etwas verantwortlich sein müssen. Sieht man besonders bei Frauen in der Politik, die sich als Erstes Experten und Berater holen, und diesen dann quasi die Entscheidungbefugnis übertragen. Unterverantwortlichkeit äußerst sich auch in der Beschimpfung von Kritikern als Frauenfeindlich/Transfeindlich/ismen und phobien, als würde eine Beschimpfung wie ein Gegenargument wirken. Schuld sind immer die anderen. Man selbst ist unfehlbar. Und wenn ein Fehler passiert ist, dann durch schlechte Beratung. Also wieder die Schuld jemandes Dritten. Das kapitalistische Menschenbild hat sich in der Realität bewährt. Der Mensch ist faul, gierig und geil. Mancher Gier und Geilheit motiviert zur Überwindung der Faulheit. Wird der Gier oder Geilheit keine erstrebenswertes Ziel vorgesetzt gewinnt die Faulheit. Das trifft auf jeden einzelnen Menschen in Unterschiedlich starker Ausprägung eher zu als die Beobachtung, dass junge Menschen Verantwortung für Lebenssinn übernehmen wollen. Die wollen meiner Beobachtung nach Aufmerksamkeit und damit verbundene Konsequenzen bei den Mädchen und Geld und damit verbundene Konsequenzen bei Jungen.

Rollo Tomasi / 01.03.2023

Die Seuche der Konservativen ist ihr Konformismus und sowas ist nur nützlich , wenn man bereits regiert . Mit einer Armee , die von alleine ausstirbt , kann man keine Festung belagern , geschweige denn erobern .

N. Walter / 01.03.2023

Zweite Ergänzung zu meinem Kommentar: Welche Rolle könnten Konservative denn einnehmen, über ihre Präsenz als Entscheider oder allenfalls Mitgestalter hinaus? Also eine aktive Rolle mit eigener Agenda? Sie könnten den Hippen mit ihren teils aktionistischen und wenig durchdachten Vorschlägen zu einer Veränderung Alternativen unterbreiten. Sie könnten die Hippen nach Hause schicken, mit der Frage, ob nicht diese oder jene Alternative eine bessere Idee ist. In der Vergangenheit mangelte es exakt hieran: Politiker haben ihre Politik für alternativlos erklärt und die Mainstreampresse bläst ins gleiche Horn. Es gab weder Widerspruch zur These der Alternativlosigkeit, noch wurden Alternativen vorgelegt. Es läge an den Konservativen, den Hippen zu erklären: Denkt gründlicher nach und kommt mit besseren Vorschlägen!! Diese Rolle der Konservativen wiederum wäre extrem sexy.

N. Walter / 01.03.2023

Ergänzung zu meinem Kommentar: Der Konservative wird daher nicht Protagonist einer Veränderung sein. Das ist natürlich extrem unsexy, da Veränderung heute per se mit Fortschritt und als hipp angesehen wird. Die Gesellschaft (aber nur die in freiheitlichen Staaten) funktioniert als melting pot der Ideen, als Labor und Experimentierfeld und wenn sich etwas neues zu etablieren beginnt und somit nachhaltig Veränderung bedeuten kann, wird sich der Konservative damit beschäftigen. Er ist somit Entscheider über eine Entscheidungsvorlage, wie es Vorstände sind, die ihre Mitarbeiter zur Präsentation einer neuen Produktidee geladen haben. Es wird nur dann zu einer Veränderung kommen, wenn auch der Konservative zustimmt, lehnt er ab, ist die Entscheidungsvorlage vom Tisch. Zugleich kann er sich kreativ in den Entscheidungsprozess einbringen, wenn die Idee prinzipiell gut ist, aber im Detail verbessert werden kann. Diese Rolle wiederum macht den Konservativen zwar nicht hipp, aber sexy. Weil Macht über Entscheidungsvorlagen bestimmen zu können, sexy ist. Es hapert den Konservativen allein an der Kommunikation, sie sind meist die schweigende Mehrheit und müssten sich nur entsprechend organisieren. Dann würden die Hippen erkennen, dass sie nicht jeden Quatsch zur Veränderung einfordern können.

Rainer Niersberger / 01.03.2023

Das ist prinzipiell zutreffend, aber leider nur prinzipiell. Zum einen muss der Koeder dem Fisch schmecken, was die Frage aufwirft, ob die Geschichte von Mr Peterson den heutigen “Fischen” besser schmeckt, als die Narrative der “Progressiven”. Ausgehend von der Verfassung der Fische, wie sie nun mal so ist. Zudem sollte, der Autor weiss es, der Fisch bzw sein ” Aufnahmezentrum” aufnahmebereit und aufnahmefaehig sein. Beides wird bekanntlich durch entsprechende Mechanismen, Sozialisation und Konditionierung sowie die fast 100 Methoden der Propaganda zumindest massiv erschwert. Nicht zuletzt frisst Angst bekanntlich Seele auf, im Westen wie es scheint mehr denn je, was nur bei Gt ueberrascht.  Und zum guten Schluss braucht es geeignete Ueberbringer oder Vermittler fuer die Botschaft der Konservativen. Geeignet unter mehreren Aspekten. Sie sollten mindestens in etwa so ankommen wie der Feind, was zunaechst wenig mit dem Inhalt als deutlich mehr mit der Attraktivität des Mediums zu tun hat, so, wie sie heute verstanden wird. Welche Figuren und welches Geschlecht heute projektiv und zuschreibungsausloesend ankommt und welche nicht ist bekannt.  So richtig die Aussage mit dem Angebot auch ist, ihre konkrete Umsetzung gestaltet sich heute, in manchen Gesellschaften, schwerer denn je, zumal wir es ja nicht nur mit den juengeren Verpeilten zu tun haben, sondern den gleichgueltigen Alten, mit Dummen und Hedonisten, mit Wohlstandsverwahrlosten und Selbsthassern, und das in einer nicht geringen Zahl. Die konkrete Umsetzung der richtigen Idee scheint mir in die Naehe der Quadratur des Kreises zu rücken.  Und, was Mr Peterson vielleicht nicht bekannt ist, in Sch’land ist ein Konservativer zugleich ein “Rechter” und das will nun hierzulande niemand sein.  Der Vermittler wird sich auf mindestens verbale, persoenliche Invektiven der linksgruenen Kanaillen einstellen muessen. Vermutlich kann sich Peterson die psychosoziale Pathologie dazu hierzulande kaum vorstellen.

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