Manfred Haferburg, dessen Buch Wohn-Haft ich auf der Achse besprochen habe, liest
morgen Abend in der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus um 19:00 Uhr. Die Gedenkbibliothek befindet sich im Nikolaiviertel, Nikolaikirchplatz 5-7.
Haferburg arbeitete im Kernkraftwerk Greifswald als Ingenieur, kämpfte
mit den Unzulänglichkeiten der Kraftwerkstechnik aus UdSSR-Import und mit
der Ineffizienz der ostdeutschen Einheitspartei-Arbeitswelt.
Er leitete die legendäre 72-Stunden-Schicht im so genannten Katastrophenwinter 1978/79 , als das Kernkraftwerk von der Außenwelt abgeschnitten war, aber als einziges noch zuverlässig Strom produzierte, als in vielen Teilen der DDR das Licht ausging. Erst später wurde Haferburg klar, dass dieser außergewöhnliche Einsatz dazu beigetragen hat, dass die Berliner Mauer hell erleuchtet blieb.
Durch seine sture Weigerung, in die SED einzutreten, fiel er der Staatssicherheit auf.
Als er sich auch noch weigerte, Spitzel zu werden, erklärte ihn die Partei
zum Staatsfeind. Von seinem besten Freund verraten, verlor der Protagonist
erst seinen Beruf, dann seine Familie und zuletzt die Freiheit. Nach einem
Fluchtversuch begann ein Irrweg durch die Gefängnisse des sozialistischen
Lagers, der im berüchtigten Stasigefängnis Hohenschönhausen endete.
Neben seiner spannenden Lebensgeschichte beschreibt er als einer der letzten Häftlinge im Haftkrankenhaus die Bedingungen dort und den Umgang der Stasi-Ärzte mit ihm als Untersuchungshäftling und Patienten.
Schließlich gehörte er zu den letzten Gefangenen, die von der Stasi Richtung Westen
entsorgt wurden.
Damit die Lehrstunde über totalitäre Systeme, wie sieals Gesamtheit funktionieren, nicht zu trocken wird, bringt Manfred Haferburg, der extra aus Paris anreist, wo er heute wohnt, seine Gitarre mit und trägt ein paar eigene und Lieder seines Freundes Wolf Biermann vor.
Es wird ein spannender Abend!