Die vielen Studentinnen fallen mir schon länger auf. Was studieren die dort im Iran normalerweise? Bestimmt nicht Mathematik. Andererseits: gender studies und Soziologie wird dort mit Sicherheit nicht angeboten… also was machen die vielen iranischen Studentinnen (außer in Cafés junge Imame zu ärgern)?
Nur eines - bitte - Sie ist Mathematiker - nichts anderes ...
Für dieses Phänomen gibt es eine einfache Erklärung: in Ländern, in in denen es im Großen und Ganzen keine Benachteiligung von Frauen gibt, entscheiden sich mehr Frauen für “typisch weibliche” Berufe, als in den patriarchal geprägten Ländern. Im Iran hat eine fähige Naturwissenschaftlerin Aufstiegschancen, vor allem die Chance, der tristen Existenz einer islamischen Frau und Mutter zu entgehen. Wäre Miryam in Westeuropa aufgewachsen, hätte sie sich womöglich für den Beruf einer Kindergärtnerin entschieden.
Vielleicht sollten die Herausgeber der Achse darauf bedacht sein, nicht alles zu veröffentlichen was geliefert wird. Wenn dem Verfasser zur Preisverleihung nichts weiter eingefallen ist als das, was er glaubt über eine Mathematikerin wesentliches bemerken zu müssen, dann reicht das für Foren einfältiger Gemüter. Für Achgut nicht, trotz liberaler Ausrichtung.
Nun ja, in abgemilderter Form habe ich diese Dichotomie in der DDR auch erlebt. Ich war immer ein Nörgler und Meckerer (wenn auch kein Widerstandskämpfer). Und doch habe ich eine für dortige Verhältnisse erfreuliche berufliche Laufbahn einschlagen können. In Diktaturen hängt nach meiner Erfahrung viel von lokalen Machthabern (deren Interessen und Charakter - also vom Glück) ab. Ich hatte an meiner Hochschule ebenfalls einige sehr gute, sachliche, engagierte wissenschaftliche Vorgesetzte, die erfreulich unideologisch daherkamen. Mir scheint, die iranische Mathematikerin hatte ein ähnliches Glück wie ich - bei Naturwissenschaftlern ist soetwas relativ wahrscheinlich, scheint mir. Beste Grüße, Ulrich Berger
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