Rainer Bonhorst / 23.04.2017 / 16:00 / Foto: David France / 13 / Seite ausdrucken

Tausche Erdogan-Lover gegen Liberale

Doppelpass? Hätte ich auch gern. Einen amerikanischen zum Beispiel. Dann hätte ich Donald Trump oder Hillary Clinton wählen können, bevor demnächst Angela Merkel, Martin Schulz und Co. dran sind. Oder ein Dreier? Dann könnte man in Frankreich auch noch mitmischen. England wäre im Juni auch nicht schlecht. Ein Vierer also.

Na gut. Wir wollen das passgestützte Weltbürgertum nicht übertreiben. Außerdem hat jedes Land seine Regeln, ob und wie es Doppelpässe duldet und wer wo was wählen kann. Aber eine Seltenheit ist der Doppelpass nicht. Wer in Amerika geboren ist und über deutsche Elternteile verfügt, hat automatisch Anspruch auf eine doppelte Pass-Ausstattung. Bei uns in Deutschland, wo ja vor allem das Blut und weniger der Boden über die Staatszugehörigkeit entscheidet, ist die Sache komplizierter. Auch das ist nichts besonderes. Im grüblerischen Germanien ist fast alles komplizierter.

Darum plagt uns jetzt aus aktuellem Anlass die türkische Passdoppelung. Von mir aus. Ich halte es für absolut zumutbar, dass man sich irgendwann mal für die eine oder andere Loyalität entscheiden sollte. So eine Entscheidung klärt schließlich die Verhältnisse und den eigenen Geisteszustand.

Das Doppelmoppeln ist sicher ein Problem, aber nicht das Hauptproblem dieser merkwürdigen türkischen Erdogan-Liebe in Deutschland. Ich fürchte, die Mehrheit unserer Türken, die Erdogan als ihren Führer gewählt haben, besitzen nur einen einzigen Pass: den türkischen. Mit dem kann man bei uns ja auch prima leben. Mit dem Körper im gemachten Nest, während das Herz weiter heftig im kargen Anatolien schlägt.

Wie wäre es mit einem Türken-Austauschprogramm?

Effektiver als eine Abschaffung des Doppelpasses wäre es, den notorischen, von Erdogan bezahlten Predigern den Platzverweis zu erteilen, den sie längst verdienten. Und ebenso den nicht predigenden Hetzern und Spitzeln. Was haben die hier überhaupt zu suchen? Warum lassen wir zu, dass anständige türkische Normalos von denen verführt und/ oder eingeschüchtert werden? Kann man da nichts machen? Etwas, das nicht nur eine Rauswurf-Orgie ist sondern zugleich auch wunderbar human? Ich hätte da einen Vorschlag: Wie wäre es mit einem Türken-Austausch-Programm im Sinne einer demokratischen Türken-Erneuerung?

Das stelle ich mir so vor: Die hiesigen Erdogan-Lover werden zurück in ihre Seelenheimat verfrachtet und im Austausch nehmen wir Türken auf, die in ihrer Heimat wegen ihrer demokratischen Gesinnung mit Verfolgung, Gefängnis und demnächst wohl auch mit dem Tode bedroht sind. Das wäre, finde ich, gerecht und menschlich. Die Guten ins unser Töpfchen, die Diktaturfreunde ab in die Diktatur.

Das wär's doch, oder? Leider gibt es ein technisches Problem. Das ist die geheime Wahl. Wegen ihr kann man nicht verlässlich herauskriegen, wer von unseren türkischen Doppel- oder Einfachpassbesitzern Erdogan gewählt hat, und wer nicht. Schade eigentlich. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das Recht auf geheime Wahl mal bedauern würde. Aber im Sonderfall der Türken würde man gerne mal ein bisschen spionieren. Die Wander-Spione, die bei uns im Auftrag Erdogans tätig sind, tun das zwar, aber die kann man nicht anzapfen. Sie wissen was, sind aber als Quelle nicht geeignet. Sie würden uns glatt aufs falsche Gleis locken.

Wer geht, bekommt ein Erdogan-Autogramm

Tja, mein traumhaftes Türken-Austausch-Programm funktioniert wohl nur auf freiwilliger Basis und mit Hilfe kräftiger Anreize. Vielleicht so: Wer geht, bekommt ein Erdogan-Autogramm und für die Frau ein Kopftuch aus der Sammlung von Frau Ermine Erdogan. Das würde dann wenigstens in die richtige Richtung zielen.

Und dann kommt der Austausch. Den stelle ich mir vor, wie früher den Ost-West-Austausch auf der Glienicker Brücke. Erdogan hat doch schon so eine Art Glienicker Brücke über den Bosporus bauen lassen. Die Yavuz-Sultan-Selim-Brücke. (Komisch, dass sie nicht Sultan-Recep-Tayyip-Erdogan-Brücke heißt.) Das ist ein Riesen-Ding, auf der müsste man sich nicht, wie auf der Glienicker, auf mickerige Einzelaustausch-Aktionen beschränken. Über die immense Bosporus-Brücke könnte man in ein paar Fuhren sämtliche Erdogan-Wähler ihrem geliebten Führer zuführen.

Also gut, ich gebe zu, dass die Grenze zur Türkei etwas weiter links verläuft. Trotzdem. So ein schöner ausgleichender Gegenverkehr auf der Sultan-Recep-Tayyip-Erdogan-Brücke wird mir immer sympathischer, je länger ich darüber nachdenke.

Foto: David France CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Dr. Paul Alexy / 23.04.2017

Lieber Herr Bonhorst, Ihr Vorschlag leider nicht realisierbar, aber gedanklich genial und eigentlich gerecht. Danke.

Stefan Zander / 23.04.2017

Damit würden Sie aber Erdogan eines seiner wichtigsten politischen Mitteln berauben. Stellen SIe sich vor, die deutsche BR entscheidet sich für repressive Maßnahmen gegen integrationsunwillige Türken. Mindestens 600000 würden auf die Straße gehen (Erdogan-Wähler). Vermutlich mehr, da sich der Türke an sich ja immer benachteiligt fühlt (für diejenigen, die jetzt wieder Rassismus wittern, nein. Das ist kein Rassismus, das ist Fakt. Wer es nicht glaubt, darf selber googlen). Wirklich ärgerlich ist der Umstand, das jede Sanktion, die von der BR gegenüber der türkischen Regierung ausgesprochen wird, unmittelbar und sofort Einfluss auf die innere Sicherheit hat. Wer nicht weiß, was ich meine, der stelle sich einfach vor wie ganze Stadtviertel in Brand aufgehen. Die Naivität, mit der wir diese ganze Problematik angehen ist atemberaubend.

Volker Kleinophorst / 23.04.2017

Gute Idee

Axel R Göhring / 23.04.2017

Gute Idee. Problem: Die Erdoidioten werden nicht so dumm sein, das Geld der Kuffar für ein ödes Leben in der geliebten Übermensch-Nation zu tauschen. Wir bekommen also höchstens noch die Liberalen zusätzlich zu den Prekariern. Und die werden sich dann auf unseren Straßen fleißig Schlachten liefern.

Karla Kuhn / 23.04.2017

“Wie wäre es mit einem Türken-Austauschprogramm?” Bei Lichte betrachtet, wäre es eine Möglichkeit um eventuellen Unruhen, die kommen könnten schon vorher den Wind aus den Segeln zu nehmen.  Aber ich glaube kaum, daß diejenigen Türken, die betroffen sind das wollen Wie haben Sie geschrieben?  ”  Mit dem Körper im gemachten Nest, während das Herz weiter heftig im kargen Anatolien schlägt.”  Träumen Sie weiter Ihren schönen Traum Herr Bonhorst.

Dirk Jungnickel / 23.04.2017

Abgesehen von praktischen Problemen einer angedachten Überführung dürfte man die ideologischen nicht vernachlässigen. Für die grün - linken Erziehungsmenschen bei uns wären deren multikulti gefärbten Integrations - Obsessionen plötzlich obsolet. Die zuwandernden türkischen Erdoganflüchtlinge würden sich - aufgeklärt wie sie sind - den pädagogischen Zuwendungen sicher entziehen.  Alternative: Die “Nestflüchter” könnten dann von Grün - Links in der Türkei unterwandert werden und wieder einmal an der Weltverbesserung teilnehmen. Sie müßten sich dann allerdings in der Türkei die doppelte Staatsbürgerschaft irgendwie erschleichen und auf ein paar Bequemlichkeiten hierzulande verzichten ...

Christian Johnsen / 23.04.2017

Die Frau des Türkischen Präsidenten heißt nicht “Ermine” wie das Pelztier und sie hat, so weit man weiß, auch keine Kopftücher aus Hermelin. Ihr Vorname Emine leitet sich vom arabischen Grundwort “Amin” ab, das über die hebräische Variante “Amen” auch in die deutsche Alltags- und Sonntagssprache eingegangen ist.

Heiko Stadler / 23.04.2017

Das Türken-Austauschprogramm hat einen Haken: Die Integrationsministerin Aydan Özoguz. Mit der ist nicht zu spaßen. Nach kurzer Zeit hat sie den ausgetauschten liberalen Türken umerzogen in einen glühenden Erdogan-Anbeter.

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