Rainer Bonhorst / 12.02.2024 / 12:00 / Foto: Quirinale.it / 35 / Seite ausdrucken

Giorgia Meloni als Mamma Europa?

Georgia Meloni beginnt in Europa eine wichtige Rolle zu spielen. Die Politik hält sich mal wieder nicht an die ideologischen Vorgaben deutscher Medien.   

Ja, darf das denn wahr sein? Ausgerechnet Giorgia Meloni, dieser Gottseibeiuns (diese Gottseibeiunsin?) des linken und grünen Gut-Europas, wird immer mehr eine der wichtigsten Frauen der EU? Vielleicht sogar zur Stütze unserer Ursula von der Leyen? Der Italien-Korrespondent der liberalen New York Times jedenfalls beschreibt die als Post-Faschistin verschriene italienische Premierministerin als klammheimliche Retterin des europäischen Zusammenhalts.

Ihr jüngstes diplomatisches Meisterstück war das Bezirzen des bockigen Ungarn Viktor Urban. Der gerne autoritäre Premierminister pflegt sein Außenseitertum in der EU und leidet zugleich darunter. Es herrscht weitgehende Kommunikationsstille zwischen ihm und dem moralisch feineren EU-Establishment. Wer aber kann mit ihm – sozusagen von Außenseiterin zu Außenseiter? Die rechte Giorgia. Ergebnis des politischen Flirts: Orban sperrt sich nicht länger gegen die längst überfällige Milliarden-Lieferung zur Unterstützung der Ukraine in ihrem Krieg gegen Russland. Jedenfalls nennt der New-York-Times-Korrespondent Jason Horowitz die Aufweichung des harten Orban vor allem einen Erfolg der Italienerin. Im offiziellen Brüssel wird die als etwas peinlich empfundene Post-Faschistin nicht so prominent herausgestellt.

Meloni ist ja auch als Anti-Europäerin und knallharte Euro-Gegnerin angetreten und ins Amt gekommen. Gut ein Jahr später spielt sie pragmatisch mit auf den EU-Instrumenten. Pragmatisch auch deshalb, weil sie weiß, dass Italien die Geldflüsse aus Brüssel dringend braucht. Aber als geschickte Mitspielerin hat sie direkt oder indirekt Einfluss auf das eine oder andere rechtsorientierte Sorgenkind Europas. So kriegt auch die russlandfreundliche Französin Marine Le Pen gerade ganz langsam die Kurve und geht schrittweise auf Distanz zu Putin. Dank Meloni? Sicherlich eher indirekt, also mit Bande über Budapest. Aber immerhin.

Behutsam so etwas wie eine wunderbare Frauenfreundschaft 

Selbst zu Ursula von der Leyen entwickelt sich ganz behutsam so etwas wie eine wunderbare Frauenfreundschaft. Die deutsche Kommissionspräsidentin steht demnächst zur Wiederwahl an, und Giorgia Meloni wird sich ihr diesmal wohl nicht verweigern. Man scheint gemerkt zu haben, was man voneinander hat.

Ihr klassisch rechtes Hauptthema, der Kampf gegen die überbordende Einwanderung, ist nicht nur in Italien populär, sondern inzwischen zum europäischen Mainstream geworden. Die zaudernde und ohnehin wackelnde deutsche Regierung spielt bei diesem Thema in Europa zur Zeit keine ernst zu nehmende Rolle. Selbst im eher linken Skandinavien werden ja Notbremsen gezogen. Hier hat Meloni die Außenseiterrolle längst an andere abgegeben. Im Gegenteil: Als geografische Nachbarin zu Afrika ist sie quasi Vorreiterin.

Dass sie gegen den EU-Zentralismus kämpft und für mehr nationale Eigenständigkeit, ärgert die Brüsseler natürlich. Aber außerhalb von Brüssel verschafft ihr das eher Freunde. In Bayern nennt man Melonis Haltung „Subsidiarität“. Als Gegenstück zur Brüsseler „immer engeren Union“. In diesem Kampf um zwei schwer zu vereinbarende europäische Prinzipien könnte die Italienerin also sagen: „Ich bin eine Bayerin.“

Aber darf sie das? Als Schmuddelkind eine führende Rolle in Europa spielen? Als mäßigender Einfluss auf Europas rechte Ausreißer? Als Partnerin der Kommissionspräsidentin? Es sieht, folgt man dem liberalen New Yorker Korrespondenten, ganz so aus. Die Politik hält sich mal wieder nicht an die ideologischen Vorgaben wichtiger deutscher Medien.

    

Rainer Bonhorst arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung.

Foto: Quirinale.it CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Albert Pflüger / 12.02.2024

Wenn Meloni zu v.d.Leyen hält, hat sie die Seiten gewechselt. Es gibt keine Entschuldigung dafür, diese korrupte Person zu unterstützen.

Heinrich Bleichrodt / 12.02.2024

Die Frau ist ein U-Boot. Wie Merkel. Gesteuert aus der Subsahara; WEF grüßt. Die ist falsch wie eine Natter. Uns jubelt sie ihre Goldstücke unter.

sybille eden / 12.02.2024

Herr Bonhorst die NEW YORK TIMES ist nicht liberal sondern links ! Sie ist das Sprachrohr der sozialistischen Demokröten und spätestens seit Trumps Präsidentschaft ein übles Propagandablatt.

Sturm Peter / 12.02.2024

Duchessa kann nicht mit der EUgesteuerten illegalen Massenmigration “aufräumen”, da “Uschi von der Lügen” im Wege rumsteht. Das “Deutsche Geld” hat die ehemalige, einst gute EWG zu einem verkommenen System werden lassen.

Thomas Kurt / 12.02.2024

@Michael Pollan: Das Wort zum Montag wurde neu vergeben.

H. Krautner / 12.02.2024

Meloni als “Mama Europa”?          Meloni hat, wie typisch für alle Regierungschef von Italien und Frankreich bei ihrem Tun stets ihr eigenes Land ihm Blick. Italien und Frankreich ticken hier - anders wie die deutschen Weltretter und Weltverbesserer - so wie die US-Regierungen mit America first: Italian first bzw. France first.           Politiker aus Italien und Frankreich können daher Mama oder Papa der autokratischen Interessengemeinschaft EU sein.

Thomas Kurt / 12.02.2024

@Ralf Pöhling: “Ich kann und werde jetzt nicht ins Detail gehen,” Das glaube ich, danke für diese Insider-Details.

Thomas Kurt / 12.02.2024

“.... die längst überfällige Milliarden-Lieferung zur Unterstützung der Ukraine…” Warum denn so kleckern, Herr Bonhorst. Stellen Sie sich bitte an die Spitze der atlantischen Friedenstreiber und fordern Sie, endlich zu klotzen. Billiarden- Trilliarden- oder noch besser Quadrilliarden Lieferungen sind das Gebot der Stunde. Eine Niederlage Selenskyjs, pardon des Wertlos-Westens, würde uns noch viel teurer zu stehen bekommen, wahrscheinlich Quintilliarden, wie Biden es kürzlich erst Kohl (oder war es Mitterrand) vorgerechnet hat, das wissen Sie doch. Wer, zum Teufel, soll denn dann noch das Klima und Ihr Erdbeerbeet vor Putins Panzerketten retten?

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