Roger Köppel schreibt in seiner stets lesenswerten Weltwoche:
“Da der Staat weder sparen noch schrumpfen will, müssen die Bürger immer rabiater ausgepresst werden. Schon vor Jahren wurde das Bankkundengeheimnis in Deutschland ausser Kraft gesetzt. Man verschärfte die Kapitalgewinnsteuer und führte eine Reichensteuer ein. «Steuersünder» müssen mit Höchststrafen von zehn Jahren Gefängnis rechnen, Tendenz steigend. Der Schauprozess gegen Postchef Zumwinkel geriet zum Sinnbild einer wirtschaftsfeindlichen Stimmung, der sich niemand mehr entgegenzustellen wagt.
Es ist der grösste Diebstahl geistigen Eigentums in der Geschichte der modernen Steuerfahndung. Die Berliner Regierung belohnt den Rechtsbruch eines Bankangestellten, der Kundendaten geraubt und widerrechtlich ausser Landes geschafft hat, mit einer Prämie von siebeneinhalb Millionen Schweizer Franken. Sie schafft über die Landesgrenzen hinaus Anreize für Denunzianten und Verräter. Als Chomeinis Islamisten vor Jahren eine Belohnung aussetzten für die Ermordung des Schriftstellers Salman Rushdie wurde dies international als barbarischer Akt gewertet. Die Fatwa der deutschen Steuerfahndung gegen Unternehmer und Angestellte, die sich einem fundamentalistischen Fiskalsystem entziehen wollen, löst Zustimmung der EU aus. Selbst Datenschützer schweigen. Die Reichen haben in Deutschland keine Lobby.
In allen Lagern ertönt jetzt der Ruf nach schärferen Gesetzen. Die neue Härte wird mehr schaden als nützen. Alle Studien beweisen, dass Steuerdelikte vor allem ein Symptom für falsche Steuersysteme sind. In Deutschland zahlen zehn Prozent der Leute die Hälfte aller Einkommenssteuern. Sie werden weitere Verschärfungen als Schikane empfinden und sich in den Strom jener einreihen, die schon heute das Land verlassen. Die DDR wollte ihre Bürger einmauern; die Republik sucht ihr Heil im grenzübergreifenden Überwachungsstaat. Es ist aussichtslos. Dem Land wird in den nächsten Jahren ein erhebliches Steuersubstrat abhanden kommen.”
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