Thomas Petersen / 17.03.2014 / 16:45 / 9 / Seite ausdrucken

Kleine Notiz zur Volksabstimmung auf der Krim

Die Zeitungen melden, dass 95 Prozent der Teilnehmer an der Volksabstimmung auf der Krim für den Beitritt zu Russland gestimmt hätten. Die Wahlbeteiligung habe bei 80 Prozent gelegen.

Das bedeutet, wenn ich richtig rechne (vielleicht mag es ja irgendjemand sicherheitshalber noch einmal nachrechnen), das folgende:

Nach meiner Kenntnis sind rund 60 Prozent der Bewohner der Krim russischstämmig. 15 Prozent sind Krimtataren, der Rest stammt aus der übrigen Ukraine.

Nehmen wir einmal an, sämtliche russischstämmigen Bewohner der Krim hätten an der Wahl teilgenommen und für den Übertritt nach Russland gestimmt. Das würde bei einer Gesamtwahlbeteiligung von 80 Prozent einen Wert von 75 Prozent für den Beitritt zur russischen Föderation bedeuten.

Von den verbleibenden 40 Prozent der Bevölkerung hätte die Hälfte an der Abstimmung teilnehmen müssen, um auf die Gesamtwahlbeteiligung von 80 Prozent zu kommen.

Von diesen nichtrussischen Krimbewohnern, die an der Wahl teilnahmen, hätten 80 Prozent für den Beitritt der Krim zu Russland stimmen müssen um auf das angebliche Wahlergebnis zu kommen.

Angesichts dieser Umstände empfinde ich das veröffentlichte Wahlergebnis von 95 Prozent als schwach. Ich hätte mindestens mit 107 Prozent gerechnet. Diese Zahl wäre jedenfalls nicht weniger glaubwürdig gewesen.

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Helfried Richter / 19.03.2014

Sehr geehrter Herr Petersen, ich habe nicht behauptet, dass meine Hypothese stimmt - ich habe sie nur in den Ring geworfen. Während Sie in Ihrer Antwort von unumstößlichen Wahrheiten schreiben; eigentlich seltsam für ihren Beruf, in welchem Denken in Wahrscheinlichkeiten und statistischen Fehlerquellen zum Tagwerk gehört. Zusatzfrage: Wenn Putin in erster Linie seine Macht mit einer von jedem (außer mir;) zu erkennenden Wahlfälschung demonstrieren wollte, dann hätte er dies deutlich wirksamer tun können: Die Krim ohne lästige Scheinwahlen okkupieren, oder? Sehr geehrter Herr Mittelsdorf, ihr Zitat “Sie haben Recht” muss auf einem Mißverständnis beruhen, denn der letzte Satz meines Beitrages ist: “Und jetzt darf über Wahrscheinlichkeiten spekuliert werden…”. Eine argumentativ unterlegte Reaktion auf meinen Text hätte mich gefreut; stattdessen haben Sie im Schnellverfahren meine politischen Präferenzen festgelegt - die finde ich lieber selbst, Herr Mittelsdorf;)

Tom Brandt / 18.03.2014

Ja Herr Petersen, ganz bestimmt wollte die Mehrheit der Krim-Einwohner nicht zu Russland, weil sie eingefleischte Ukrainer sind. Sie sind aber auch ein raffinierter Scherzkeks, zum Glück meinen Sie das ja nicht ernst, was Sie da von sich geben. Schicken sie doch mal was an den Postillon.

Elvira Hochamt / 18.03.2014

Es ist noch krasser: Die Krimtataren haben das Referendum boykottiert. Damit fallen absolut ~14,5% “Nein” Stimmen weg. Von den restlichen Ukrainern müssen also 80% teilgenommen haben mit einem Pro-Russland Anteil von ca 75%. Das scheint mir auch etwas viel, wobei ich mir angesichts des Durcheinanders in der Hauptstadt durchaus vorstellen kann, dass die Leute zu weit weg sind vom Westen und eher ihre eigene Krim Mentalität leben wollen. Eine Zustimmung von 55-60% wären mE eher realistisch gewesen, aber eine Mehrheit wäre es trotzdem gewesen. Putin wollte einfach sicher gehen. Wer nimmts ihm übel?

Otto Sundt / 18.03.2014

Keine russische Propaganda kann blöd genug sein, um nicht von Politesoterikern geglaubt zu werden.

Thomas Petersen / 18.03.2014

Sehr geehrter Herr Richter, lassen Sie sich nicht auslachen. In jeder auch nur halbwegs freien demokratischen Abstimmung sind die berichteten Zahlen schlichtweg unmöglich, auch in Gesellschaften mit einer weniger komplexen und konfliktgeladenen Zusammensetzung. Das Bemerkenswerte ist, dass dies Putin und seinen Schergen anscheinend völlig egal ist. Sie wissen, dass jeder, der nur halbwegs bei Verstand ist, merkt, dass sie die Weltöffentlichkeit dreist und plump belügen. Das ist die alte sowjetische Methode. Man will sogar, dass es alle merken, denn das wird als ein Zeichen der eigenen Macht aufgefasst: Ich erzähle Dir offensichtlichen Blödsinn, und ich weiß dass Du es weißt - und was willst Du jetzt dagegen tun? Das ist der nackte Hohn, der Gipfel der Arroganz - und der Dummheit. Es ist die Dummheit aller Despoten, die nie verstehen werden, dass Verhandlungsbereitschaft und die Einhaltung diplomatischer Regeln nicht ein Zeichen von Schwäche sein müssen. Sie merken es immer erst dann, wenn es für sie zu spät ist.

Paul Mittelsdorf / 17.03.2014

Sehr geehrter Herr Richter, Sie haben recht. Misstrauen gegenüber Herrn Putin ist vollkommen fehl am Platze. Warum sollte man einem Mann gegenüber misstrauisch sein, der ohne viel Brimborium Teile eines anderen Landes besetzt, die Fernsehstationen schließen und Journalisten (im besten Fall) verprügeln läßt? Ich sehe da auch keine Gründe, zu skeptisch zu sein. Und wenn man noch einbezieht, daß die Umfrage überhaupt nicht mit vergangenen Umfragen zu diesem Thema übereinstimmt, hat man noch einen Grund mehr, Putin voll und ganz zu vertrauen.

Daniel Oehler / 17.03.2014

Die Achse der Anti-Russen? Peinlich, peinlich. Auch Russen auf der Krim und in der Ukraine haben ein Recht auf Selbstbestimmung. Ein über das sehr einseitige Russland-Bashing enttäuschter Achse-Leser

Christoph Andreas / 17.03.2014

Warum so kritisch? Wir hatten doch von der Linken vier Wahlbeobachter dabei. Die haben ganz genau hingeschaut. Schließlich haben die doch aus DDR Zeiten Erfahrung mit solchen Wahlergebnissen.

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