Quentin Quencher / 12.01.2019 / 10:00 / Foto: Pixabay / 12 / Seite ausdrucken

Ich träume vom unverstellten Blick

Im Dreieck zwischen Sielmingen, Wolfschlugen und Harthausen, einem überschaubaren Gebiet auf der Filderebene, also südlich von Stuttgart gelegen, gibt es eine kleine Anhöhe, von der sich sowohl meine Frau als auch ich uns vorstellen könnten, dort wohnen zu wollen. Natürlich ist es nicht möglich, es ist kein Bauland, nur Landwirtschaft scheint hier erlaubt. Freilich gibt es auch schönere Plätze für meine Frau, denn sie will die Lichter in der Nacht sehen, und jedes Mal freut sie sich darauf, wenn wir, von Degerloch kommend, in Richtung Stuttgarter Talkessel fahren. Mir allerdings graust es vor der Vorstellung, hier wohnen zu müssen, möchte lieber raus aus der Stadt, lieber in die Berge, ans Meer, in eine weite Ebene, egal, Hauptsache die Lichter der Menschen sind weit weg.

Doch diese kleine Anhöhe in der Nähe unseres derzeitigen Wohnortes, zwischen den drei anfangs genannten Orten gelegen, die wäre ein Kompromiss für uns. Nach Norden schweift der Blick hin zum Flughafen, die A8 zieht sich bis zum Fernseh- und zum Funkturm und weiter über Wohn- und Industriegebiete. Vor allem in der Nacht, wenn die Lichter der Menschen zu sehen sind, höre ich oft die Frage meiner Frau: Warum darf man hier kein Haus bauen, es ist doch so schön hier?

Ja, ja, antworte ich dann manchmal, dass wieder ein paar Filderkrautbauern den großen Reibach machen können, wie das eben bei der Umwandlung von Agrarland in Bauland geschieht. Sie schaut mich vorwurfsvoll an, und ich fühle mich ertappt: Klar bin ich neidisch und gönne das den Bauern nicht. Obwohl, ihnen schon, nur nicht ihrem Nachwuchs, doch das ist eine andere Geschichte, nämlich die von Menschen, die sich in ein gemachtes Bett legen können, nicht im realen Leben kämpfen müssen und sich dafür in imaginäre Kämpfe stürzen: Weltrettung und so. Der Wohlstand dieser Gegend und der Stimmenanteil für die Grünen ist schon eine sehr verdächtige Korrelation.

In Wahrheit wollen wir nur das eine

Mein Blick schweift nach Süden, zum Alptrauf, wie dieser Steilabfall im Norden der Schwäbischen Alp genannt wird. Burgen – Hohenneuffen oder die Burg Teck – und Berge sind alles, was man von hier aus sieht. Tagsüber, ich bin kein Mensch der Nacht, weckt dieser Ausblick in mir immer den Wunsch, ein Pferd zu satteln und in Richtung der Sonne zu reiten.

Da wird mir klar, es ist nicht die Anhöhe selbst, die wir gerne in Besitz nehmen möchten, um uns dort ein Heim zu bauen, es ist nur ein Platz, von dem aus wir Sehnsuchtsorte erblicken können. Noch ist das möglich, denn ob ich nach Süden schaue, oder nach Norden, nirgends werden meine oder ihre Träume durch Windräder geschreddert. Kein einziges ist von hier aus zu sehen.

Ich hoffe, dies bleibt auch so – unsere Wünsche sind in diesen Zeiten des Kulturwandels nicht nur, was die Landschaft oder die Lichter der Stadt betrifft, doch sehr bescheiden geworden. Sie beschränken sich darauf zu hoffen, dass wenigstens etwas so bleibt wie es ist. Auch wenn es nur ein Platz fürs Träumen ist.

Zuerst erschienen auf Quentins Blog Glitzerwasser.

Foto: Pixabay

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P.Steigert / 12.01.2019

Glaube nicht, dass die Region Stuttgrart eine Zukunft hat, die ich teilen möchte. Das liegt zu gleichen Teilen an den Immigranten und den (grünen) Schwaben. Leider ist den Leuten dort nicht mehr zu helfen.

Sabine Schönfeld / 12.01.2019

“Mein Blick schweift nach Süden, zum Alptrauf, wie dieser Steilabfall im Norden der Schwäbischen Alp genannt wird.” Ich finde die Gegend auch sehr schön - dort am ‘Albtrauf’, dem Steilabfall der Schwäbischen ‘Alb’.

Wolfgang Pfeiffer / 12.01.2019

Mist! Blöder Fehler, der mir da unterlaufen ist: Es sollte natürlich richtig heißen: “Wenn Sie sich bitte erinnern, dass das Stuttgarter S21 ...” Sorry!

Wolfgang Pfeiffer / 12.01.2019

Lieber Herr Quencher: Ich wohne selbst in Stuttgart (in einem unmittelbaren Vorort zur Stadt) und das Vergnügen Ihrer Frau auf der Fahrt von Degerloch in die City kann ich voll nachvollziehen: Es gibt kaum einen schöneren Blick auf die Stadt als der an einem Sommerabend auf der Strecke von Degerloch in die City. Zwei Dinge: nicht alle Stuttgarter sind grün. Wenn Sie sich bitter erinnern, dass das Stuttgarter S21 Projekt entgegen der Wünsche der grünen Untergangspropheten mehrheitlich akzeptiert wurde. Und passen Sie auf mit Ihren Wünschen vom schönen Landleben: die Infrastruktur auf dem Land ist in Teilen Baden-Württembergs schlicht kaputt. Versuchen Sie in solchen Gegenden mal ohne Auto einen Facharzt aufzusuchen. Sehen Sie sich die Fahrpläne des öffentlichen Nahverkehrs in diesen Gegenden an: Der ÖPNV ist dort manchmal schlicht ein Witz. Was die Windräder angeht: die Chance, dass die am Rand von Stuttgart, also dort, wo Sie nach Stuttgart reinfahren, gebaut werden, ist wohl minimal. Und genau an diesem Talrand stehen die hübschesten Häuser, mit dem besten Blick auf Stuttgart. In anderen Worten: Ihre Frau (Sorry, Herr Quencher) hat Recht ... ;)

Uwe Stock / 12.01.2019

Lieber Autor, die herrliche Landschaft heißt Schwäbische Alb- nicht Alp! Ansonsten gibt es Ihrem Beitrag nicht viel hinzu zu fügen. Ich selbst bin Westsachse aus Zwickau, wohne seit 15 Jahren im ebenso wunderschönen Esslingen. Das Neckartal mit seinen Weinbergen und auch der bei Nacht glitzernde Stuttgarter Talkessel begeistern mich immer wieder. Lässt man allerdings den Blick am Albtrauf ostwärts schweifen, fallen einem die Windräder auf der Kuchalb unangenehm ins Auge. Gleiches hatte man auch mit dem Schurwald über Esslingen vor, bis jetzt wurde diese Landschaftszerstörung zum Glück nicht realisiert. Es steht zu hoffen, dass der Einfluss der GRÜN- Gutmenschen in bälde zurückgedrängt werden kann! Uwe Stock.

Wilfried Haußmann / 12.01.2019

Schöner Artikel, meine volle Zustimmung. Die Anhöhe kenne ich auch, Sie sehen von dort aus die Schwäbische Alb (nicht Alp). Nichts für ungut!

PaulaBruno / 12.01.2019

...ein Platz zum Träumen, ich liebe, genau wie Sie, die Weite, den freien Blick, egal, ob auf Meer, Berge, Felder oder das Leben. Habe mir vor Jahren (neben meiner Großstadtwohnung) ein Grundstück mit weitem Feldblick in ländlicher Gegend zugelegt. Der Blick aus den Dachflächenfenstern ist einfach traumhaft. Felder und Himmel soweit das Auge reicht. Leider lauerte, wie immer, die Schlange bereits im Paradis.  Rechterhand, zum Glück nicht in Sichtachse, tauchen die ersten zwei Windräder auf. Ich hoffe, daß es aufgrund der Topographie nicht zu weiteren naturverschandelnden Auswüchsen kommt. Auch die Kraniche würden sich sicher sehr freuen.

Andreas Rochow / 12.01.2019

Ganz schön traurig. Aber die ökolinken Kulturrevolutionäre werden, unterstützt durch die Kirchen, dafür sorgen, dass Spinner (sorry!) wie Sie, verehrter Quentin Quencher, auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Sehnsuchtsorte in D können Sie sich gründlich abschminken, die sind schließlich für ALLE da. ALLE heißt beim Papst wie bei Merkel URBI ET ORBI.

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