Guter und schlechter Ruf haben einiges gemeinsam. Sie sind nachhaltig. Wobei es ebenso lange dauern kann, den schlechten Ruf los zu werden wie den guten zu ruinieren. Damit lässt sich auch erklären, warum Deutschland immer noch als ein High-Tech-Land gilt, das von fähigen Technikern gemanagt wird.
Inzwischen wissen wir, es ist ein Vorurteil, das von den Vorgängen rund um den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof und den Berliner Flughafen widerlegt wird. Aber das ist nicht alles. Auch mit er von der Kanzlerin auf den Weg gebrachten „Energiewende“ tut sich das Land schwer. Wie ein Wanderer, der in leichter Freizeitkleidung den Mont Blanc besteigt, nicht ahnend, dass es oben stürmt und schneit.
Die Firma Tennet, die gigantische Windparks in der Nordsee baut, braucht etwa sechs Milliarden Euro, um die Anlagen an das Stromnetz anzuschließen. Offenbar hat vor Baubeginn niemand daran gedacht, dass der „regenerativ“ erzeugte Strom irgendwie zu den Kunden gebracht werden muss. Jetzt sollen die Kosten für die Anschlussarbeiten auf die Abnehmer abgewälzt werden. Das ist so, als würde ein Tiefbauunternehmen Autobahnen ohne Ab- und Zufahrten in die Landschaft stellen.
Zugleich gingen im vergangenen Jahr über 400 Gigawattstunden verloren, sie lösten sich einfach in Luft auf, weil der Strom wegen fehlender Netze nicht „eingespeist“ werden konnte. Die Kosten für den zwar erzeugten aber nicht genutzten Strom werden ebenfalls den Verbrauchern in Rechnung gestellt. Das ist so, als müsste man in einem Restaurant für ein Essen bezahlen, das in der Küche vergammelt ist.
Dessen ungeachtet spricht die Bundesregierung von einem „Generationenprojekt“, der Umweltminister vergleicht es mit der Mondlandung und der Wiedervereinigung. Die Generation Adenauer habe das Wirtschaftswunder gehabt, die Generation Kohl die deutsche Wiedervereinigung, das „Vermächtnis“ seiner Genera-tion, sagt Peter Altmaier, sei die „Energiewende“.
Einige seiner Generation nehmen das „Vermächtnis“ sehr ernst, ohne Rücksicht auf sich selbst. Die Frau des SPD-Kanzlerkandidaten, Gertrud Steinbrück z.B., lässt die Raumtemperatur in der Familienvilla nie über 18 Grad ansteigen. Und wenn sie das Haus verlässt, stöpselt sie den Drucker aus.
Jetzt kann mit der Energiewende nichts mehr schief gehen.
Erschienen in der Weltwoche vom 5.12.12