Wer den Begriff Investorenarchitektur verwendet, betont oft Anführungszeichen um den zweiten Wortteil, um die Abgrenzung zu vermeintlich echter, ästhetischer, wertvoller Architektur hervorzuheben. Dabei ist solche Geringschätzung völlig unangemessen. Die ach so bösen Shoppingmalls, Büro- bzw. Wohngebäude erfüllen entweder sehr reale Bedürfnisse, oder sie verschwinden schnell wieder. Denn wer aus reinem Profitstreben baut, hat keine emotionale Bindung an sein Werk, wird es von der zahlenden Kundschaft nicht angenommen, hat es auch keinen Bestand. Zweifelsfrei gibt es charmantere Orte als das Alexa-Center oder die Fußgängerzone von Siegburg. Und die Vorstellung mutet bizarr an, dass mehrere erwachsene Menschen vor einem Modell dieser Scheußlichkeiten standen und sich einig waren in der Einschätzung, so wäre das ihnen anvertraute Geld ideal investiert. Wer das Ergebnis kritisiert muss aber auch anerkennen: Die Alternative ist keineswegs der Barcelona-Pavillon oder der innere Ring Wiens. Sondern die innerstädtische Brache bzw. die notdürftigen Nachkriegsbauten, die zuvor die Bauplätze verschandelten. Die Idee, dass etwa ein spektakuläres Guggenheim-Museum irgendwo aus Altruismus entstehen würde, ist schlicht naiv. Erst das durch die Profitklötze angezogene Publikum ermöglicht in der Zukunft Verbesserungen. Hätten die Spekulanten seit dem Jahr 1811 die Insel von “Investorenarchitektur” verschont, wäre Manhattan noch heute ein Kaff mit Straßen aus Dreck.
David Harnasch ist Chefredakteur des vierteljährlichen Debattenmagazins “liberal” der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Wenn Sie mehr von ihm geschriebene und ausgewählte Texte lesen wollen, können Sie die Zeitschrift hier oder im Bahnhofsbuchhandel beziehen.
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