Gunter Weißgerber / 12.10.2018 / 13:00 / 57 / Seite ausdrucken

Wollen sie die Tore noch weiter aufmachen?

Der „Global Compact for Migration“ steht vor der Tür und weder Bundestag noch Öffentlichkeit diskutieren über das Abkommen. Das Kabinett Merkel IV scheint willens und mit Unterstützung der faktisch nichtvorhandenen Opposition aus Grünen, Linkspartei und FDP in der Lage, wie 2015 die Deutschen zu überrumpeln. Fakten schaffen heißt das im Gegensatz zu Fakten erfinden. 

Die Bundesregierung beweist damit nachdrücklich, dass ihr keineswegs daran gelegen ist, Vertrauen in die Institutionen dieser Republik wiederherzustellen. Selbst das Damoklesschwert freier Wahlen scheint seine Wirkung zu verfehlen. Die CDU rutscht Richtung 25 Prozent, die SPD wiegt sich in der Sicherheit der 5-Prozent-Hürde. Sehen die das wirklich nicht auf sich und uns zukommen? 

Für die Blindheit des Politbüros konnten ideologische Verblendung und das hohe Durchschnittsalter entschuldigend vorgebracht werden. Das mit dem hohen Alter trifft auf Merkel IV nicht zu. Damit bleiben Überheblichkeit in Tateinheit mit ideologischer Verblendung als Erklärung? Das hätte ich 1990 nicht erwartet. Die letzten drei Jahrzehnte waren also nur so etwas wie eine Verschnaufpause auf dem Weg der DDR-Werdung der Bundesrepublik?  

Als Sozialdemokrat bin ich inzwischen gezwungen, gelegentlich AfD-Auftritte im Bundestag zu beobachten. Eine andere Möglichkeit, in Erfahrung zu bringen, wie die Bundesregierung in existenziellen Fragen steht, scheint es nicht zu geben. Dabei interessiert mich die AfD an und für sich so wenig wie die Linksaußenpartei. Beide sind mir herzlich schnuppe. Aber weder von meiner eigenen Partei noch von der CDU erfahre ich, was ich beispielsweise durch die Fragen von Frau Nicole Höchst MdB/AfD an die Bundesregierung am 10. Oktober 2018 in der Fragestunde des Bundestages zu meinem Leidwesen erfuhr.

Ich erfuhr:

1. Die Bundesregierung in Person des Parlamentarischen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt Michael Roth verstand die unkomplizierten Fragen (siehe weiter unten) der Abgeordneten Höchst nicht. 

2. Der Bundestagspräsident Schäuble MdB half Herrn Roth auf die Sprünge, indem er, statt die Fragen akkurat zu wiederholen, so lapidar wie erfahren formulierte: „Die Frage war, ob die Bundesregierung die Absicht habe, dieses Abkommen zu unterzeichnen“

Damit enthob Pfiffikus Schäuble den armen Kerl und Repräsentanten der Bundesregierung von der Pflicht, auf die Essentials der Abgeordneten zu antworten. Die da dem Sinne nach hießen:

Werden mehrere Millionen Menschen infolge des Abkommens nach Deutschland und Europa umgesiedelt? 

Das hätte das Regierungsmitglied Roth mit Ja oder Nein beantworten können. 

Wird Deutschland nicht mehr wiederzuerkennen sein? 

Auch das hätte das Regierungsmitglied Roth mit Ja oder Nein beantworten können.

Warum unterschreibt die Bundesregierung? 

Weder wurde der Willen der Bundesregierung abgestritten, noch die Gründe für den Willen zur Unterschriftsleistung erläutert.

3. Staatsekretär Michael Roth lehnte ohnehin eine konkrete Antwort ab:

„... Zu den Details dieses Vertrages möchte ich weiter nichts sagen, …“

Lehnte er ab, weil er den Stoff nicht beherrscht oder weil er Parlament und Bevölkerung misstraut?

4. Im nächsten Halbsatz ließ er dann doch die Katze ein Stück aus dem Sack:

„... aber selbstverständlich ist auch eine Option in einem sehr sehr kleinen Umfang auch Geflüchtete aufzunehmen, …“

Was ist unter sehr sehr klein zu verstehen? Keine Millionen? Hunderttausende? Monatlich? Jährlich? Jedes Jahr bis Ultimo?

5. Die Katze durfte noch ein Stück weiter aus dem Sack raus:

„… dass wir hier über Zahlen sprechen, die bei weitem nicht dem entsprechen, was die Bundesrepublik Deutschland derzeit an Einwohnerinnen und Einwohnern hat“.

Aktuell hat die Bundesrepublik Deutschland 82,67 Millionen Einwohner. Der Repräsentant der Bundesregierung Michael Roth beruhigt uns: Es werden keine 82,67 Millionen Zuwanderer im Rahmen des Migrationspaktes werden.

Damit kennen wir schon mal die Obergrenze, die nicht erreicht werden soll. Auch nicht zur Hälfte? Nicht zum Viertel? Nicht zu zehn Prozent? Nicht zu einem Prozent, was ich wiederum vor dem Hintergrund der verheerenden Zahlen seit 2015 nicht mehr zu glauben gewillt bin? 

Ich danke der Bundestagsabgeordneten Nicole Höchst für ihre Fragen, die ich mir von Sozialdemokraten im Bundestag gewünscht hätte. Stattdessen bekam ich Antworten eines Sozialdemokraten, die mehr verunsichern als befriedigen und vor allem eines bewirken werden: den weiteren Abschwung von SPD und CDU. 

Die Mitschrift der „Fragestunde“ zwischen Nicole Höchst und Michael Roth:

Nicole Höchst MdB:

„Anfang Dezember wird in Marokko von der Bundesregierung und den Mitgliedern der UNO unterschrieben werden der Migrationspakt, der vorsieht, dass mehrere Millionen Menschen nach Europa und Deutschland umgesiedelt werden. Ich möchte fragen, weil Deutschland danach ja offensichtlich auch nicht mehr das Land sein wird, was wir im Moment kennen und bewohnen, ob die Bundesregierung diesen Pakt unterschreiben wird? Wir werden zur Minderheit im eigenen Land werden und wenn ja, erklären Sie uns bitte, warum Sie unterschreiben werden. Danke.“

PStS Michael Roth MdB:

„Herr Präsident, ich gebe zu, dass ich die Frage nicht ganz verstanden habe, aber aus dem, was ich zu verstehen versucht habe …“ 

Nachhilfe Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble MdB:

 „Die Frage war, ob die Bundesregierung die Absicht habe, dieses Abkommen zu unterzeichnen“

PStS Michael Roth MdB

„Dieses Abkommen dient vor allem auch dem Ziel, Migrationspolitik als globale Bewährungsprobe zu sehen und von allen Staaten das abzuverlangen, wozu wir gemeinsam verpflichtet sind. Die Einhaltung von humanitären Prinzipien, eine solidarische Leistung, um den Staaten, die viele Geflüchtete aufgenommen haben, zu helfen und vor allem die soziale und wirtschaftliche Lage in den Herkunftsländern der Geflüchteten zu verbessern. Zu den Details dieses Vertrages möchte ich weiter nichts sagen, aber selbstverständlich ist auch eine Option in einem sehr sehr kleinem Umfang auch Geflüchtete aufzunehmen, wie das im übrigen auch andere Staaten tun, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir hier über Zahlen sprechen, die bei weitem nicht dem entsprechen, was die Bundesrepublik Deutschland derzeit an Einwohnerinnen und Einwohnern hat“

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A. Arndt / 12.10.2018

Na da bin ich aber jetzt beruhigt. Allerdings sollten vorher Minderheitenrechte für die indigene deutsche Minderheit ausgehandelt werden. Nur mit wem? Vielleicht Herrn Erdogan oder den Ajatollahs im Iran. Aber da wir freiwillig alles opfern und sich niemand um die Folgen sorgt, bleibt das wohl. Wenn in wenigen Jahren alle Sozialsysteme kollabieren,  sehe ich schon die Überschriften der Presse. “Faule Deutsche ruinieren die Gemeinschaft” Jetzt wäre Zeit endlich zu rebellieren wie in den 70ern gegen die läppische Volkszählung. Aber die Deutschen waren schon immer in der Masse kurzsichtig und opportunistisch.

Arnim Kuhn / 12.10.2018

Lieber Herr Weißgerber, wo steht denn im Migration Compact, dass “mehrere Millionen Menschen nach Europa und Deutschland umgesiedelt werden.” Die Frage war dann, ob das unterschrieben werden soll. Ich hätte auch Schwierigkeiten bei der Beantwortung dieser Frage gehabt. Das Dokument ist ziemlich lang, trotzdem steht das da so nicht drin. Ja, die Bundesregierung wird den Compact unterschreiben. Nein, die Bundesregierung wird kein Dokument unterschreiben, wo das oben behauptete drinsteht. Opposition allein reicht nicht, man muss es schon ein bisschen informierter anstellen, sonst macht man es den Regierenden natürlich sehr leicht. Es wäre doch den Versuch wert gewesen, zu begründen, warum die obige Aussage eine zwingende Konsequenz der Vereinbarung wäre. Aber dafür reicht’s dann schon nicht mehr. Berliner Luft scheint massiv verblödende Wirkung zu haben. Armselige AfD, armes Deutschland.

August Klose / 12.10.2018

Der Machtelite können doch Wahlen egal sein. Die bekommen immer über 50% für ihr Gesellschaftsexperiment, aus einer monoethnischen eine multiethnische Gesellschaft zu schaffen, zusammen. Die Grenzen der Demokratie sind erreicht. Sie sind die Grenzen der Welt, wie wir sie kennen.

Bettina Jung / 12.10.2018

Über dieses Abkommen liest man in den Leid-Medien jedenfalls nichts. TE und Achse haben dem Abkommen jedoch bereits einige Artikel gewidmet. Ich höre schon Menschen in meinem Umfeld “uns hat ja niemand etwas gesagt” Erwähne ich solche Dinge, oder zitiere Juncker, gelte ich als Versponnen. Die Politik nutzt das politische Desinteresse der Deutschen gnadenlos aus. Und andererseits “Selig sind die geistig armen, denn Ihnen ist das Himmelreich”.  Mir geht es jedenfalls seit Jahren immer schlechter. Wenn ich durch unsere schöne Allgäuer Landschaft fahre, denke ich, wie lange wird dieses Grün, dieser Wald noch da sein? Gut, dass wenigsten die AfD die Dinge benennt und sich die Sozen wieder als “kannitverstan” outen - ähnlich wie die Grünin in der Anhörung. Dummheit als Strategie - Idiocracy!

Peter Pertz / 12.10.2018

Sehr geehrter Herr Weissgerber. Das sie so etwas von ihrer SPD oder irgend einer anderen Partei ausser der AFD hören werden, da können Sie warten bis an den sankt nimmerleins Tag. Aber eine kleine Weisheit etwas abgeändert. ‘Wenn du dein Leben lang die gleiche Partei gewählt hast, dann fühle mal deinen Puls ob du noch lebst.’ Der 1. Teil lautet im Orginal. Wenn du drin Leben lang deine Meinung noch nie geändert hast, dann usw.

Paul Mittelsdorf / 12.10.2018

Der Autor beschreibt in seinem Artikel die Konfrontation von Ideologisierung (“Dabei interessiert mich die AfD an und für sich so wenig wie die Linksaußenpartei. Beide sind mir herzlich schnuppe”) mit der Wirklichkeit (“Aber weder von meiner eigenen Partei noch von der CDU erfahre ich, was ich beispielsweise durch die Fragen von Frau Nicole Höchst MdB/AfD an die Bundesregierung am 10. Oktober 2018 in der Fragestunde des Bundestages zu meinem Leidwesen erfuhr”). Trotz dieser Erkenntnis wird der Autor wahrscheinlich weiter Sozialdemokrat bleiben, die SPD oder gar nicht wählen und damit dafür sorgen, daß genau das eintritt, was er hier so bitter beklagt. Wie soll sich so etwas ändern, wenn selbst die Kritiker des Migrationspaktes mit ihrer Stimme dafür sorgen, daß dieser umgesetzt wird?

Frieda Wagener / 12.10.2018

Schon beim Euphemismus „Geflüchtete” kriege ich rote Pickel.

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