In der 50. Analysewoche waren im benachbarten Ausland genügend Erzeugungskapazitäten vorhanden, so dass von Dienstag bis Freitag Strom für Deutschland produziert und hochpreisig exportiert werden konnte. Wäre das nicht möglich gewesen, hätte unsere konventionellen Kraftwerksbetreiber den Strom selbst produzieren müssen.
Am Dienstag und am Donnerstag der 50. KW 2023 gab es zwei Regenerativ-Dellen. Diese werden mit einem „Windbuckelchen“ verbunden, welches die Residuallast etwas verringert. Dennoch: Es fehlen am Donnerstag, den 14.12.2023, stundenweise über 60 GW Strom, der fossil erzeugt und ggf. importiert werden muss. Beispiel 8:00 Uhr, kurz vor Sonnenaufgang: Bedarf 64,8 GW. 10,7 GW Strom werden in dieser Stunde regenerativ erzeugt. Die konventionell-fossile Stromerzeugung lag bei 42,92 GW. Es wurden von unseren Nachbarn noch zusätzlich 7,7 GW in dieser Stunde produziert und Deutschland zum Import zur Verfügung gestellt. Insgesamt standen 61,32 GW Strom zur Verfügung. Benötigt aber wurden um von 8:00 bis 9:00 Uhr 64,8 GW Strom. Die Differenz wurde in jedem Fall erzeugt. Mittels welchem, mittels welcher Energieträger, ist nicht nachvollziehbar. Am gewählten Beispiel erkennt man, dass die Datengrundlage, dass die Datenübermittlung von den Stromerzeugern zu den Datenverarbeitern im Gegensatz zur Stromerzeugung nicht zeitgleich ist.
Deshalb kommt es zu den statistischen Über- und Mindererzeugungen in den Charts. Erfolgte der Datentransfer praktisch zeitgleich mit der Stromerzeugung im jeweiligen Kraftwerk, wäre die Strom-Erzeugungslinie immer identisch mit der 100-Prozent-Bedarfslinie. Oder sie würde darüber liegen. Der „Darüber-Strom“ ist der Strom, der umgehend exportiert wird, werden muss. Liegt dieser Fall vor, ist das ein Signal für sinkende Preise. Liegt die Eigenerzeugung unter der 100-Prozent-Bedarfslinie, wird der fehlende Strom von Deutschland nachgefragt und muss unbedingt importiert werden: Ein Signal für steigende Preise. Preise, die allerdings allen Stromerzeugern in Deutschland zugutekommen. Deshalb wird, wenn es möglich ist, gerne Strom importiert. Das steigert den Gewinn aller Player. Zahlen muss ohnehin der Stromkunde. Im Winterhalbjahr sind die Importmöglichkeiten nicht so gut wie im Sommerhalbjahr. Unsere Nachbarn benötigen ihren Strom selbst. Deshalb wird auch nur im Notfall (selten, weil Deutschland genügend eigene, aber wegen der Abschaltungen abnehmende konventionelle Erzeugungskapazitäten besitzt; deshalb auch die faktische Verschiebung des Kohleausstiegs 2030 durch die Bundesnetzagentur) oder bei noch vorhandenen Erzeugungsüberkapazitäten Strom für Deutschland bereitgestellt.
In der 50. Analysewoche waren im benachbarten Ausland genügend Erzeugungskapazitäten vorhanden, so dass von Dienstag bis Freitag Strom für Deutschland produziert und hochpreisig exportiert werden konnte. Wäre das nicht möglich gewesen, hätte die deutschen konventionellen Kraftwerksbetreiber den Strom selbst produzieren müssen. Egal, wie hoch die Kosten dafür gewesen wären. Der Strompreis an der Börse wäre niedriger gewesen als die echten Importpreise. Deutschland hätte aus Sicherheitsgründen mehr Strom als benötigt erzeugen und den überschüssigen Strom exportieren müssen. Der Montag ist ein feines Beispiel für Stromübererzeugung und Preisverfall. Warum wird zusätzlich zum fast zur Bedarfsdeckung ausreichenden, regenerativ erzeugten Strom noch fossiler Strom konventionell hinzuerzeugt? Das hat Netzstabilitätsgründe. Nur große Generatoren in Gas- oder Kohlekraftwerken, die mit 3.000 Umdrehungen pro Minute laufen, sind in der Lage, die Netzfrequenz bei unabdingbaren 50 Hz zu halten. Gelingt das nicht zu jeder Zeit, kommt es zum gefürchteten Blackout.
Wochenüberblick
Montag, 11.12.2023 bis Sonntag, 17.12.2023: Anteil Wind- und PV-Strom 36,7 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 48,4 Prozent, davon Windstrom 34,5 Prozent, PV-Strom 2,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,6 Prozent.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 50. Analysewoche ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 50. KW 2023: Factsheet KW 50/2023 – Chart, Produktion, Handelswoche, Import/Export/Preise, CO2, Agora-Chart 68 Prozent Ausbaugrad, Agora-Chart 86 Prozent Ausbaugrad.
Jahresüberblick 2023 bis zum 17. Dezember 2023
Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2023: Chart 1, Chart 2, Produktion, Stromhandel, Import/Export/Preise/CO2
Tagesanalysen
Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2023 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.
Eine große Menge Strom wird im Sommer über Tag mit PV-Anlagen erzeugt. Das führt regelmäßig zu hohen Durchschnittswerten regenerativ erzeugten Stroms. Was allerdings irreführend ist, denn der erzeugte Strom ist ungleichmäßig verteilt.
Montag, 11. Dezember 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 48,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 58,8 Prozent, davon Windstrom 46,4 Prozent, PV-Strom 1,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,8 Prozent.
Bis 3:00 Uhr deckt die regenerative Stromerzeugung den Bedarf. Die zusätzlich notwendige konventionelle Erzeugung lässt den Preis verfallen.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 11. Dezember ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 11.12.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Dienstag, 12. Dezember 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 22,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 34,0 Prozent, davon Windstrom 20,4 Prozent, PV-Strom 1,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,7 Prozent.
Bis zum Abend kaum Wind- und PV-Strom. Importstrom wird benötigt. Alle verdienen gutes Geld.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 12. Dezember ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 12.12.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Mittwoch, 13. Dezember 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 32,7 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,7 Prozent, davon Windstrom 30,9 Prozent, PV-Strom 1,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,0 Prozent.
Trotz des „Windbuckelchens“ wird Strom importiert. Das „stärkt“ den Preis. Der Stromkunde zahlt.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 13. Dezember ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 13.12.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Donnerstag, 14. Dezember 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 13,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 26,0 Prozent, davon Windstrom 11,9 Prozent, PV-Strom 1,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,7 Prozent.
Die zweite „Delle“. Regenerativ (Wind & Solar) spielt sich nicht viel ab. Der Strompreis.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 14. Dezember ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 14.12.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Freitag, 15. Dezember 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 28,0 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 40,4 Prozent, davon Windstrom 26,3 Prozent, PV-Strom 1,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,3 Prozent.
Die Windstromerzeugung zieht an und leitet das Wochenendfinish der 50. KW 2023 ein. Der Preis ist noch recht hoch.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 15. Dezember ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 15.12.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Samstag, 16. Dezember 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 53,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 65,0 Prozent, davon Windstrom 50,2 Prozent, PV-Strom 3,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,7 Prozent.
Hohe regenerative Erzeugung trifft auf wenig Bedarf. Der Preis verfällt.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 16. Dezember ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 16.12.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Sonntag, 17. Dezember 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 56,0 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 67,3 Prozent, davon Windstrom 51,7 Prozent, PV-Strom 4,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,3 Prozent.
Noch weniger Bedarf, noch mehr Stromerzeugung. Der Preis sinkt weiter
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 17. Dezember ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 17.12.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Die „Fortschrittskoalition“ und die Stromsteuer
Von einer Senkung der Stromsteuer und damit einer Abmilderung der hohen Strompreise in Deutschland wird schon lange gesprochen. Bereits in der letzten Legislaturperiode hat dies die FDP 2019 in einem Antrag gefordert. Quelle
Der „Fortschrittskoalition“, der Ampel aus SPD, Grünen und FDP, gelingt es nur mit Mühe, sich auf eine Senkung der Stromsteuer zur Entlastung der Wirtschaft zu einigen.
Genau genommen wird die Stromsteuer von derzeit 2,05 Cent/kWh in den Jahren 2024 und 2025 auf das EU-Minimum von 0,05 Cent/kWh für das produzierende Gewerbe in Mittelstand und Industrie gesenkt. Ob dies auch ab 2026 noch gelten wird, steht in den Sternen.
Dienstleistungsbetriebe und private Haushalte gehen komplett leer aus. Sie zahlen die bisherige Stromsteuer weiter in voller Höhe.
So geht „Energiewende“ in Deutschland!
Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.
Rüdiger Stobbe betreibt den Politikblog Mediagnose.