Julian Reichelt, Gastautor / 13.08.2019 / 06:23 / Foto: Superbass / 130 / Seite ausdrucken

Wer kein jüdisches Leben in Deutschland will, den wollen wir nicht!

Von Julian Reichelt.

Berlin, die Stadt, in der der Holocaust geplant wurde, ist in den letzten Jahren zur deutschen Hauptstadt des Judenhasses geworden. Wer die Vernichtung Israels will, marschiert bei der Hassdemo „Al Quds“ , deren einziges Ziel es ist, „die Juden ins Meer“ zu treiben. Ganze Stadtteile sind für Juden zu No-go-Areas geworden. „Jude“ wird auf vielen Schulhöfen wieder als Schimpfwort verwendet. Selbst beim Hochamt der Toleranz, dem Christopher Street Day, ziehen die Antisemiten der BDS-Bewegung munter und völlig ungestört mit der bunten Gesellschaft. Berlin ragt schändlich heraus, aber Judenhass gibt es in Deutschland nicht nur in der Hauptstadt. Was wir als größtes und gütigstes Geschenk der Weltgeschichte begreifen sollten, die Rückkehr jüdischen Lebens nach Deutschland, bringen wir in Gefahr, teilweise in Lebensgefahr. Viele Juden denken darüber nach, Deutschland zu verlassen.

Ich sehe zwei ungebrochene, bittere Trends, die dazu beitragen, dass Antisemitismus grassiert und gesellschaftlich immer akzeptabler wird.

▶︎ Erstens: Antisemitismus bleibt in all seinen grässlichen Formen unwidersprochen.

▶︎ Zweitens: Politische Korrektheit unterbindet zu oft die Debatte darüber, wo gewalttätiger Judenhass geradezu normal ist, nämlich in arabischen Milieus und Stadtteilen.

▶︎ Erstens: Solange keine Kippa vom Kopf geschlagen wird und keine Israel-Fahne brennt, ist Antisemitismus fast wieder gesellschaftsfähig. Die „Süddeutsche Zeitung“ druckt eine Karikatur, die auch im „Stürmer“ hätte stehen können. Ein Kommentar in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ verherrlicht die schlimmsten Israel-Hasser des BDS als „Notbehelf eines Volkes ohne Staat“ und fordert eine „Diskussion über den Staat Israel“; der „Spiegel“ verbreitet absurde Verschwörungstheorien über Juden in Deutschland, die zusammen mit dem Mossad die deutsche Politik unterwandern. Jede Woche startet und landet die Antisemiten-Airline Kuwait Airways in Frankfurt, obwohl sie sich weigert, Juden zu befördern. Deutsche Gerichte geben der Airline recht und erklären es für „nicht zumutbar“, dass Juden in die Kuwait Airways einsteigen. Die Bundesregierung tut dagegen – nichts, nichts, nichts. Die Hauptstadt Berlin überlässt ganze Bezirke eben jenen Milieus, vor denen Juden derzeit aus Europa fliehen.

Wenn deutsche Politiker sagen, wir akzeptieren Antisemitismus in Deutschland nicht, Antisemitismus habe hier keinen Platz, heißt das übersetzt: Wir akzeptieren Antisemitismus in Deutschland, wir tun nichts dagegen, Antisemitismus bekommt immer mehr Platz.

▶︎ Zweitens: Ja, wir haben ein Problem mit arabisch-muslimischem Antisemitismus in Deutschland. Ja, es sind unzählige Menschen zu uns gekommen, die mit der heiligen Pflicht aufgewachsen sind, jüdisches Leben und den Staat Israel auszulöschen. Bis vor Kurzem hatten wir nicht mal eine geeignete Statistik, um dieses Phänomen zu erfassen. Antisemitische Vorfälle, bei denen kein Täter ermittelt werden konnte, wurden dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet. So tauchen die meisten arabisch-muslimischen Übergriffe in der Statistik falsch gekennzeichnet auf. 

Laut Kriminalstatistik werden fast 90 Prozent aller antisemitischen Straftaten von Rechtsextremen begangen. Fragt man aber Juden in Deutschland, von wem sie regelmäßig bespuckt, bepöbelt, angegriffen werden, lautet die Antwort fast immer: Araber.

Natürlich gibt es deutschen Antisemitismus links wie rechts, aber nur in arabischen Milieus gehört der Hass auf Juden und ihren Staat zum akzeptierten und erwarteten Weltbild. Nur in arabisch geprägten Stadtvierteln werden ganze Generationen zum Hass auf die Juden erzogen. Wer das nicht klar benennen will, der kann unmöglich dagegen vorgehen. Was als Multi-Kulti gedacht und erträumt war, ist vielerorts zu einer Bedrohung für Juden in Deutschland geworden. Kein Jude würde es noch wagen, mit einer Kippa in eine Shisha-Bar zu gehen. Er käme nicht mehr heil heraus. Diese Gewissheit der Gewaltbereitschaft ist unerträglich. 

Was geschehen muss? Es braucht endlich harte Gesetze gegen antisemitische Straftaten. Und harte Strafen.

Wer den Holocaust leugnet, geht bis zu fünf Jahre ins Gefängnis. Wer einen Rabbi bespuckt, muss wahrscheinlich nicht mal eine Anklage fürchten. Wer einem Juden die Kippa vom Kopf schlägt, bekommt ein paar Wochen Arrest. Leugnet man nicht die deutsche Geschichte und unsere Verpflichtungen, die sich für jeden Einzelnen ergeben, wenn man einen Rabbi bespuckt? Kann man Gewalt gegen Juden üben, also dazu beitragen, Juden aus Deutschland zu vertreiben, ohne sich genauso schuldig zu machen wie durch die Leugnung des Holocausts? Kann man eine Israel-Fahne anzünden, ohne damit auszudrücken, dass man jüdisches Leben in Flammen sehen will?

Warum bestrafen wir (zu Recht) Holocaust-Leugnung in Worten, aber nicht Holocaust-Leugnung in Taten? Genau das sollten wir tun. Abschrecken durch harte Strafen für all jene, die Deutschland für Juden gefährlich machen, egal ob deutscher Staatsbürger oder nicht. Für all jene, die keinen deutschen Pass haben, sollten antisemitische Straftaten ein zwingender Abschiebegrund sein. 

Die Botschaft muss lauten: Wer kein jüdisches Leben in Deutschland will, den wollen wir in Deutschland nicht! Das gilt für Straftäter, aber auch für Fluglinien, die keine Juden befördern wollen.

Dieser eine Satz, den es eigentlich niemals mehr geben dürfte, muss uns alle endlich wachrütteln: In Deutschland werden Juden wieder auf der Straße bespuckt.

 

Julian Reichelt ist Chefredakteur der Bild-Zeitung. Dort wurde dieser Kommentar zuerst publiziert. Wird danken dem Autor für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung.

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Leserpost

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Dirk Jungnickel / 13.08.2019

Als passionierter Nicht - Leser der Bild - Zeitung habe ich den Eindruck, dass diese hier genau wie der Chefredakteur in ihrer / seiner Bedeutung doch von manchen Kommentatoren überschätzt wird.

M.Christmann / 13.08.2019

Volle Zustimmung @Archi W Bechlenberg. Dennoch: immerhin. Ein Text, den ich gar nicht mehr erwartet bzw. in dieser Atmosphäre für möglich gehalten hätte. Andererseits werde ich den Verdacht nicht los (mit Blick auf die Auflagenhöhe Print sowie Online-Klicks), daß schon mal und vorsichtshalber Alternativen in Stellung gebracht und vorbereitet werden, falls es doch nicht kommt wie gewünscht, erwartet, wahrscheinlich, suggeriert, angeordnet etc.

Henry Liese / 13.08.2019

Ketzerische Frage: Wird der Zentralrat der Juden in Deutschland vom Soros-Netzwerk gefördert?

Martin Stumpp / 13.08.2019

@Robert Krauthausen, Sie erinnern sich sicher, wie empört der ganze Politikbetrieb war, als nach dem Mord an Herrn Lübcke einige diesen auch noch verteidigt oder schlimmer noch gefeiert haben. Haben Sie von irgendeinem dieser Politiker etwas gehört, als nach dem Mord an Mia in Kandel,  junge Muslime den Mord verteidigt und erklärt haben, sie hätten an seiner Stelle gleich gehandelt. Nein können sie nicht, weil es den Aufschrei nicht gab. Und bei Susanna handelte es sich zudem um Mädchen jüdischer Herkunft. Es hätte mich ernsthaft überrascht, wenn auch nur Politiker der Rot-Grünen Politikerkaste, den Tot von Susanna ernsthaft bedauert hätte.

H.Gedau / 13.08.2019

Antisemitismus bleibt in all seinen grässlichen Formen unwidersprochen? Falsch! Laut Dt. Umwelthilfe begehen wir Nazis nur noch mit Dieselautos Massenmord. Zyclon B ist aus dem Verkehr gezogen wie Glyphosat. Schon wegen der Umwelt: Nie wieder! Und wen machen paar Mio dt. Moslems bange? Mittelalter und primitives Werkzeug sind keine Bedrohung, höchstens Einzelfälle. Sonntagsredner brauchen bei aller Betroffenheit nur Ort und Datum ändern. Das haben Einzelfälle so an sich. Der Rat einer dieser Sonntagsdemokraten für den Alltag des Autors: Ziehen Sie doch weg, wenn es Ihnen hier nicht passt!

Ilona G. Grimm / 13.08.2019

Erstaunlich, dass man ein solches Statement von einem führenden Vertreter eines Mainstream-Mediums lesen kann. Warum nicht öfter in dieser Klarheit? // Direkte Frage an Herrn Reichelt: Was – außer einen gut sitzenden Kommentar zu schreiben - unternehmen Sie konkret, um diesen unerträglichen Zuständen ein Ende zu bereiten? Nehmen Sie wenigstens Einfluss auf sämtliche Redakteure der SPRINGER-Medien oder haben Sie Ihre offenbar empfundene Schuldigkeit mit der Ablieferung des Kommentars schon getan? Die WELT röhrt ja auch immer vernehmlicher für ganz andere Interessengruppen. Was also kann eine machtlose achgut.com-Kommentatorin wie ich von Ihnen, einem einflussreichen Medienmann, erwarten? // Ich habe einen ganz bescheidenen Wunsch: Ich möchte nicht nur, dass Juden in unserem Land völlig unbehelligt leben, ihre Glaubenszugehörigkeit offen zeigen können und respektiert werden, sondern dass auch alle anderen Bevölkerungsteile unbehelligt von muslimischen Herrenmenschen (beiderlei Geschlechts) ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen und Werten im Rahmen der immer noch geltenden Gesetze leben können. Ich möchte das Kreuz an meinem Hals weiterhin sichtbar tragen können, ohne hasserfüllte Blicke oder Angriffe auf mich zu ziehen.  // @Gottfried Solwig: Es ist ein generelles Problem von Geschichte, dass man ein kurzes Gedächtnis hat, solange man von dem Unrecht nicht selbst betroffen ist

Volker Kleinophorst / 13.08.2019

@ Steffen Lindner Mein Kampf ich nicht (mehr) verboten. Gibt es bei Amazon. Ich halte von diesen Verboten und dem Bestrafen von Leugnungen aller Art gar nichts. Lasst doch die Menschen sich selbst ein Bild machen. Diese Attitüde der Regierungen: “Ihr seid zu blöd, deswegen dürft ihr das nicht lesen, das nicht sehen, das nicht sagen und am besten dies hier nicht mal denken, ist doch einfach “Halts Maul, mach was wir sagen. Wir denken für dich”. (Passend: “Ich finde es nicht richtig, dass man immer die Sorgen und Nöte der Bevölkerung ernst nehmen muss“. SPD-Politikerin “Elfie“ Handrick im Landtagswahlkampf in Brandenburg.) Und mit Zensur aka Meinungslenkung fängt es an. Habe “Mein Kampf” im Studium gelesen. Macht weder süchtig, noch zum Anhänger und liest sich teilweise ziemlich zäh. Die sozialistische Seite der NationalSOZIALISTEN kommt aber gut rüber. Soll es deswegen keiner lesen? Weil das Hitler/Rechts Schema Schwachsinn ist. Zur Hitlerzeit stand das Buch in allen Regalen. Auch da haben es nur wenige gelesen. Dafür brauchte man kein Verbot. Gilt auch für den Koran. Wer reinguckt, ist schlauer. Verbieten würde ich eher die Ausübung des Islam (privat OK, keine Moscheen, kein Missionieren und natürlich kein Kopftuch), wg. Koran und dem was drinsteht, schlicht und ergreifend verfassungsfeindlich (Also das was wir hier unter Verfassung verstehen). Oder ist die Trennung in Ungläubiger (Untermensch) und Gläubiger (Herrenmensch) OK, wenn man sich auf eine Religion beruft. Wenn das der Führer gewusst hätte, dann gäb es heute “Nazlam, Hitum….” und er könnte weiter machen. Juden haben mit dem Holocaust ja teilweise wenig Probleme. Frau Afra machte hier auf Achse einen Holocaust-Witz und wie ich in meinem Kommentar an der Stelle schon erwähnte, in Israel wurde im letzten Jahr die Miss Holocaust gekürt. Dazu war dann zu lesen, dass es heute noch ca. 280.000 Holocaust-Überlebenden gibt. Wer da “Hä?” sagt, steht schon mit einem Bein im Knast.

Holger Dorn / 13.08.2019

Der Zentralrat der Juden ist, wohl wegen der finanziellen Zuwendungen des Staates, zu einem Bückstück deutscher En-vogue-Politik Merkelscher / links-grüner Prägung verkommen. Aus mir unerfindlichen Gründen will man den politischen und religiösen Islam unbedingt als Persil-Schein für die eigene, ach so tolerante Haltung nutzen und hofiert ihn entsprechend. Es muß m.E. gesetzlich festgeschrieben werdem , daß bestimmte Straftaten einen groben Mißbrauch des Gastrechts darstellen und, nach Verbüssung einer (möglichst harten) Strafe automatisch zu sofortiger Ausweisung und - bei nicht bereits mit Geburt deutschen Staatsbürgern -  zum Entzug der deutschen Staastbürgerschaft führen.

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