Seit einigen Tagen genieße ich während der Arbeit eine Neuentdeckung: Den Livestream von WBGO Jazz, einem Public Radio-Sender aus Newark.
Der wird von hauptsächlich Amerikanischen Spendern und zu geringem Maße auch Steuerzahlern finanziert und bringt Jazz in allen Schattierungen, vorgestellt von hochkompetenten und -professionellen Enthusiasten, dankenswerterweise per Internet auch nach Deutschland. Werbung gibt es keine, lediglich Sendungssponsoren werden namentlich genannt.
Deutsches Radio höre ich freiwillig nie. Ein, zweimal im Jahr sitze ich mit anderen Leuten für längere Fahrten im Auto und versuche, den Deutschlandfunk durchzusetzen. Tatsächlich werde ich im Interesse der kulturellen und informationellen “Vielfalt” zwar gezwungen, ganze 54 (in Worten: vierundfünfzig) ARD-Wellen zu bezahlen, doch während kein einziger dieser Sender auf das gar nicht soo unbeliebte und gar nicht soo dumme und gar nicht soo kulturell wertlose Genre Jazz spezialisiert ist, spielen mindestens 30 “die größten Hits der 80er, 90er und von heute”, manche ergänzt um noch etwas älteren Kram. Damit konkurrieren Sie mit drei Fantastillionen Privatstationen. Auch um Werbung, mit der sie einem vor den Nachrichten den letzten Nerv rauben. Auf einer Autofahrt von Freiburg nach Flensburg erhält man so den Eindruck, dass die gesamte, total bovine Playlist aller Radiostationen auf dem Weg keinesfalls mehr als insgesamt 250 Titel umfasst. Vielfalt, gesponsert von der GEZ. Was ist eigentlich das deutsche Pendant zum Prairie Home Companion? Für hunderte Millionen jährlich muss es doch eine Show geben, die da mithalten kann? Weil ich ein Gewissen und mehrere Kreditkarten habe, schicke ich jetzt dem einzigen Sender, den ich wirklich freiwillig höre, eine Spende. Nach Newark.