Roger Letsch / 19.02.2022 / 15:00 / Foto: J.Lohmann / 37 / Seite ausdrucken

Was nie geschah in Kanada

Kanadas Premierminister Trudeau hat den Notstand verhängt und lässt nun die protestierenden Trucker mit Polizeigewalt räumen. Mehr als 100 Festnahmen wurden am Samstagnachmittag gemeldet. Dabei hätte er wie ein guter Premier reagieren können.

Ein Blick aus dem Fenster seines Amtssitzes zeigt ihm, wie viele gekommen sind. Sie rollen langsam und hupend die Straße vor dem Parlament entlang. Die Einwohner der Hauptstadt empfangen sie jubelnd, die Maple-Leaf-Fahnen sind in allen Größen zu sehen. In den Fahrerhäusern sitzen die eigentlich Unsichtbaren, die Dienstleister auf der untersten Stufe der Gesellschaft. Viele Migranten sind darunter, aus Rumänien, aus Haiti, besonders viele indische Sikh mit ihren hohen Turbanen sind unter den Fahrern zu finden.

Das da draußen in der Kälte sind nicht die aufschneiderischen Zungen der politischen Kannegießer, die klarsichtigen Augen der Medien oder die leicht-fahrlässige Hand der politischen Gestaltung, nein. Da rollen die Blutzellen des Landes, und die arbeiten für gewöhnlich im Verborgenen. Erst wenn sie nicht mehr arbeiten, bemerken die Augen und Zungen und flinken Hände, dass es ohne diese Blutzellen nicht geht. Der geerdete Politiker weiß das. Als umsichtiger Politiker sieht er auch die Gefahr, wenn der Ahornsirup stockt. Und weil er Realpolitiker ist, legt er beim Blick aus dem Fenster seine Krawatte ab, zieht seinen Mantel an, setzt seine Mütze auf; und da er sich auf seine diplomatischen Instinkte verlassen kann, geht er allein nach draußen. Als praktisch denkender Mensch hat er eine Thermoskanne mit heißem Tee dabei, als Medienprofi auch noch zwei Tassen.

Er geht zum ersten Truck, klopft an die Tür des Fahrerhauses, wünscht dem Fahrer einen guten Tag und fragt, wie die Fahrt war und ob es der Familie gutgeht. Als Politiker mit einem guten Gedächtnis erinnert er sich, dass er sich immer wieder und zuletzt vor zwei Jahren klar auf die Seite von streikenden Arbeitern gestellt hatte, weil Kanada natürlich immer auf der Seite friedlicher Proteste stehe. Der Politiker schenkt dem Fahrer Tee ein und reicht dem hinzugetretenen zweiten Fahrer die zweite Tasse, die eigentlich für ihn selbst bestimmt war. Da die Menschenmenge um ihn herum immer dichter wird, fragt er die Umstehenden, ob wohl jemand noch ein paar Tassen besorgen könne.

Man setzt sich auf Campingstühle und der Politiker spricht mit den Fahrern, die aufdringliche Presse bittend, nicht zu stören, man werde das später erklären. Nun wolle und müsse er mit den Truckern reden. Ganz gleich, wie die Gespräche ausgehen, dem schlauen Politiker nützt dieses Gespräch. Es ist seine Rückversicherung, sein Ausweg, sein Plan „B“, sein PR-Stunt, sein Gandhi-Moment, sein „Ich sehe euch“-Augenblick der ausgestreckten Hand.

Mehr als 20 Tage ist es nun her, dass all dies nicht geschah. Justin Trudeau ist ganz offensichtlich kein schlauer Politiker, ebenso wenig wie er geerdet, umsichtig, praktisch, diplomatisch, professionell oder ein Realpolitiker ist. Und ein gutes Gedächtnis hat er offenbar auch nicht.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog unbesorgt.de.

Foto: J.Lohmann

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Leserpost

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Ludwig Luhmann / 19.02.2022

Zumindest kennen viele Kanadier jetzt das Wort “Great Reset” und was er bedeutet, dämmert langsam aber sicher immer mehr Menschen. Der Widerstand gegen die International-Sozialisten der UNO/WHO/NATO/EU/WEF hat erst begonnen, während der Great Reset unter anderem Namen schon seit Jahrzehnten läuft: Agenda 21, Agenda 2030, Global Compact for Migration, Vertrag von Maastricht et ceterea.

Heinrich Friedrich Klemm / 19.02.2022

Den Anspruch an einen ” guten ” Politiker erfüllen sämtliche Absolventen des “Young-Leadership-Seminars” des WEF, auch der smarte Justin. Zumal die ihnen dort eingetrichterte Verion eine “guten Politikers ” andere Zielvorgaben aus dem links-grün-sozialistisch-kommunistisch-faschistoiden- LBQT(wie immer das auch heißt)-BLM-FFF-Spektrum enthält. Und diejenigen die es nicht verstanden haben, denen wurde die “Farm der Tiere” als Zeichentrickfilmversion, sozusagen leicht verständliche Sprache resp. Ansicht in diesem Fall präsentiert ,mit dem regelmäßig eingeblendeten Hinweisen an die zusehenden YGL sich ausschliesslich an der Rolle der Schweine zu orientieren.  Herr T. in CAN beweist seine herausragende Fähigkeit als Schwein zu agieren und dürfte bei einem der nächsten WEF somit eine Belobigung wegen hervorragender Leistungen, wenn nicht sogar eine Beförderung zum Oberschwein erfahren.

Harald Unger / 19.02.2022

Während des lesens dieser bukolischen Anekdote, schweifen die Gedanken ab: rumble In Ottawa, an Elderly Woman Called for Peace and Love Before Being Trampled by the Police - - - Sich mit der Frage zu beschäftigen, welche unterliegende, politische (nicht psychologische) Mechanik hier am Werke ist, vor unseren anekdotenseligen Kuhaugen die rasend schnelle Abwicklung der Bürgerlichen Epoche des Westens gleichgerichtet zu vollenden, kann bereits nicht mehr gestellt, gedacht oder gar diskutiert werden.

Arne Borg / 19.02.2022

Man wird doch den Mann jetzt nicht seine Gier vorwerfen können? Und noch dazu steht seine Nachfolgerin schon in den Startlöchern. Sie hat ungewöhnliche Wurzeln und die kann man in polnischen Archiven genau nachlesen. Allein ihr Name ist doch eine Huldigung - oder?

Walter Weimar / 19.02.2022

Die Linksgrüne Regierung Deutschlands wird unter der Hand die Schwäche Trudeaus sicher belächeln und ihre eigenen Strategiepapiere und Einsatzpläne anpassen.

H. Krautner / 19.02.2022

„Dabei hätte er wie ein guter Premier reagieren können.“.          Nein, das hätte er nicht können. Wie ein guter Premier reagieren kann doch nur ein guter Premier und nicht ein unfähiger wie Trudeau einer ist.          Unfähig echte Probleme zu lösen ist das Kennzeichen der aktuellen politischen Kaste, wir kennen das doch aus unserem eigenen Umfeld hier in der Bananenrepublik.

Karsten Dörre / 19.02.2022

Herr Letsch, gehen Sie mit Kaffeekanne und zwei Tassen zu den Bauarbeitern auf ihrer Strasse, die zwei Wochen lang die Strasse aufgerissen haben, sanieren, damit ihre Toreinfahrt blockieren haben und quasseln mit denen über dies und das? Der kanadische Premierminister ist nicht nur für paar Bürger sondern für alle gewählt. Dementsprechend obliegt seine Pflicht sich nicht in Gefahr zu begeben. Als Normalbürger kann ich irgendwen allein anquatschen ohne ein erhöhtes Risiko zu haben.

T. Weidner / 19.02.2022

Hat Trudeau überhaupt etwas zu sagen im Sinne von “zu entscheiden” - oder ist er nur eine Sprechpuppe?

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