Dirk Maxeiner / 22.12.2013 / 21:19 / 7 / Seite ausdrucken

Warum Chodorkowski, Herr Genscher?

Ich habe übers Wochenende viele Zeitungen gelesen und viele Sendungen angeschaut. Dabei ist mir folgendes aufgefallen: Niemand geht auf die doch ziemlich naheliegende Frage ein: Warum hat Hans Dietrich Genscher (87) sich angeblich seit Jahren für Michail Chodorkowski eingesetzt? 

Politische Gefangene, die unter schlimmen Bedingungen und ohne rechtsstaatliches Verfahren festgehalten werden gibt es in reicher Zahl überall auf der Welt. Also warum der so dezidierte Einsatz für Chodorkowski?

Ich bin nicht beim Spiegel oder beim Stern, bei der FAZ oder der Süddeutschen. Aber wenn ich es wäre, würde mich interessieren: Was ist das Motiv von Genscher, sich in diesem diesen Fall zu engagieren, in anderen nicht? Ich habe in deutschen Medien bislang kein einziges Wort dazu gefunden.

Gibt es irgendwelche Belege oder sonstige Nachweise für die kolportierten Kontakte und Treffen in dieser Sache zwischen Genscher und Putin? Oder müssen wir den auffallend abenteuerlich ausgeschmückten und vollkommen unkritisch kolportierten Erzählungen, Marke James Bond,  glauben?

Warum ich diese Fragen stellen würde:

Putin hat sich bereits im Falle von Edward Snowden einen anderen deutschen „Elder Statesman“ zu Nutze gemacht: Christian Stroebele (74). Das angebliche spontane Treffen des Grünen mit Snowden roch nach einer Inszenierung.

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Leserpost

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Christopher Reiss / 23.12.2013

Von Genscher (87) zu erwarten, sich für alle politisch Gefangenen dieser Welt einzusetzen, ist vielleicht doch etwas viel verlangt. Ich vermute mal, daß aus seiner Zeit als Aussenminister die Kontakte nach Russland - in welcher Form und warum auch immer - nie ganz abgebrochen sind, und er sich deshalb engagiert hat. Genschers Kontakte nach Südamerika oder Nordkorea waren und sind sicher nicht ganz so ausgeprägt. Und der ehemalige KGB-Chef und Hobbyreiter(sowie Gelegenheitspinup) Putin benötigt mit Sicherheit auch keine deutschen “elder statesman”, um sich zu inszenieren. Dies ist ein Gedanke, der möglicherweise doch von einer gewissen Naivität geprägt ist. Kurz vor Weihnachten sind viele investigative Journalisten vermutlich schon im Urlaub, aber möglicherweise liegt das mediale Desinteresse auch schlicht und ergreifend daran, daß das derzeitige politische Tauwetter in Russland ganz profan mit den nahenden Winterspielen zusammenhängt. Neben dem russischen Oligarchen wurden inzwischen auch Musikerinnen von “Pussy Riot” begnadigt, und der eine oder andere Greenpeace-”Pirat” kann vielleicht demnächst ebenso auf Zarengnade hoffen. Kurz vor sportlichen Großereignissen zeigen sich die veranstaltenden Länder gerne von ihrer “besten” Seite. Mit und ohne “Genschman”. Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr !!

Wolfgang Uhr / 23.12.2013

> Was ist das Motiv von Genscher, sich in diesem diesen Fall zu engagieren, in anderen nicht? Ich vermute mal, dass er von Chodorkowski eine gute Provision bekommt. Wer Geld hat war immer schon ein klein wenig wichtiger wie der, der keines hat.

Paul Ehrlauf / 23.12.2013

Eine andere Theorie besteht in Ablenkung von jemandem (und seinen Informationen), der aus politischen Verfolgungsgründen IN Russland ist und der, wenn er nicht dort wäre in irgendeinem CIA/NSA Folterkeller sitzen würde. Gentscher und Schmidt sind grosse Amerikafreunde, eine Entfremdung der dt. Öffentlichkeit gegenüber der US amerikanischen Geheimdienstkaste bei einer gleichzeitigen Annäherung an Putins durchaus rationale Erwägungen (Syrien!) wäre deshalb definitiv nicht in deren Interesse. Eine Erinnerung daran, wer die Guten sind und wer der Böse ist kommt da recht gerade ungelegen.

Holger Krahmer / 23.12.2013

Ich wünschte mir, Genscher würde mit liberalen Kritikern in der eigenen Partei halb so freundlich umgehen, wie mit dem liberalen Kritiker Chodorkowski.

Peter Bereit / 23.12.2013

Die Frage, warum sich jemand wie Genscher, so vehement für Chodorkowski einsetzt, ist durchaus berechtigt. Noch berechtigter ist die Frage, weshalb einer wie Chodorkowski, in Deutschland zum Polithelden hochstilisiert wird. Wer ist Chodorkowski? Betrachtet man ihn nur oberflächlich, dann ist er einer jener Oligarchen, der durchaus sympathisch uns smart herüberkommt und keiner dieser Mafia-Typen, wie beispielsweise Beresowski. Geht man in die Tiefe, dann unterscheidet sich Ch. jedoch nur wenig von ihnen. Während wir uns nicht scheuen, einen ehemaligen Bundespräsidenten wegen 753.- Euro vor Gericht zu zerren, tolerieren wir bei Ch. Steuerhinterziehung und eine ursprüngliche Akkumulation des Kapitals, deren Schnelligkeit und Skrupellosigkeit, selbst Karl Marx in Erstaunen versetzt hätte. Mit Sicherheit hat sich das russische Regime eines Mannes entledigt, der so frivol war, nicht nur Reichtum auf Basis zweifelhafter Geschäfte anzuhäufen, sondern auch noch die Hand nach der Macht auszustrecken. Nur deshalb zeigten sich die russischen Machthaber weniger tolerant, als sie dies gegenüber anderen Milliardären zu tun pflegen. Chodorkowski als Wirtschaftskrimineller, wäre in Deutschland ein simpler Verbrecher und vermutlich ohne jede Lobby. Jetzt, wo es darum geht, aus allen Scharten gegen den ungeliebten Putin zu schießen,  wird er zum Helden. Frau Timoschenko reiht sich hier übrigens nahtlos ein. Es würde mich interessieren, wie sich Russland entwickelt hätte, wäre es jemandem wie Ch. gelungen, eine führende Position in der Regierung einzunehmen. Hätte er sich für ein besseres Leben der Mehrheit der Russen eingesetzt, die noch meilenweit vom Lebensstandard des Westens entfernt sind oder für die russischen Rentner, die ihr jämmerliches Dasein mit wenigen Euro im Monat fristen müssen? Vielleicht. Aber das ist nur Spekulation. Es scheint eher wahrscheinlich, dass er vor allem etwas zur Verbesserung der Kapitalverwertungsbedingungen getan hätte, die insbesondere den reichen Russen am Herzen liegen. Chodorkowski ist für die Masse der Russen ein Niemand und ohne jede politische Bedeutung. Seinen Namen, in einem Zuge mit den wirklichen Dissidenden zu nennen, ist mehr als infam. Wir müssen Putin nicht lieben, aber wir müssen mit ihm auskommen, weil wir ohne Russland nicht auskommen können. Putin und Chodorkowski sind nicht Russland. Wir sollten uns auf die Masse der Menschen in Russland konzentrieren. Sie haben unsere Aufmerksamkeit verdient. Eine glückliche Zukunft Europas ohne Freundschaft zu Russland, wird es nicht geben. Wer solche Freunde hat wie wir, der sollte sich nicht auch noch Feinde suchen oder die alten Feindbilder pflegen.

Hans Gruner / 23.12.2013

Es gibt hunderte Länder in denen politische Gefangene sitzen. Aber: Intervention in den meisten davon ist aussichtslos; oder glaubt irgendjemand dass Saudi Arabien Gefangene freilässt, nur weil H. Genscher dort vorspricht? Da ist es mit Putins Russland anders. Ich kann nicht beurteilen ob Chodorkowsky sich strafbar gemacht hat oder nicht, und die Kirchenschändung und Hausfriedensbruch der Dame von Pussy Riot war sicherlich mit 2 Jahren Haft auch überzogen bestraft, gut dass beide jetzt frei sind. Aber bei uns wird heuchlerisch mit zweierlei Maß gemessen wenn es einerseits um Russland und andererseits um die brutalsten Terrorregime geht, in denen junge Paare verurteilt werden die händchenhaltenderweise auf der Straße gehen (Marocco), wo Auspeitschungen stattfinden für außerehelichen Sex, für Abfall von der Religion härteste Strafen verhängt werden, ...

Gerhard Sponsel Lemvig / 22.12.2013

Wer weiß was dem Altkanzler Helmut Schmidt so glückt.  Irgend ein Göttlicher auf ein Gläschen beim Allwissenden wird die Menschheit noch überraschen. Frohe Festtage und ein gesundes neues Jahr ! Gerhard Sponsel

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