Die Volljährigkeit macht aus einem Heranwachsenden einen Bürger mit allen Rechten und Pflichten. Der Gesetzgeber erklärt ihn für erwachsen und er darf nun all das tun, was Minderjährigen noch verwehrt ist. Der Konsum von Alkohol, Tabak oder Pornographie ist nun legal, unterschriebene Verträge gelten und wählen darf man auch. Im Straf- und im Sozialrecht gibt es für die ersten Jahre der Volljährigkeit noch ein paar Erleichterungen, aber im Normalfall sollte man nun völlig mündig und verantwortungsbewusst sein.
Ab wann man denn nun diese Volljährigkeit erreicht hat, darüber gibt es verschiedene Ansichten. Lange Zeit begann die Volljährigkeit am 21. Geburtstag. Eine Senkung wurde oft gefordert, insbesondere, weil junge Männer schon mit 18 Jahren zum Kriegs- oder Wehrdienst einberufen wurden. Dass ein Mann reif genug sein konnte, um im Krieg fürs Vaterland zu fallen, aber nicht reif genug sein sollte, die Regierung dieses Vaterlandes zu wählen, offenbarte ein gewisses Missverhältnis.
Gut, in den Diktaturen war das Wählen nie so wichtig, aber egal ob in der Demokratie oder in der Diktatur, in beiden deutschen Staaten wurde das Volljährigkeitsalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt. Nun durften Achtzehnjährige wählen, wenn es etwas zu wählen gab, Geschäfte abschließen, heiraten – was Erwachsene halt so tun können.
Doch inzwischen entstehen wieder Missverhältnisse. Seit geraumer Zeit wollen etliche Politiker das Wahlalter von 18 Jahren auf 16 Jahre absenken. Die Volljährigkeit aber soll beim 18. Lebensjahr verbleiben. Andersherum hatte der Gesetzgeber vor ungefähr zehn Jahren beschlossen, allen jungen Menschen unter 18 das Rauchen zu verbieten. Bis dahin durfte der Nachwuchs schon mit 16 legal zum Tabak greifen.
Wer gewinnt bei unreifen Entscheidungen?
Was die Wahlen angeht, so dürfen die 16-Jährigen in einigen Bundesländern kommunal und sogar auf Landesebene abstimmen. Jetzt soll das auch im Bund möglich werden. SPD und Grüne wollen das Wahlalter nach der nächsten Bundestagswahl von 18 auf 16 Jahre senken. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley begründet das Wahlrecht für die ganz Jungen: "Es gibt bereits heute ein Ungleichgewicht zwischen den berechtigten Interessen der Jungen gegenüber denen der Senioren. Es ist nur fair, den Jüngeren mehr politisches Gewicht zu geben." Die SPD will die Forderung in ihr Wahlprogramm aufnehmen, das im Juni beschlossen werden soll.
Die Grünen wollen die Jüngeren ohnehin mit abstimmen lassen: "Wir wollen die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, damit Jugendliche Politik aktiv mitgestalten", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. "Kinder und Jugendliche werden in einer überalternden Gesellschaft eine kleiner werdende Gruppe, deshalb ist es umso wichtiger, sie frühzeitig in politische Prozesse einzubinden", sagte sie der dpa. Dass sie in der Stimmabgabe wirklich eine aktive Mitgestaltung sieht, darf bezweifelt werden. Im Gegenteil, besonders ernst scheinen die Gewählten den Wahlgang nicht mehr zu nehmen. Sonst käme es ihnen doch auf die Entscheidungsfähigkeit der Wähler an. Ob man für eine – wenn man sie ernst nimmt – so schwerwiegende Entscheidung, wie die Wahl eines Volksvertreters, mit 16 reif genug ist, sei an dieser Stelle dahingestellt. Aber wer dieser Meinung ist, der muss dann auch konsequent sein und das Volljährigkeitsalter insgesamt senken. Wie kann es sein, dass man Menschen für zu unselbständig und unreif hält, selbst zu entscheiden, ob sie sich trotz aller bekannten Gefahren dem Tabakgenuss hingeben, während die gleichen unselbständigen und unreifen Menschen über die Zukunft und die Geschicke des Landes mitbestimmen sollen.
Warum wird man da den Verdacht nicht los, dass sich so manche Verantwortungsträger durchaus wünschen, es gäbe mehr Wähler, die nicht so sehr aufgrund ihrer eigenen Verantwortung und Lebenserfahrung, sondern mehr aus Gefühlen heraus entscheiden. Das Problem ist nur, dass man nicht absehen kann, wer diese Klaviatur irgendwann am besten spielen kann.
Eines immerhin hätte sich dann im Vergleich zur finsteren Vergangenheit umgekehrt: Mit 16 dürfte man schon wählen, während man sein Leben im militärischen Friedenseinsatz erst mit 18 lassen dürfte.
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