Rainer Grell / 22.08.2017 / 12:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 11 / Seite ausdrucken

Vorsicht mit Bekenntnissen!

“Credo in unum Deum, Patrem omnipotentem, factorem caeli et terrae, visibilium omnium et invisibilium.

Et in unum Dominum Jesum Christum, Filium Dei Unigenitum, et ex Patre natum ante omnia saecula. Deum de Deo, lumen de lumine, Deum verum de Deo vero. Genitum, non factum, consubstantialem Patri: per quem omnia facta sunt. Qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit de caelis. Et incarnatus est de Spiritu Sancto ex Maria Virgine: Et homo factus est. Crucifixus etiam pronobis: sub Pontio Pilato passus, et sepultus est. Et resurrexit tertia die, secundum Scripturas. Et ascendit in caelum: sedet ad dextram Patris. Et iterum venturus est cum gloria judicare vivos et mortuos: cujus regni non erit finis.

Et in Spiritum Sactum, Dominum et vivificantem: qui ex Patre Filioque procedit. Qui cum Patre et Filio simul adoratur et conglorificatur: qui locutus est per Prophetas.

Et unam sanctam catholicam et apostolicam Ecclesiam.

Confiteor unum baptisma in remissionem peccatorium. Et ex­specto resurrectionem mortuorum et vitam venturi saeculi.

Amen.”

Haben Sie das verstanden? Nein? Sind wohl kein Christ, wie? Doch? Aber jedenfalls nicht katholisch? Dacht ich mir doch! Ist aber auch egal. Geht mich ja an sich nichts an. - Also, das ist das römisch-katholische Glaubensbekenntnis, wie es noch in den fünfziger Jahren gebetet wurde, auf Lateinisch. Wie meinen Sie? Hauptsache GOTT versteht es. Sicher. Genau weiß man natürlich nicht, ob GOTT Latein versteht. Ist immerhin eine tote Sprache. Aber ER ist ja omnipotent. Das verstehen Sie, ha ha ha! Besonders potent, was? Na, Spaß beiseite! ER ist nicht nur allmächtig, sondern auch allwissend. Also, sollte ER auch Latein können. Aber warum gerade Latein? Jesus konnte als Schreinersohn, also als einfacher Mensch meine ich, sicher kein Latein, nicht einmal Hebräisch, das sprachen nur die Schriftgelehrten. Jesus sprach Aramäisch. Nur Pontius Pilatus konnte Latein. Der kommt zwar persönlich in dem Glaubensbekenntnis vor, aber ihm zu Ehren wurde natürlich nicht Latein gesprochen. Warum dann? Das liegt am Schamanen-Syndrom, auch als Medizinmann- oder Guru-Syndrom bekannt. Der Schamane wollte sich nicht in die Karten gucken lassen, und die Priester natürlich ebenso wenig wie die jüdischen Schriftgelehrten. Und Latein, die „Muttersprache der Kirche“, wie der kürzlich verstorbene Kardinal Meissner sich auf dem Weltjugendtag 2005 in Köln ausdrückte, sprachen eben nur studierte Leute, also seinesgleichen. Der kleine Mann kam sich dadurch noch kleiner vor. Und genau das sollte er auch! Von der Frau gar nicht zu reden.

Verführerisch einfach

Ebenso verhält es sich mit dem „Latein des Orients“, dem Arabischen. Der Koran, das unmittelbar geoffenbarte Wort Gottes (Allahs), darf von Gläubigen nur auf Arabisch gelesen werden. Aber immerhin war Mohammed, dem diese Offenbarung widerfuhr, Araber und sprach diese (?) Sprache (aber wurde sie auch geschrieben? Und wenn ja: in welcher Form?). Und das islamische Glaubensbekenntnis, die Shahada, ist auch nicht so kompliziert wie das christliche, sondern von verblüffender Einfachheit: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah und dass Mohammed sein Gesandter ist“ (Ashhadu an la ilaha illa Allah, wa anna Muhammadun rasul Allah). Aber Vorsicht, in der Kürze liegt nicht nur die Würze, die Sache hat auch einen Haken: Kaum hast Du diesen Satz vor zwei gläubigen Muslimen als Zeugen ausgesprochen, bist Du - schwuppdiwupp - selbst Muslim, ob Du willst oder nicht. Nix mit Taufe oder feierlicher Initiation und so. Scheiße, was? Na, macht nichts, denkst Du. Tret ich eben gleich wieder aus. Denkst Du, das heißt denkste. Einmal Muslim, immer Muslim. Auf den Abfall vom Islam, die Apostasie, wie das auch beim Abfall vom christlichen Glauben (und beim Austritt aus einer Klostergemeinschaft) heißt, steht die Todesstrafe. Wie ernst das gemeint ist? Nun, auf jeden Fall würde ich es nicht auf einen Versuch ankommen lassen. Also, Vorsicht mit Bekenntnissen!

Übrigens: Das islamische Glaubensbekenntnis ist nicht nur deshalb so einfach, weil man dadurch ruckzuck zum Muslim wird, wenngleich dass bei den Massen“bekeh­rungen“, vor allem in den Anfängen des segensreichen Wirkens des Propheten und seiner Kalifen, der Hauptgrund gewesen sein dürfte. Ein weiterer Aspekt liegt aber sicher darin, dass Allah wirklich der einzige Gott im Islam ist. Mohammed ist keineswegs Gottes Sohn - und mit einem solchen auch nicht vergleichbar - sondern sein Gesandter, sein Prophet, sein Verkünder (und zwar der letzte in einer langen Reihe, mit Vater Abraham angefangen, das „Siegel der Propheten“ sozusagen). Na ja, trotzdem kein Grund, gleich Muslim zu werden. Für mich kommt das ohnehin nicht in Betracht, denn der Islam ist eine Religion für Frühaufsteher, sehr früh Aufsteher: Das erste Gebet (fadschr - ﻓﺠﺭ) ist bereits im Morgengrauen fällig. Und dann einmal im Jahr die einmonatige Fastenzeit, der Ramadan (ﺮﻣﺿﺎﻥ): von morgens bis abends nichts essen und trinken und vor allem auch kein Sex und keine Zigarre (Pfeife oder Zigarette)! Jawohl!. Am Abend (und in der Nacht) geht’s dann umso wilder zu. Aber das ist auch nicht das Wahre!

Also, bleibe im Lande und nähre Dich redlich! Und mittlerweile wird das christliche Glaubensbekenntnis ja auch in der katholischen Kirche auf Deutsch gesprochen. Wie man überhaupt lange suchen muss, bist man ein versponnenes Häufchen gefunden hast, wo alles noch auf Latein abläuft (Lefebvre). Wenn das kein Fortschritt ist. 

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Juergen Jansen / 23.08.2017

@r.seebeg: In der Tat besuchen Kinder im Rahmen des Schulunterrichts Moscheen. Dabei werden sie auch in Moscheen radikal-islamischer Bewegungen gebracht, z. B. der Milli-Götus-Bewegung. Eltern, die sich informieren und versuchen, ihre Kinderdem zu entziehen, bestrafen die Bildungsbeamten mit hohen Bußgeldern, z. B. in Kiel. Dabei wird den Kindern tatsächlich in einigen Fällen wie in Garmisch-Partenkirchen ein islamisches Glaubensbekenntnis vor muslimischen Zeugen, also im islamischen Sinne bindend, abgenommen.

A. Wehrmann / 23.08.2017

@r.seebegg / 22.08.2017 “wurden da nicht schulkinder in eine moschee eingeladen und dazu gebracht genau dieses glaubensbekenntnis abzugeben ?” Ich erinnere mich, so etwas mal im WDR Fernsehen gesehen zu haben.

H. Störk / 22.08.2017

@Frank Holdergrün: ich habe mal versucht, meinem Sohn den Unterschied zwischen Christentum und Islam damit zu erklären, daß nach islamischen Verständnis Jesus schon deswegen nicht Gottes Sohn sein könne, weil Gott im Islam überhaupt keine Kinder habe. Seine Antwort? “So ein Blödsinn! ALLE Menschen sind Gottes Kinder!” Kurz und knapp, der Wesenskern des Christentum aus der Sicht eines Grundschülers.

mike loewe / 22.08.2017

Ging nicht mal durch die Presse, dass in irgendeinem Religions-Schulbuch das Glaubensbekenntnis steht, und eine Lehrerin die Schüler genötigt hat es vorzulesen, wodurch sie formell zu Moslems werden? Vielleicht kriegen wir ja den Islam endlich liberal reformiert, wenn alle Europäer mal kurz das islamische Glaubensbekenntnis zwitschern und so alle zu Muslimen werden, aber ihren Lebensstil weiterleben wie bisher. Dann braucht wahrscheinlich künftig jeder Bürger seinen eigenen Personenschutz, aber was tut man nicht alles, um die mitgebrachten Probleme unserer Neubürger zu lösen.

Eugen Karl / 22.08.2017

Latein ist nicht die Muttersprache der Kirche, sondern allein der Katholischen Kirche (die orthodoxe spricht Griechisch und die protestantische Grünisch) und natürlich im Gegensatz zur “Muttersprache” die Vatersprache des Abendlandes, so die alte Terminologie. Und Jesus ist natürlich kein Schreinersohn, sondern der Sohn Gottes, zumindest nach dem kurz zuvor vorgetragenen Glaubensbekenntnis. Natürlich kann der allmächtige Gott auch Schreinern, aber nur theoretisch; denn er braucht es nicht, da er den Menschen und damit auch den Schreiner erschaffen hat.

Wolfgang Kaufmann / 22.08.2017

Ich hoffe, beim verordneten Schulbesuch wurde der Text so gesprochen, wie er auf der saudischen Flagge steht. Ich habe mir sagen lassen, zum Bekenntnis werde er erst durch das vorangestellte „Ich bezeuge, dass…“ („… أشْهَدُ أنَّ“). Allein der Respekt vor anderen Religionen verbietet aber, deren sakrale Texte einfach so daherzuplappern. Auch und gerade nicht, wie in Ludwigsburg geschehen, auf Veranlassung einer gutmeinenden Referendarin. Zwang hin (wie Meuthen behauptet), Zwang her (wie das Schulamt behauptet) – Viertklässler können die Tragweite ihres Tun nicht im entferntesten einschätzen.

Frank Müller / 22.08.2017

Das Latein Sprache der Kirche wurde dürfte weniger am “Schamanensyndrom” liegen, sondern an dem Umstand, daß es die lingua franca der Zeit war. Daneben ist der arabische Begriff für das Morgengebet “صلاة الفجر” - ṣalāt al-faǧr.

S.Schleitzer / 22.08.2017

Interessant so etwas auf der Achse zu lesen. Immerhin gelten diejenigen, die (schon lange) darauf hinweisen, dass das zwangsweise Aufsagen des islamischen Glaubensbekenntnisses beim verordneten Schulbesuch in der Moschee einem Quasi-Beitritt zum Islam entspricht, in der Regel eher als ziemlich rechts angesiedelt.

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