Von Eva Ziessler
Der Witz, den George Will, Kolumnist der Washington Post, kürzlich bei einem Treffen der Republikaner in Washington machte, bringt mich auf eine Idee. Zuerst aber der Witz: Der größte Fehler Abraham Lincolns, so Will, war die Gründung des Landwirtschaftsministeriums Mitte des 19. Jahrhunderts. Immerhin aber arbeiteten damals noch fast 90 Prozent der amerikanischen Bevölkerung in der Landwirtschaft: Ein Beamter des Ministeriums war für jeweils 270.000 Bauern zuständig. Um 1900 arbeiteten nur noch vierzig Prozent der Amerikaner als Bauern. Heute sind es weniger als zwei Prozent. Neulich, so Will, sei ein Beamter des Landwirtschaftsministeriums, gelegen an der Independence Avenue in Washington D.C., im Flur seiner Arbeitsstätte auf einen weinenden Kollegen gestoßen. „Was fehlt dir denn?“ habe er den Mann mitfühlend gefragt. Aufschluchzend habe der Andere erwidert: „Mein Bauer ist gerade gestorben!“
Und nun meine Idee: Man könnte doch Frau Merkel und Herrn Schäuble empfehlen, das (Zahlen-)verhältnis Steuerfahnder/Steuerpflichtiger dem amerikanischen Zahlenverhältnis Landwirtschaftsministeriumsbeamter/Bauer anzupassen, sprich: Die Zielmarke 1:1 anzupeilen. Das würde nicht nur die Solidarität in unserer leider immer anonymer werdenden Gesellschaft stärken—auch der völlig vereinsamte Steuerpflichtige würde bei seinem Tod wenigstens noch von seinem Steuerfahnder betrauert—sondern auch den Bestand der Bundesrepublik sichern, da ja der Untergang der DDR bekanntermaßen vor allem darauf zurückzuführen ist, dass das Betreuungsverhältnis Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Bürger nicht im entferntesten an das amerikanische Ideal heranreichte: Nur 15 Prozent der Bevölkerung waren bei der Stasi beschäftigt; was zur Folge hatte, dass jeder Mitarbeiter sechs (!) Bürger betreuen musste.