Was diese ständige Referenzierung auf Willy Brandt oder Helmut Schmidt bewirken soll, erschließt sich mir nicht. Das politische Spektrum war damals sehr klar differenziert. Man brauchte nur auf F-J. Strauß zu zeigen, den Bösewicht, der andere Parteien damit verhöhnen konnte, seine Wähler verlangten kein Wahlprogramm, denn deren Wahlprogramm sei er. Mit einer quasilinken CDU samt quasilinken Amtskirchen und einer 10%-Linkspartei hätten auch die damaligen SPD-Granden große Selbstfindungsprobleme gehabt. Um überhaupt noch ein weiteres Mal mit nennenswerter Mehrheit an die Macht zu kommen, müsste die SPD abwarten, bis das gegenwärtige populistische Modell der CDU an den künftigen Realitäten in die Brüche geht. Das kann nicht mehr allzu lange dauern. Freilich darf die halblinke, halbherzige und halb entschlossene Partei SPD dann nicht mit an Bord sein. Es ist sowieso schwer, den Wählern heute zu vermitteln, was etwa die Bundeswehr in SPD-Verantwortung in Afghanistan soll und will. Ich nehme das als Beispiel, weil mir da immer in den Sinn kommt, man hätte hypothetisch den Eltern der inzwischen Gefallenen vor 1988 vorhersagen können, dass die Russen dort einmal von Bundeswehrsoldaten abgelöst werden und ihre damals noch kleinen Kinder wären auch mit dabei. Ich glaube, wenn der Herr Schulz mal daran denkt, wird er sich freuen, wenn er das Ergebnis von Herrn Steinbrück übertrifft. Der Steinbrück hatte nicht viel falsch gemacht, doch seine Partei hatte ihn zwei Tage nach der verlorenen Wahl als Aufschneider hingestellt. Manche sogar schon vorher. Es müsste den Herrn Schulz doch jetzt schon grausen.
Man sollte die Wahlen ohne Wähler stattfinden lassen…
Vielen Dank, sehr geehrter Herr Weißgerber! Nur einen Satz begreife ich nicht: Wofür genau wird Ihrer Meinung nach die SPD noch gebraucht?
Genau genommen kann es nur der blöde Wähler wieder mal versauen. Kein Wunder, dass man an höherer Stelle darum bemüht ist, diesem pannenträchtigen Fallstrick beizukommen. Wahlperiode 5 Jahre ist schon mal ein Anfang. Kann man dann 6, dann 8 Jahre draus machen - nach oben offen. Zählpannen gegen nicht mitmachwillige Parteien ist ein weitere Baustein (niemand hat sich bei den Piraten verzählt!). 16-jährige wählen zu lassen ist auch eine ausbaufähige Option, dann 14, 12 - und zum Schluß stimmen einfach die Eltern für jedes Kind mit, macht für den geneigten Goldschatz mit 4 Frauen und je 5 Kindern so locker das 20-fache Stimmengewicht im Vergleich zu mir. Ja, da geht noch einiges. Und wir werden es auch bekommen, solange lupenreinen Spezialdemokraten wie Oppermann nicht die Kraft ausgeht.
Bevor man Programme schreibt, sollte man sich erst einmal mit den Realitäten im Lande befassen und hier insbesondere mit den ernsten Problemen, da es ansonsten auf die üblichen “Sandkastenspiele” hinausläuft, die mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften. Die SPD hat sich so weit von ihren Wurzeln entfernt, dass die Funktionäre, die in der Zwischenzeit die Arbeiter ersetzt haben, meinen, dass sie schweben oder über Wasser gehen können. Dass man seit Jahren mit der zig Mal umbenannten SED flirtet, die in 40 Jahren die DDR zugrunde gerichtet hat, in Ost und West schlimme Verbrechen, auch “rechte” übrigens beging und in der Wendezeit dreist eine Politik der verbrannten Erde betrieb sowie ein Milliardenvermögen verschob, ist ein Skandal erstens Ranges und treibt die Wähler in die Arme der gewiss nicht überzeugenden Union. Brandt und Schmidt haben auch Fehler begangen und durch ihre Persönlichkeit vieles verdeckt, was sich in der Partei abspielte, aber dieses heutige “Infantile” gab es nicht.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.